Waldemar Kluch, 53, Geschäftsführer des Hamburger Profiboxstalls Universum, spricht über Fehler und Ziele für die nächsten Monate.

Hamburg. Waldemar Kluch, 53, Geschäftsführer des Hamburger Profiboxstalls Universum, spricht im Abendblatt über seine Fehler bei der Amtsübernahme, die Probleme des Unternehmens und seine Ziele für die kommenden sechs Monate.

Hamburger Abendblatt: Herr Kluch, Ende Juni hatten Sie angekündigt, milliardenschwere Investoren vorstellen und sich einen TV-Partner aussuchen zu können. Warum ist daraus bislang nichts geworden?

Waldemar Kluch: Weil ich die Situation bei Universum falsch eingeschätzt habe. Ich werfe mir vor, dass ich mich nicht intensiver mit der Lage des Unternehmens beschäftigt habe, bevor ich solche Ankündigungen gemacht habe. Ich hätte nicht so vorschnell reagieren dürfen. Aber ich hatte mir nicht vorstellen können, dass die Sportler selbst überhaupt kein Vertrauen mehr in ihren Stall hatten. Ich musste sehr viel improvisieren.

Was war denn das Problem?

Kluch: Früher wurden die Entscheidungen im stillen Kämmerlein ausgebrütet, und dann wurden die Boxer vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Nähe zu den Sportlern hat völlig gefehlt, und deshalb kann ich jeden verstehen, der unzufrieden war. Vor ein paar Wochen habe ich alle gemeinsam zu einem Strategiegespräch gebeten. Da haben wir zwei Stunden alles auf den Tisch gebracht. So etwas waren die gar nicht gewohnt, und darüber war ich geschockt. Man muss alle mitnehmen, wenn man gemeinsam etwas erreichen will.

Es gibt viele Stimmen, die glauben, dass Sie vom früheren Universum-Chef Klaus-Peter Kohl nur als Strohmann eingesetzt wurden, damit Sie Universum in die Insolvenz führen und Kohls Image als brillanter Geschäftsmann nicht angekratzt wird.

Kluch: Ich weiß, dass die Konkurrenz gezielt Unwahrheiten verbreitet, um Universum zu diskreditieren. Ich kann versichern, dass nichts davon wahr ist. Ich habe nicht vor, Universum abzuwickeln, ich will es zu alter Stärke führen. Wenn Herr Kohl Universum hätte auflösen wollen, dann hätte er die vielen Angebote für seine Boxer einzeln annehmen und viel Geld verdienen können. Aber er hat jemanden gesucht, der sein Lebenswerk in seinem Sinn weiterführt. Ich werde beweisen, dass ich das kann. Fakt ist: Wir waren zu keinem Zeitpunkt zahlungsunfähig und haben genug Geld, um alles zu tun, was wir vorhaben.

Warum haben dann Boxer und Mitarbeiter einen Monat lang auf ihr Gehalt warten müssen?

Kluch: Weil die Übergabe der Geschäfte einfach komplizierter war als gedacht. Wir hatten vier Wochen lang keinen Telefonanschluss. Rechnungen, die an die alte Universum-Adresse geschickt wurden, lagen wochenlang unbearbeitet herum. Ich hatte keinen Zugriff auf die Bankkonten. Das alles habe ich den Sportlern und Mitarbeitern aber erklärt. Es gibt keinen Grund zur Sorge, wir haben alles im Griff. Und ich bin andererseits auch froh, dass die Übergabe so schleppend lief, denn so konnte ich sehen, wer wirklich zu Universum steht.

Es heißt, Sie hatten wegen der schlechten Übergabe heftigen Streit mit Kohl. Haben Sie sich über die tatsächliche Situation bei Universum getäuscht gefühlt?

Kluch: Wir hatten einige Meinungsverschiedenheiten. Aber das ist mittlerweile geklärt. Ich will neue Strukturen aufbauen, und dazu gehört, dass alte Strukturen aufgebrochen werden müssen. Ich will vor allem die Vermarktung der Sportler verbessern, die total vernachlässigt worden ist. Wir werden einen Online-Shop einrichten und auch die Internet- und Facebook-Auftritte verbessern.

Die wichtigste Änderung gab es doch in der Geschäftsleitung. Wie man hört, sind Kohl und sein Schwiegersohn Dietmar Poszwa nur noch als Berater an Universum gebunden. Stimmt das?

Kluch: Ja, ich bin alleiniger Geschäftsführer und habe die Entscheidungsgewalt, und die Anteile an Universum gehören zu 100 Prozent meinen Partnern und mir. Wir haben das System aus den USA übernommen und die in Deutschland leider unübliche Trennung von Promoter und Manager eingeführt. Universum ist Promoter der Boxer, Kohl und Poszwa sind die Manager. Das ist ein klares System, das Konflikte einzudämmen hilft. Ich bin sehr dankbar dafür, dass Kohl und Poszwa die Politik mit den Weltverbänden regeln, denn damit kenne ich mich noch nicht gut aus. Aber klar ist auch, dass ich von jetzt an die Verhandlungen mit den Sportlern selbst führe, um Unklarheiten der Vergangenheit zu beseitigen.

Da gibt es einiges zu tun. Können Sie beispielsweise die verbliebenen deutschen Zugpferde Sebastian Zbik und Jürgen Brähmer davon überzeugen, weiter für Universum zu kämpfen?

Kluch: Beide sind sehr wichtige Boxer für uns, mit denen ich intensive Gespräche führen werde. Sie sollen weiter unsere Aushängeschilder sein. Für Zbik liegen uns mehrere tolle Angebote vor, unter anderem von WBO-Weltmeister Dimitri Pirog. Für den 20.Dezember ist zudem ein Purse Bid für einen EM-Kampf gegen den Polen Proksa geplant. Ich muss mit ihm besprechen, ob wir erst die EM boxen oder gleich die WM. Bei Jürgen liegt der Fall anders, er hatte ein väterliches Verhältnis zu Kohl und sieht sich durch dessen Ausstieg getäuscht. Diesen Streit muss er aber mit Kohl ausfechten, da sehe ich mich nicht zuständig. Ich glaube, dass er weiter für uns boxen will. Aber ich bin für klare Ansagen. Wer nicht möchte, oder wer ein anderes Angebot hat, der kann zu mir kommen und mit mir reden. Wir finden für alles eine Lösung.

Sie wollten eigentlich nicht mehr vor Gericht kämpfen, sondern nur noch im Ring. Der Vertragsstreit mit Superweltergewichtler Jack Culcay eskaliert jedoch gerade.

Kluch: Ich habe schmerzlich erfahren müssen, dass es manchmal nicht anders geht, als Konflikte juristisch zu lösen. Und ich kann jetzt Herrn Kohl besser verstehen, dass er nach 30 Jahren im Geschäft keine Lust mehr hat, sich mit einigen Boxern und deren windigen Beratern auseinanderzusetzen.

Das heißt, mit Culcay gibt es keine Chance auf eine außergerichtliche Einigung?

Kluch: Ich würde ihn grundsätzlich gern behalten und bin der Überzeugung, dass seine Kündigung nicht rechtens war. Wir werden das juristisch klären lassen. Was mich an dem Fall besonders ärgert, ist das Vorgehen unseres Konkurrenten Sauerland, der Jack jetzt bereits zweimal auf seinen Veranstaltungen hat boxen lassen, obwohl wir einen gültigen Vertrag mit ihm haben. Das ist für mich höchst unseriös, es verstößt gegen den Ehrenkodex, und das werde ich mir nicht bieten lassen. Man kann vieles mit mir machen, aber irgendwann schlage ich zurück. Herr Kohl sagt immer, ich hätte zu viel Vertrauen zu den Menschen und müsste dazwischenhauen. Das ist eigentlich nicht mein Stil. Aber jetzt geht es nicht anders. Jetzt hole ich die Keule raus.

Was werden Sie tun?

Kluch: Was meinen Sie, wie viele Boxer, die bei Sauerland unter Vertrag stehen, schon bei uns angefragt haben? Ich hatte alle Anfragen immer sofort abgeblockt, aber jetzt werde ich mich mit denen unterhalten. Und dann wollen wir mal sehen, was in sechs Monaten ist. Wir werden sowohl bei Culcay als auch bei Sauerland ein Exempel statuieren. Ich finde die Art, vordergründig freundlich zu tun und hinter dem Rücken dem anderen den Dolchstoß zu versetzen, widerlich. Ich habe nie verstanden, warum Universum und Sauerland verfeindet waren. Aber jetzt weiß ich es und verstehe, warum Herr Kohl keinen Bock mehr auf den Stress hatte.

Mit welchen Boxern werden Sie die neue Struktur denn mit Leben erfüllen? Wer ist denn so interessant, dass ein deutscher Sender dafür Geld bezahlt?

Kluch: Ich setze auf eine Einigung mit Zbik und Brähmer. Dann glaube ich fest daran, dass unsere Schwergewichtler Alexander Dimitrenko, Ruslan Chagaev und Denis Boytsov 2012 um die Schwergewichts-WM boxen werden. Mit Karoly Balzsay haben wir einen Weltmeister im Supermittelgewicht, dazu mit Dimitri Sartison und Vitali Tajbert zwei Deutsche, die schon Weltmeister waren. Mit Rachim Tschachkiew haben wir einen Cruisergewichtler, der das Potenzial zum Weltmeister hat. Er würde Sauerlands Marco Huck in der Telefonzelle boxen. Und auf Ina Menzer setze ich große Stücke, sie ist sportlich top und ist eine der wenigen, die eine Beraterin hat, die im Interesse des Sports arbeitet. Wie interessant wir noch sind, sehe ich doch daran, wie viele Angebote unsere Boxer von der Konkurrenz bekommen.

Das, glauben Sie, soll reichen, um sechs bis acht Kampfabende zu veranstalten, für die beispielsweise der Bezahlsender Sky, mit dem Sie verhandeln, bezahlt?

Kluch: Wir sind mit mehreren deutschen Sendern in guten Gesprächen, und ich bin überzeugt, dass wir 2012 einen neuen Partner haben werden. Aber da ist in der Vergangenheit viel Porzellan zerschlagen worden, Universum hat derzeit keinen guten Namen, es wurde viel Mist gemacht, aber durch die Absage von vielen Veranstaltungen hatten sie auch Pech. Wir müssen uns erst einmal wieder als seriöser Partner beweisen. Daran arbeite ich, aber das geht nicht in wenigen Monaten. Ich denke aber auch nicht nur regional. Mit dem staatlichen Sender „Rossija 2“ haben wir in Russland bereits einen Zweijahresvertrag geschlossen. Weitere Dinge sind in Planung. Außerdem werden wir neue Leute verpflichten. Mit vier Boxern, die nach Olympia 2012 Profi werden wollen, haben wir einen Vorvertrag geschlossen. Ich will auch mit kleineren Promotern wie dem Hamburger EC-Stall kooperieren und die Kräfte bündeln. Grundsätzlich gilt: Jeder, der unseren Weg mitgehen will, ist willkommen.

Und wie werden Sie das bezahlen? Bislang ist von den milliardenschweren Investoren nicht viel zu sehen gewesen.

Kluch: Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe Partner, die über sehr viel Geld verfügen. Aber die können auch rechnen und wollen für ihre Leistung eine Gegenleistung. Deshalb ist es absolut wichtig, dass wir in den kommenden Monaten mit guten, ehrlichen und erfolgreichen Kämpfen neues Vertrauen schaffen. Ich habe den Sponsoren gesagt, dass ich erst einmal aufräumen und die Strukturen verändern muss, bevor es sichtbare Erfolge geben kann. Und die haben geantwortet: Wenn du so weit bist, dann sind wir da. Deshalb müssen wir jetzt liefern, und allen muss bewusst sein, dass wir keinen behutsamen Aufbau mehr machen können. Jetzt müssen alle durchs Feuer gehen. Ich bin überzeugt, dass die, die noch da sind, das auch alle wollen. Wer das nicht will, der darf gehen. Aber eins ist klar: Wenn ich die Tür einmal zumache, dann mache ich sie auch nie wieder auf. Ich stehe zu meinen Leuten, auch wenn sie verlieren. Aber wer illoyal ist, der hat keine Chance mehr.

Gibt es schon feste Termine für die kommenden Monate?

Kluch: Wir werden am 21.Januar veranstalten und hoffen, dass wir das in Hamburg tun können. Allerdings nicht in unserem Gym, da ich nach den Erfahrungen aus dem September erst alle nötigen Genehmigungen einholen werde, bevor es wieder Stress gibt. Im März wollen wir dann in Lohbrügge unser vollständig fertiges Sportzentrum einweihen, und ich hoffe, dass wir dort dann auch den neuen TV-Partner und die Investoren vorstellen können.

Sie sagen, Sie hoffen es. Ist das der Lerneffekt, dass Sie nichts mehr versprechen?

Kluch: Nein, ich sage das so, weil ich in den vergangenen Jahren rund 50 Firmenübernahmen abgewickelt habe und dementsprechend weiß, dass manches etwas länger dauert. Aber ich verspreche nie etwas, das ich nicht halten kann. Mein Versprechen, dass ich Universum zu alter Stärke zurückführen will, gilt weiterhin. Und ich bin sicher, dass ich das schaffen kann und auch werde.