Maó. Der Camí de Cavalls, früher ein Pferdeweg, verläuft überwiegend direkt am Meer. Wanderer können immer wieder Bade-Stopps einlegen.

Die Wanderer sind schon einige Kilometer durch duftende Pinienwälder und mannshohe Macchien gelaufen, als hinter einer Wegbiegung unvermittelt die Cala Macarella vor ihnen auftaucht. Die sichelförmige Bucht ist von Kalkfelsen eingerahmt, der Strand fast weiß, das Wasser glasklar und leuchtend türkisblau – wie in der Karibik. Outdoor- ­Guide Mathieu Nieuwland tritt von der Felsnase zurück, auf die er die kleine Gruppe geführt hat, und beobachtet lächelnd, wie die Wanderer fast hektisch ihre Rucksäcke von den Schultern nehmen und nach ihren Kameras und Handys kramen.

Seit Jahren beobachtet der Belgier dieses Ritual, wenn er von dem Badeort Cala Gadana aus mit Besuchern eine Etappe des Inselrundwegs GR 223 erkundet. „Die Cala Macarella ist eine der schönsten Buchten auf Menorca. Das Panorama von hier oben ist großartig. Ich habe es noch nie erlebt, dass einer diesen Anblick nicht für die Ewigkeit festhalten wollte“, sagt Mathieu, der seit 2014 mit seiner spanischen Frau und drei Kindern auf Menorca wohnt.

Über 80 Sandbuchten gibt es auf der Baleareninsel – mehr als auf der ­größeren und weitaus touristischeren Schwesterinsel Mallorca. Die meisten Strände sind hier unverbaut und außergewöhnlich schön. Einige Buchten können nur mit einem Boot vom Meer aus erreicht werden, oder zu Fuß – über den GR 223. Er folgt im Wesentlichen einem Pfad, der bereits im Mittelalter angelegt wurde: dem „Camí de Cavalls“, zu Deutsch Weg der Pferde.

Vor wenigen Jahren entstand hier ein Weitwanderweg

Einst waren auf ihm denn auch vor allem berittene Patrouillen unterwegs, die nach Piraten oder anderen potenziellen Angreifern Ausschau hielten. Erst vor wenigen Jahren wurde die rund 180 Kilometer lange Strecke im Auftrag der Inselregierung zum Weitwanderweg ausgebaut und befestigt und gilt inzwischen als ein touristisches Vorzeige­objekt der Baleareninsel.

Denn auf dem GR 223 können die Gäste aus dem Ausland alle spektaku­lären Landschaften kennenlernen, für die Menorca berühmt ist: die Cala Cavalleria mit ihrem roten Sand und den bizarren ockerfarbenen Felsformationen, die gischtumtosten Steilküsten im Süden der Insel, die schattigen Pinien- und Steineichenwälder, die artenreichen Feuchtwiesen oder das karge Cap de ­Favaritx mit seinem pittoresken Leuchtturm. Nichts davon ist zu ver­fehlen, denn rote Schildchen auf Holzpflöcken weisen den Wanderern den Weg. Wer trotz der ausgezeich­neten Beschilderung nicht gern alleine wandern möchte, hat die Möglichkeit, sich geführten Touren anzuschließen.

Die beste Zeit zum Wandern sind die Monate April bis Juni und September bis Anfang November. Aber auch im Hochsommer sind Touren auf dem Camí de Cavalls reizvoll, denn er führt praktisch an allen Traumbuchten der Insel vorbei, und da diese in recht kurzen Abständen voneinander liegen, hat man unterwegs häufig Gelegenheiten, sich im Meer abzukühlen.

Neben Badesachen und Handtuch sollte man unbedingt genügend Proviant und Wasser mitnehmen, denn der GR233 führt überwiegend durch unbesiedeltes Gebiet. Wer außerhalb der Saison wandert, muss eventuell auf einen Bring- und Abholservice zurückgreifen, den man bei verschiedenen Anbietern buchen kann; von November bis April sind viele Unterkünfte entlang der Strecke geschlossen.

Seltene Vogelarten leben im Naturpark S’Albufera des Grau

Ralf Freiheit ist einer, der – neben Insel- und Wanderführungen – auch einen solchen Hol- und Bringservice anbietet. Seit 1987 lebt der gebürtige Hildesheimer auf Menorca. Er kennt Mallorcas kleine Schwester wie kein Zweiter. „Die Natur ist unser größter Schatz“, sagt er. „Etwa die Hälfte von Menorca steht unter Naturschutz, und 1993 wurde die gesamte Insel von der Unesco zum Biosphärenreservat erklärt. Es gelten für ­jedes Bauprojekt strengste Umweltschutzauflagen. Bettenburgen wie auf Mal­lorca gibt es hier von ganz wenigen Bausünden mal abgesehen nicht,“ fügt Ralf Freiheit nicht ohne Stolz hinzu und kutschiert die Gäste zu einer seiner Lieblingsecken, dem Naturpark S’Albufera des Grau.

Auf Holzstegen wandern die Besucher mit ihm in das Herz des Feucht­gebietes – es ist der Lebensraum für ­etwa 100 verschiedene, teilweise eher seltene Vogelarten wie Zwergdommel, Stelzenläufer, Silber­reiher oder Schilfrohrsänger. Aber auch Zugvögel nutzen die Lagunen und weiten Salzwiesen, die Dünenlandschaft und die Wasserläufe als Rastplatz und Futterquelle.

„In den 70er-Jahren sollte hier eine riesige Ferienanlage mit einem Luxushotel und Golfplatz entstehen. Doch Bürgerproteste konnten das damals zum Glück verhindern“, erzählt der zerti­fizierte Wanderführer.

Und bis heute gibt es in Es Grau, dem malerischen Städtchen am Rande des Naturparks, kein einziges Hotel. Allerdings können in den weiß getünchten Häusern Ferienwohnungen privat angemietet werden.

Hellgelb und beige reflektiert die Wasseroberfläche deren Fassaden im Licht der tief stehenden Sonne, als die verschwitzten Wanderer über den Strand der Bucht gehen, in der das Wasser sehr flach und dessen Oberfläche zumindest an diesem Tag auch glatt wie ein Spiegel ist. Und dann ist es so weit: Endlich baden!

Tipps & Informationen

Anreise: ab Berlin mit Easyjet nonstop nach Menorca, mit Iberia über Madrid oder mit Vueling über Barcelona.

Unterkunft: zum Beispiel Hotel Rural Binigaus, DZ/Frühst. ab 180 Euro, oder Hotel Sol Falcó, Son Xoriguer, DZ ab 160 Euro all-inclusive. Bungalows: Windrose Menorca

Wanderreisen: zum Beispiel mit Rhomberg Reisen, Tel. 0800/58 93 027 oder mit Pura – Aktiv Reisen, Tel. 040/ 38 08 94 45

Auskunft: Rutasmenorca, Tel. 0034 / 68 57 47 308, Tourismusportal

(Die Reise erfolgte mit Unterstützung durch Rhomberg Reisen.)