Der Weg zurück in die Weltspitze endete für den Hamburger mit einer K.o.-Niederlage gegen den Bulgaren Pulev. Dimitrenko verfiel in alte Muster.

Erfurt. Der Abend, der für Alexander Dimitrenko die Rückkehr in die Weltspitze des Schwergewichtsboxens markieren sollte, endete für den 29 Jahre alten Hamburger im Krankenhaus. Die Cutverletzungen über beiden Augen, die er bei seiner K.-o.-Niederlage in Runde elf gegen den Bulgaren Kubrat Pulev erlitten hatte, forderten intensive Versorgung, und so konnte Dimitrenko dem neuen Europameister auf der Pressekonferenz nicht die Hand schütteln. Was es zu sagen gab, das hatte er jedoch bereits im Ring gesagt. „Mir ist das Blut ins Auge geströmt, deshalb konnte ich die Hände meines Gegners nicht sehen und habe harte Treffer kassiert. Kubrats Sieg geht in Ordnung, ich wünsche ihm alles Gute“, rief er ins Mikrofon, bevor er sich zu einer Ehrenrunde anschickte und sich mit erhobenen Fäusten von den rund 6000 Zuschauern feiern ließ.

Wofür, das bleibt Dimitrenkos Geheimnis, denn an der zweiten Niederlage seiner Karriere trug der in der Ukraine geborene Hüne selbst die meiste Schuld. Warum ein zwei Meter großer und 116 Kilogramm schwerer Mann sechsmal fast ohne Berührung derart zu Boden gehen muss, dass er in jedem englischen Fußballstadion lautstark ausgebuht werden würde, ist unersichtlich. Dass Dimitrenko es immer noch nicht verstanden hat, sein ständiges Lamentieren mit dem Ringrichter und Abdrehen in kritischen Situationen einzustellen, ist unerfreulich. Doch nahezu unbegreiflich ist, dass er sich klein machte und so dem sechs Zentimeter kleineren Pulev seinen Kopf als Trefferfläche präsentierte, anstatt stabil zu stehen und den Bulgaren an seiner Führhand verhungern zu lassen, so wie es die Klitschko-Brüder tun.

Immer, wenn er dies tat, war Dimitrenko überlegen, dann gelangen ihm schöne Trefferserien. Doch allzu oft verfiel er in alte Fehler, und als in der elften Runde eine Gerade Pulevs sein Kinn touchierte, nutzte er die Gelegenheit und ließ sich von Ringrichter Guido Cavallieri aus Italien auszählen. „Das war sicher kein K.-o.-Schlag. Dimitrenko war müde und hat sich vor einem schweren Knock-out geschützt“, sagte Pulevs Promoter Wilfried Sauerland.

Vor dem Kampf hatte der Berliner Stall für den Fall eines Sieges Interesse an einer Verpflichtung Dimitrenkos angemeldet. Dieser hatte seinen im September auslaufenden Vertrag beim Universum-Stall Anfang des Jahres fristlos gekündigt. Nun wird ihm wohl nur der Schritt in die Selbstständigkeit bleiben. Schon vor dem Pulev-Kampf hatte er in Eigenregie mit dem Briten Scott Welch einen neuen Coach verpflichtet und sich mit diesem und seinem Team in Aschaffenburg vorbereitet. Welche Optionen dem für seine hohen Börsenforderungen berüchtigten Juristen jetzt bleiben, muss abgewartet werden. Einen WM-Kampf mit einem der Klitschko-Brüder sollte er aus Rücksicht auf seine Gesundheit schnell vergessen.

+++ Dimitrenko feiert Sonnabend-Comeback in Erfurt +++

Im Hauptkampf des Abends verteidigte Marco Huck seinen WBO-WM-Titel im Cruisergewicht durch ein Unentschieden (115:113, 114:114, 114:114) gegen den von Fritz Sdunek in Hamburg vorbereiteten Briten Ola Afolabi. In einem technisch durchschnittlichen, aber kämpferisch hochklassigen Rematch – Kampf eins hatte Huck im Dezember 2009 nach Punkten gewonnen – lieferten sich beide ein derart offenes Gefecht, dass ein drittes Duell in Planung gehen soll. Nach einer langen Pause soll Huck zunächst im Oktober eine freiwillige Titelverteidigung absolvieren.

Im Supermittelgewicht verteidigte WBO-Champion Robert Stieglitz vom Magdeburger SES-Team seinen Titel nach Punkten gegen den Australier Nader Hamdan. Am 25. August muss Stieglitz nun zur Pflichtverteidigung gegen Sauerland-Star Arthur Abraham antreten. Neben Berlin und Magdeburg ist auch der Hamburger Rothenbaum als Austragungsort im Gespräch. (bj)