Hagnau. Bodenseeorte wie Hagnau und Überlingen bieten viel Erholung. Sie sind umgeben von einer lieblichen Landschaft mit Wein- und Obstgärten.

Schräg steht die Nachmittagssonne am Himmel und überzieht die Landschaft hoch über Hagnau mit goldenem Schimmer. Indes verteilt das Laub von Linden und Kastanien seinen Schatten groß­zügig über den Bänken der Wilhelms­höhe, wo Wanderer gern für eine Weile verschnaufen, denn der Weg vom Ufer des Bodensees hinauf durch die Reben hatte es in sich.

Doch das Weitergehen dürfte ihnen schwerfallen, zu schön ist der Ausblick über die sanften Hänge zurück ins Tal: Zu Füßen der Wanderer breitet sich ein Ausschnitt des 166 Hektar großen Weingartens aus, der das idyllische Winzer- und Fischerdorf umgibt und in dem die Trauben auf eiszeitlich geschaffenen Moräneschotterböden zu Spitzenweinen heranwachsen. Verhätschelt von warmen Föhnwinden und einem fast mediterranen Seeklima, stehen die knorrigen Stöcke in engen Gassen und ziehen schnurgerade Linien ins Grün.

Ein kleiner Hof inmitten von Reben

Unten drängen sich auf engem Raum die Dächer Hagnaus, hinter denen das „Schwäbische Meer“ seinen eis­blauen Spiegel über sechs Kilometer bis zum gegenüberliegenden Ufer ausdehnt. Dorthin, wo der Schweizer ­Nachbar wohnt und sich die Alpen als massives, schroffes Auf und Ab von Felsen vor den Horizont stellen.

Vom Aussichtspunkt der Wilhelmshöhe ist es nur ein kurzes Wegstück bis zum Aussiedlerhof der Gutemanns. Inmitten von Reben verwöhnt die Hausherrin in ihrem kleinen Hof Urlaubsgäste, während ihr Mann sich um den landwirtschaftlichen Betrieb kümmert.

Für Obstbrände wird Wasser aus dem Bodensee geschöpft

Das Gasthaus Loewen in Hagnau.
Das Gasthaus Loewen in Hagnau. © picture alliance / Global Travel | Global Travel Images

Walter Gutemann ist Winzer, Obst­bauer sowie – wie fast jeder Landwirt im Ort – Destillateur. Und seine Produkte? Die muss man einfach probiert haben. Mehrmals im Jahr heizt der Hagnauer die kupfernen Kessel seiner Brennerei an und komponiert mit großer Leidenschaft aus Apfel, Kirsche & Co. vom eigenen Hof hochwertige Brände, die natürlich auch verkostet werden dürfen.

Besonders stolz ist Gutemann auf seinen Gin, bis zu dessen Perfektion er ein halbes Jahr experimentieren musste. „Wacholder ist das Hauptgewürz“, sagt der Edelbrandsommelier, „ansonsten haben es 17 weitere Bota­nicals wie Zimt, Lavendelblüten, Ingwer in die Rezeptur geschafft.“ Nicht zu ­vergessen das handgeschöpfte Bodenseewasser.

Hagnau lockt mit engen Gassen, stillen Straßen und Fachwerkhäusern

Wer sich dann aber doch mehr für Hagnaus Weine als für Hochprozentiges interessiert, sollte beim Winzerverein in der Strandbadstraße vorbeischauen. In der aromatisch duftenden Kühle der Keller von Badens erster Winzergenossenschaft reift in unzähligen Fässern aus Holz und Edelstahltanks die Ernte von 52 Winzerfamilien – vor allem Müller-Thurgau, Spät- und Grauburgunder. Und im Winzerhaus gegenüber kann das Ergebnis nach einer Kostprobe gekauft werden.

Dass sich das kleine Hagnau nicht nur als eine der ersten Adressen für Weinkenner empfiehlt, zeigt ein Spaziergang im Unter- und Mitteldorf – durch enge Gassen und stille Straßen, an deren Rändern gepflegte Gärten an grüne Vierecke mit Rebstöcken grenzen, vorbei an Fachwerk und Lokalen, auf deren Speisekarten auch Felchen und Kretzer stehen, die die Fischer frühmorgens mit dem Netz aus dem See ziehen.

Der Linzgau lädt zum Radeln und Wandern ein

Ein Blick in die Kirche lohnt sich, in der Heinrich Hansjakob, Gründer des Winzervereins, im 19. Jahrhundert Pfarrer war. Ebenso ein Abstecher zum Rathaus, einem der sechs früheren Hagnauer Amtshäuser, in denen verschie­dene Klöster der Gegend von den Bauern und Fischern den Zehnten eintrieben, um ihre Keller mit den regionalen Köstlichkeiten zu füllen. Am Anleger im Westhafen lösen die Schiffe der Weißen Flotte ihre Leinen und bringen die Touristen mit Um­steigen in Meersburg auch nach Überlingen, einem weiteren Kleinod am Nordufer des Sees.

Am Landungsplatz begrüßt der Brunnen des Bildhauers Peter Lenk die Neuankömmlinge, die beim Blick ins von dicken Augenbrauen umwölkte Gesicht des legendären „Bodenseereiters“ das Konterfei des Überlinger Schriftstellers Martin Walser erkennen. Was diesen wohl wenig amüsierte, wie man hört. Hinter Landungsplatz und See­promenade verteilt die ehemals Freie Reichsstadt zwischen den jahrhundertealten Türmen der Stadtbe­festigung die Straßen und Sträßlein ihrer Altstadt – geschmückt mit Patrizierhäusern und gekrönt von mittelalterlichen Architekturperlen wie Münster und Rathaus.

Marmeladen, Saft und Schnäpse aus eigener Produktion

Ein Gang durch den Badgarten, der sich wie ein blühender Teppich vor der eleganten Fassade des Bad-Hotels entrollt, und den stilleren Stadtgarten mag bei manchem die Lust auf Natur wecken. Wovon es im Überlinger Hinterland übrigens mehr als genug gibt. Dort lädt der landwirtschaftlich geprägte Linzgau zum Radeln und Wandern.

Einer der vielen Wanderwege führt im Dorf Lippertsreute mitten über den Hof und durch die Obstplantagen von Joachim Knoll. Hinter Haus und Hofladen, in dem man Marmeladen, Saft und Schnäpse aus eigener Produktion kaufen kann, wachsen an Pfählen und Drahtgerüsten zahllose Spindel­bäume, deren oben schlanke, unten breiter werdende Form für eine gute Qualität der Früchte sorgen soll.

Später Frost hat dieses Jahr die Obstbauern überrascht

Allerdings nicht in diesem Jahr. Da ist bei Knolls die Ausbeute an Äpfeln, Kirschen, Birnen, Zwetschgen, Mirabellen äußerst mager ausgefallen. Denn der späte Frost im April hat wie in ganz Europa auch die Obstbauern am Bo­densee eiskalt erwischt. Knoll hofft noch auf mehr Ertrag bei den späten Sorten. Doch was für die Landwirte ein Drama ist, tut der Schönheit der Linzgauer Landschaft keinen Abbruch. Und die hat man in Lippertsreute am besten vom Bolzenbohl im Blick.

Alles ist still – beinahe jedenfalls. Leises Motorgrummeln eines Traktors. Vogelgezwitscher, Kirchturmglocken. Und nur eines, was uns wieder zurück ins Dorf locken könnte: die Aussicht auf eine Einkehr im Landgasthof Keller, wo Lammhäxle oder Maultaschen den Weg auf den Teller finden.

Tipps & Informationen

Anreise Mit dem Auto über die A 7, B 30 und B 33 bis nach Hagnau.

Unterkunft z. B. in Hagnau Hotel Freisicht , DZ/F ab 110 Euro, Tel. 07532/ 63 51,

www.freisicht-gutemann.de; Bad-Hotel Überlingen direkt an Park und See, DZ/F ab 122 Euro, Tel. 07551/ 83 70,

www.bad-hotel-ueberlingen.de

Auskunft www.hagnau.de, www.ueberlingen-bodensee.de

(Die Reise erfolgte mit Unterstützung durch die Tourist-Information Hagnau sowie Kur und Touristik Überlingen.)