Budapest. Die Széchenyi-Brücke im Nebel, heißer Tee im Café Gerlóczy, Aufwärmen im Thermalbad: Früh am Morgen ist Budapest besonders reizvoll.

Herbstliche Kühle liegt in der nebelschweren Luft. Das andere Ufer der Donau ist nicht mehr zu sehen, dafür aber die Flusskreuzfahrtschiffe, die vor Anker liegen und die Luft mit Kaffeeduft würzen. Um sechs Uhr ­morgens ist die Promenade noch menschenleer, nur Krähen picken Brotkrumen vom ­Boden.

Und plötzlich ist es da, das Bild, das ich nicht mehr vergessen werde: Die Széchenyi-Kettenbrücke taucht aus dem Nebel auf. Oben beleuchtet von den ersten Sonnenstrahlen, weiter hinten verschwindet sie im Dunst. Was für ein Start in den Tag.

Buda oder Pest – wohin zuerst?

Budapest im November, das ist die schönste Zeit für die ungarische Hauptstadt. Eine alte Straßenbahn klappert durch das Bild und lässt es wie einen 30er-Jahre-Spielfilm wirken, nur wenige Meter weiter umhüllt der Nebel das ungarische Parlament mit seiner Kuppel und den neogotischen Türmen. Der Dunst hält nur eine halbe Stunde, dann badet die Sonne alles in ihrem weichen Novemberlicht. Zeit fürs Frühstück.

Aber um sieben Uhr? Das Café Gerlóczy in der gleichnamigen Straße erweist sich als Glücksgriff. Die Kellnerin serviert einen „Forever Young Tee“, dazu ein frisches Croissant. Und anschließend stellt sich die Frage: Buda oder Pest – wohin zuerst?

Buda war vornehm, aber langweilig

Auch wenn der Name längst beide Städte vereint und Budapest auf den ersten Blick wie ein großes Ganzes erscheint – Buda und Pest sind eigentlich zwei Städte. Von jeher war es vornehmer in Buda zu wohnen, hier hatte das magyarische Reitervolk aus dem russischen Ural vor 1200 Jahren eine Siedlung errichtet, als es Ungarn eroberte. Im Mittelalter baute König Béla IV. die Stadt aus.

Buda war vornehm, aber langweilig. Die quirligen Künstler siedelten sich in Pest am gegenüberliegenden und günstigeren Ufer der Donau an. Schnell wuchs dort eine zweite Stadt, die unterschiedlicher zur ersten nicht sein könnte mit ihren engen Straßen, lebendigen Cafés und mitunter auch etwas verruchten Bars. Bis heute ist Pest das kreative Zentrum geblieben und Buda die gediegene Schöne auf dem Berg.

In der Burg residieren die wichtigsten Museen

„Setz dich in die Straßenbahnlinie 2 und verschaff dir erstmal einen Überblick“, rät mir die Kellnerin im Gerlóczy, die mich über meinem Budapest-Reiseführer brüten sieht. „Und dann kannst du immer dort aussteigen, wo es dir gerade gefällt.“ Das klingt gut. Die Bahn ruckelt 20 Minuten am Donauufer entlang – und jetzt ist auch der Burgberg zu sehen. Ich steige aus und fahre mit einer alten Zahnradbahn ­hinauf.

Die Anlage überspannt fast den gesamten südlichen Hügel und ist die größte Burg des Landes. In dem ehemaligen Palast finden sich heute zahlreiche Museen, unter anderem die Ungarische Nationalgalerie, das Ludwig-Museum für zeitgenössische Kunst sowie die Nationalbibliothek. Und vor allem bietet sich von hier ein wunderbarer Ausblick auf die ­Pester Seite.

Budapester Dächer – Mosaike aus bunten Ziegeln

Das Széchenyi-Bad gehört zu den bekanntesten Thermalbädern von Budapest und ist gerade in den kalten Monaten wunderbar geeignet, sich aufzuwärmen.
Das Széchenyi-Bad gehört zu den bekanntesten Thermalbädern von Budapest und ist gerade in den kalten Monaten wunderbar geeignet, sich aufzuwärmen. © Getty Images/AWL Images RM | Christian Kober

Was sind das da drüben eigentlich für bunte Dächer? Es ist die Markthalle. Während sich innen Würste, Gebäck, handgemachte Souvenirs und immer wieder die Nationalfrucht Paprika stapeln, ist das Gebäude auch von oben sehenswert. Ein Musterbeispiel für ungarische Jugendstilkultur.

Später im Continental Hotel Zara erfahre ich vom Rezeptionisten, dass Ödön Lechner, der wohl wichtigste Jugendstilkünstler Ungarns, eine Art Beton erfand, den man bunt einfärben konnte. Damit experimentierte er unter anderem an Budapests Dächern und ließ die Ziegel zu bunten Mosaiken legen. „Ein ­wenig arabischer Einfluss mit der Mosaikkunst, neues ungarisches Selbstbewusstsein und Rückbesinnung auf alte Mythen und ­Folklore sind die Elemente, die den Budapester Jugendstil ausmachen“, erklärt mir der Mann am Empfang.

Budapest ist Hauptstadt und Kurort zugleich

Das Hotel mit seinem imposanten Eingangsbereich gehört zu den wichtigen Sehenswürdigkeiten dieser Kunstrichtung, wie auch das berühmte Géllert-Bad. „Budapest ist vielleicht die einzige Hauptstadt Europas, die zugleich ein ­Kurort ist“, erzählt der Portier. Aus 118 natürlichen Quellen sprudeln täglich 70 Millionen Liter Wasser. Schon im 15. Jahrhundert haben die damals vorherrschenden Türken die Thermalquellen in Budapest sehr geschätzt. Aus dieser Zeit gibt es sogar Schilderungen über die Wunder wirkenden Quellen am Fuße des ­Géllert-Berges.

Ihr mineralienreiches Wasser, das Magnesium, Kalzium und Fluorid-Ionen enthält, soll unter anderem bei Gelenkerkrankungen Linderung bringen. Aber auch jenseits möglicher Zipperlein ist das Géllert-Bad einfach nur ein Erlebnis. Feine Mosaiken an ­Böden und Gewölbedecken tauchen den Raum in ein frisches Blau, muten arabisch an. Nebenan ein sonnendurchfluteter Raum, in dem das Schwimmbad wie in einer alten ­Säulenhalle liegt – wer hier badet, fühlt sich wie in einem Schloss. Und draußen schwimmen geht sogar noch im November dank des Thermalwassers.

Hoch über der Stadt liegt eine im Felsen versteckte Kirche

Gegenüber des Géllert-Bades liegt ein Berg mit geheimnisvollen Höhlen. Ein ­Spazierweg führt bergauf durch einen kleinen Park. Am Weg entlang sitzen Frauen und ­verkaufen Folkloreartikel – gestickte Tischdenken, Dreieckstücher für die Schulter oder auch Taschen. Eine stämmige Frau mittleren Alters zeigt mir zunächst ihre Schultertücher. Dann fragt sie mich in gebrochenem Deutsch, ob sie mir aus der Hand ­lesen soll.

Nein, ich will gar nicht wissen, was mich in Zukunft ­erwartet, gehe lieber schnell weiter – und treffe auf eine Kirche. Ganz versteckt in den ­Felsen liegt sie hoch über der Stadt. Sie stammt aus dem Jahr 1924 und wirkt wie ein kleines Wunder, denn ihr Kirchenschiff ist in die Grotten gebaut, ein verworrenes System an Gängen und Gebetsräumen.

Das jüdische Viertel ist heute eine Ausgehmeile

Draußen bricht die blaue Stunde in der Stadt an, am schönsten ist es jetzt auf der Margaretheninsel, wenn Parlament und Burg wie goldene Klunker über den Fluss strahlen. Und anschließend gibt es traditionelles ungarisches Abendbrot – das bekannte Szegediner Gulasch. Viel schmackhafter aber sind die Fischspezialitäten aus der Donau, etwa Karpfenpaprikasch oder Wels – am besten bei ­Szegedi Halászcsárda direkt am Donauufer.

Am nächsten Morgen geht es ins jüdische Viertel. Das ist nicht nur abends eine szenige Ausgehmeile, sondern hat auch tagsüber besonderen Flair. Vor allem die Ruinenkneipe Szimpla, das Epizentrum des Budapester Nachtlebens. In einer alten Fabrik, die mehr zum Abriss geeignet war, als daraus ein Restaurant zu machen, eröffnete sie vor zwölf Jahren.

Abstecher in die größte Synagoge Europas

Die Betreiber bauten aus halben Autos Bänke, ließen die Wände unverputzt mit Toiletten-Grafitti bemalt und stellten Sperrmüllmöbel auf. Der Ruin-Pub hat inzwischen auch einen Ableger in Berlin. Am Sonntagmorgen ist hier Markt. Zwischen Knoblauchzehen, Kürbissen und Kohl spielen Bands – eine ausgelassene und doch entspannte Stimmung.

Weiter geht es nach einem Abstecher in die Synagoge, die größte Europas, per Rad durch die Stadt. Erst mal zur Flaniermeile Váci utca. Dort duftet es herrlich nach Hefeteig und Zucker. Bei Molnár’s Kürtöskalács gibt es den berühmten Baumkuchen direkt vom Spieß. Und dann auf zum Andrássy út. Der Herbst hat Ahornbäume entlang der Prachtalleen in goldene Töne getaucht. Direkt am Boulevard liegt eines der schönsten Cafés der Stadt, das Divatcsarnok, das ebenso wie das Café New York eine wichtige Institution der Budapester Kaffeehauskultur ist.

Hinter der Siegessäule beginnt ein Stadtwäldchen

Der Boulevard endet im Heldenplatz. Die Siegessäule ist nur Teil einer Budapester Institution, hinter ihr beginnt ein Stadtwäldchen mit Ruderteich und Museumsmeile. Ein Tipp hier wäre die Lángos-Bude gegenüber dem Zoo, hier gibt es die besten Kartoffelteigfladen, Fast Food auf Ungarisch. Und dann gehen wir natürlich wieder baden, denn in Budapest sollte man immer Schwimmzeug und Handtuch in der Handtasche haben.

Gegenüber liegt gleich Budapests zweites, berühmtes Bad, das Széchenyi, hier sitzen die Menschen gemütlich im Wasser und spielen eine Runde Schach. Und gegen irgendein Leiden hilft das Wasser bestimmt auch. Wenn nicht: Es macht auch einfach nur Spaß.

Tipps & Informationen

Anreise Ab Hamburg und Berlin z. B. nonstop mit Eurowings oder mit Lufthansa über München nach Budapest.

Übernachten Continental Hotel Zara, mit einem der schönsten Schwimmbäder, auf dem Dach des Hauses mit Blick auf die Skyline der Stadt. DZ ab 90 Euro, continentalhotelbudapest.com; Aquincum Hotel, am Ufer der Donau auf Budaer Seite, DZ/F ab 99 Euro,
aquincumhotel.com.

Auskunft Ungarisches Tourismusamt, http://de.gotohungary.com/budapest

(Die Reise wurde unterstützt vom Ungarischen Fremdenverkehrsamt.)