Hamburg. Einheimische bieten Touristen weltweit kostenlos einen ganz persönlichen Stadtrundgang, zu Sehenswürdigkeiten und Lieblingsecken.

Landungsbrücken, Speicherstadt, Elbphilharmonie: Die Liste der Hamburger Hotspots ist lang. Aber Hamburg ist wie jede Metropole mehr als ein Puzzle seiner Sehenswürdigkeiten. Die Stadt ist ein Sammelsurium aus Stadtteilen, die alle ihren eigenen Charakter haben, geprägt von den Menschen, die dort leben, ihren Cafés, kleinen Läden, Brunnen, Grünanlagen. Es sind Ecken, an die man als Tourist selten gerät, weil sie wenig Glamour haben und in keinem Reiseführer erwähnt werden. Und die doch häufig mehr von der Stadt er­zählen als die architektonischen Höhepunkte.

Die Stadt auch abseits der Reiseführer zeigen, das wollen die Greeter – wörtlich übersetzt „Begrüßer“. Es sind Einheimische, die Besucher ehrenamtlich an ihre Lieblingsecken führen, die ihren persönlichen Blick auf und ihre Liebe für Hamburg weitergeben möchten – wenn die Touristen das wünschen.

„Am liebsten sind uns Touren, bei denen der Gast sich auf uns einlässt und sich überraschen lassen möchte. Es ist aber auch immer eine klassische Tour möglich“, sagt Hanne Kottmann. Mit Stadtgeschichte und akkuraten Jahreszahlen hat es die 67-Jährige nicht so, lieber schwätzt die gebürtige Schwäbin, die seit 17 Jahren in Hamburg lebt und seit 2012 unentgeltlich als Greeter arbeitet.

Los geht’s am Hamburger Rathaus.
Los geht’s am Hamburger Rathaus. © dpa | Axel Heimken

„Oder möchtet ihr mehr His­torie?“, fragt sie lachend ihre heutigen Gäste – Duzen ist obligatorisch. Elke und Reinhard Kübler aus Böblingen schütteln den Kopf. Das ­Ehepaar findet es großartig, dass es in Hanne Kottmann eine aus ihrer Heimat getroffen hat. Da sind schnell Themen gefunden. Und los geht es, munter plaudernd vom Rathaus über die Trostbrücke zur Deichstraße, dort ein Stopp im Nostalgieladen und weiter in die Speicherstadt.

Die Idee der Greeter wurde 1992 in New York geboren

„Wir sind im Internet auf das Angebot der Greeter gestoßen“, sagt Elke Kübler. „Ohne Stadtführung erschließt sich einem eine Stadt nicht“, ergänzt ihr Mann. Den weltweiten Greeter-Slogan „Komm als Gast, geh als Freund“ fanden sie reizvoll – ebenso wie den persönlichen Austausch, den die Greeter bieten. Es werden nicht nur Tipps weitergegeben wie „Wo gibt es gute Fischbrötchen?“, sondern auch die gemein­same Heimat ist immer wieder Thema.

Die Idee der Greeter stammt aus Amerika. 1992 hat die New Yorkerin Lynn Brooks die Vereinigung begründet. Ihr Wunsch: den Big Apple so zu zeigen, wie sie ihn liebt und erlebt. Sie wollte mit Besuchern Zeit verbringen, ihnen die Chance geben, die Stadt durch ihre Augen zu sehen. Schnell hat sich das Konzept weltweit verbreitet.

Als Konkurrenz zu den üblichen Stadtrundgängen sieht Hanne Kottmann die Greeter nicht. „Wir sind eher eine Ergänzung. Weil wir ganz andere Schwerpunkte als die Stadtführer setzen“, sagt sie. Der Erfolg gibt ihnen recht. Seit Gründung des Hamburger Vereins vor sechs Jahren hat sich die Zahl der Gästeanfragen deutlich erhöht. 2017 wurden knapp 800 Greets durchgeführt.

In Hamburg zeigen rund 100 Greeter Urlaubern ihre Lieblingsecken

Oder vielleicht ein schöner Sonnenuntergang am Hafen?
Oder vielleicht ein schöner Sonnenuntergang am Hafen? © dpa | Axel Heimken

„Es werden immer mehr, die Interesse bekunden“, erzählt Hanne Kottmann. Rund 100 Greeter sind in Hamburg aktiv dabei. Jeder hat ein eigenes Interessensgebiet. „Der eine hat ein Faible für Architektur und macht gern solche Greets, der andere kennt sich in einem Hafengebiet gut aus. Aber generell sind alle sehr flexibel!“

Die Küblers sind auf einer eher klassischen Route unterwegs. Nach einem Ab­stecher zum Unilever-Gebäude in der HafenCity mit einem Cappuccino in der Mittagssonne geht es weiter Richtung Elbphilharmonie und Landungs­brücken – zum leckeren Fischbrötchen auf Brücke 10. Die Stimmung ist ausgelassen.

„Wir sind fünf Tage hier in der Stadt, freuen uns, dass wir so herrliches Wetter haben – und jetzt auch noch eine Menge Tipps im Gepäck“, sagt Reinhard Kübler. Vielleicht sieht man sich wieder – in Stuttgart. „Die brauchen Greeter!“, sagt Hanne Kottmann. Und Elke Kübler kommt ins Grübeln ...

Ein globales Netzwerk

Deutschland In zwölf Städten, von Bamberg bis Stuttgart, gibt es das Angebot der Greeter. Zu finden sind sie im Internet unter www.deutschland-greeter.de. Eine interaktive Karte auf der Startseite führt weiter zu den Internet-Seiten der einzelnen Städte.

Weltweit Im Netzwerk Global Greeter haben sich alle offiziellen Greeter-Programme organisiert. 37 Länder sind vertreten. Ihre gemeinsamen Grundsätze sind: Greeter arbeiten ehrenamtlich. Die Greets sind für maximal sechs Personen und überall kostenlos. Wer will, kann später eine Spende überweisen. Im Vordergrund steht der Dialog zwischen Greeter und Gast. Die Programme unterstützen nachhaltigen Tourismus und bieten die Möglichkeit zum kulturellen Austausch. Mehr unter globalgreeternetwork.info.