Hamburg. Nach dem frühen Tod dreier Freunde wird dem NDR-Moderator Dominik Lauck klar: Träume sollte man nicht aufschieben.

Am Anfang steht der Tod. Oder genauer: mehrere Tode. Gleich drei seiner Freunde sind gerade kurz hintereinander gestorben, alle noch jung. Und dann liest Dominik Lauck an einem frühsommerlich warmen Apriltag 2015 auch noch den aufrüttelnden Nachruf von Micky Beisenherz auf den Berliner Moderator Basty Radke. Der ist mit 40 Jahren nach einem Herzinfarkt tot zusammengebrochen. Mitten in seiner Live-Radiosendung. Sekundentod.

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Das trifft Lauck gleich mehrfach: Erstens, weil er selbst Moderator ist – als eine der bekanntesten norddeutschen Stimmen moderiert er beim Radiosender NDR Info die Hauptsendungen. Zweitens, weil er mit 45 in einem ähnlichen Alter ist. Und drittens, weil Beisenherz das hier schreibt: „Es heißt, das Beste kommt zum Schluss. Dummerweise weiß nur keiner, wann genau dieser Schluss ist. Deshalb ist es an uns, das Beste sofort an uns zu reißen. Nicht morgen. Jetzt. Das Leben ist kein Wartezimmer. Glauben wir denn ernsthaft, dass am Ende des Lebens, kurz vor der Ziellinie einer mit ’nem Präsentkorb auf uns wartet? ,Hier, Klaus Hermann, für dich, weil du so schön gespart und auf Urlaube verzichtet hast!‘ Am Arsch!“

Aus einem diffusen Traum wird ein fester Entschluss

Er habe sich damals ertappt gefühlt, sagt Lauck heute. „Ich bin auch einer gewesen, der Ende des Monats jeden Euro, den er nicht ausgibt, brav zur Seite legt. Aber in Wahrheit kann es ja morgen vorbei sein.“ Also schlägt er seiner Freundin Claudia Sittner noch am Abend vor, eine Weltreise zu machen. Davon hatten sie öfter mal geredet, aber nie ernsthaft. Immer nur für den Fall eines großen Lottogewinns. Völlig unrealistischer Traum, erst recht, wenn man, wie die beiden, gar nicht Lotto spielt. Jetzt aber, an diesem warmen Aprilabend, machen sie zusammen aus einem diffusen Traum einen festen Entschluss: Wir fahren auf Weltreise. Für ein Jahr. Nicht irgendwann. Wir fangen sofort mit der Planung an. Jetzt. Wie aber fängt man das an? Wie plant man eine Weltreise? Ohne Lottogewinn. Wenn man eine schöne Wohnung in Eimsbüttel bewohnt und seine Jobs nicht aufs Spiel setzen will. Was kostet das überhaupt alles? Und welche Route soll man wählen? Welche Visa braucht man? Welche Versicherungen? Welche Impfungen sind nötig? Und wo lagert man all die Sachen ein, die man so besitzt?

Weltreise-Tipps: Was Sie wissen sollten

Als Erstes klären die beiden die Sache mit den Jobs. Dominik Lauck ist frei beschäftigt und muss nicht um Erlaubnis fragen. Seine 37 Jahre alte Freundin schon. Nach einer Weile bekommt sie das Okay für ein Sabbatjahr. Nun wird alles konkret und fassbar: Zusammen mit dem Reisebüro Reisefieber wird die grobe Route geplant. Erstes Ziel: ein Jahr Sommer. „Wir haben so geplant, dass wir möglichst immer in den Sommer gereist sind, nicht unbedingt in die heißeste Zeit, aber doch rund um den Sommer“, sagt Dominik. Für ihre Wohnung in der Gärtnerstraße finden sie im letzten Moment einen passenden Untermieter. Der eigene Hausstand wandert, verpackt in 50 Kisten, in ein Zimmer, das nicht mitvermietet wird. Unter www.weltreize.com richten die beiden einen Reiseblog ein. Als letzte Impfung gibt es die gegen Tollwut, danach eine Abschiedsparty – und Anfang Oktober, fünfeinhalb Monate nach dem Entschluss, geht sie los: die Weltreise.

In der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires nehmen Claudia und ­Dominik zuerst einmal eine Woche Spanischunterricht – sehr sinnvoll, wie sie später immer wieder merken, denn die wenigsten Latinos sprechen Englisch. Und immerhin wollen sie fast fünf Monate in der Region verbringen. Mit dem neuen sprachlichen Rüstzeug geht es zu der Bonarenser Sehenswürdigkeit: dem Grab von Evita Perón auf dem Friedhof la Recoleta. „Die Mausoleen präsen­tieren sich beinahe wie Minia­turen der Häuser der reichsten und berühmtesten Familien des Landes“, schreiben sie im Blog. Zwischen den Gräbern tummeln sich Katzen.

In Argentinien erleben sie einen Angriff auf den Bus

Der Rest der Stadt gehört dagegen den Hunden. Fast 800.000 gebe es in Buenos Aires, und weil die Besitzer oft keine Zeit zum Gassigehen hätten, sehe man überall professionelle Hundeausführer mit bis zu acht Vierbeinern gleichzeitig. Natürlich gehört für den passionierten Bayern-Fan Dominik eine Stippvisite in die Stadien der großen Stadtrivalen ­Boca Juniors und River Plate zum ­Programm.

Von Buenos Aires geht es weiter zu den Iguazú-Wasserfällen im Länderdreieck zwischen Argentinien, Paraguay und Brasilien. Drei Tage gönnen sich die beiden für das größte Naturschauspiel Südamerikas, diese Ansammlung von 275 großen und kleinen Wasserfällen auf drei Kilometer Ausdehnung, an denen irrsinnige Wassermassen herabdröhnen und bei Sonnenschein überall Regenbogen aufleuchten lassen.

Die erste unangenehme Erfahrung machen Dominik und Claudia auf der Fahrt von Iguazú quer durch Argentinien in die Kolonialstadt Salta am Fuß der Anden. Die großen Überlandbusse in Lateinamerika sind zwar modern und bequem. Das schützt allerdings nicht vor irren Argentiniern. „Plötzlich knallt es, Scherben fliegen durch den zweistöckigen Bus, nur wenige Zentimeter oberhalb unserer Köpfe klafft auf der rechten Seite ein ca. 20 Zentimeter großes Loch in der Seitenscheibe“, schreiben die beiden im Blog. „Offenbar hatte jemand den Bus ins Visier genommen. Ob ein Stein geworfen oder geschossen wurde, wissen wir nicht.“ Claudia wird von einer Scherbe im Gesicht verletzt. Bei Dominik im Schoß liegen unzählige Splitter. Nach einem Buswechsel mitten in der Nacht erreichen sie Salta – und werden von einem Erdbeben erwartet.

Die ganze Erde bebte

Das Beben von der Stärke 5,9 erwischt sie in ihrem Hotelzimmer – und ist nach 30 Sekunden wieder vorbei. Da haben sie noch gar nicht realisiert, dass hier nicht eine U-Bahn unter einem hindurchfährt, sondern die ganze Erde bebt. Auf Facebook werden beide kurz danach aufgefordert, sich als „in Sicherheit“ zu markieren, da sie sich in der Region eines Erdbebens aufhalten. In einem Museum schauen sich Dominik und Claudia später mit fasziniertem Grausen die 1999 in den Anden ausgegrabenen Kindermumien an, konservierte Überreste eines Inka-Kultes, bei dem Kinder geopfert wurden, um die Götter milde zu stimmen.

Als wichtige Erkenntnisse nach dem ersten Monat notieren die beiden in ihr Internettagebuch: Südamerika ist ziemlich sicher, die Iguazú-Wasserfälle sind ein Muss – und „das Steak in Argentinien ist wirklich so gut, wie alle behaupten“. Weiter geht es in die chilenische Atacamawüste mit ihren Geysiren, dann ins bolivianische Potosí, einstmals größte Silbermine des spanischen Kolonialreiches, die mehr als 4000 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Und nach La Paz, „die Stadt, vor der in jedem Reiseführer gewarnt wird“. Zugestoßen ist den beiden hier nichts – aber sie haben einiges gelernt. Zum Beispiel, dass manche Uhren in Bolivien anders gehen. „Im Sommer 2014 beschloss die Regierung über Nacht, dass in Bolivien die Uhren künftig gegen den Uhrzeigersinn laufen sollen. Man will damit alte Spuren der Kolonialisten tilgen und zeigen, dass man sich auf der Südhalbkugel befindet“, heißt es im Blog. „Eine Schnapsidee, an die sich natürlich keiner hält. Aber am Kongressgebäude wurde die Uhr geändert: Sie läuft nun gegen den Uhrzeigersinn. Die Eins steht links neben der 12 usw.“

Beeindruckt hat sie der Hexenmarkt von La Paz, wo es an jedem Stand getrocknete Lamaföten zu kaufen gebe. „Wer ein Haus baut, soll solch einen Fötus einmauern – als Opfer für ,Pachamama‘ (Mutter Erde). Selbst wer nicht an den Brauch glaubt, kommt nicht drumherum. Denn ansonsten weigern sich die Bauarbeiter, das Haus zu bauen.“

Legendär ist auch das Gefängnis von La Paz. „San Pedro, wo Insassen sich für 5000 Euro im Monat Wohnungen mit Whirlpool, Satelliten-TV und Champagner mieten können. Im Knast sitzen insgesamt 2000 Insassen ein, obwohl nur für 300 ausgelegt, die in acht Sektoren untergebracht sind – von überfüllten Schlafsälen im Dreck bis hin zum Luxus-Penthouse. Alles eine Frage des Preises. Denn die Gefängnisstadt wird de facto in Eigenregie der Insassen verwaltet, die Wärter halten sich außerhalb der Mauern auf. Die Regierung hat vor Jahren vergeblich versucht, die Kontrolle über das Gefängnis wiederzuerlangen.“

Der Titicacasee bietet Erholung nach Tagen voller Unruhe

Nach dem Trubel von La Paz entspannen Dominik und Claudia am „Idyllen-Overkill“ des Titicacasees und fahren schließlich weiter nach Cusco. Die wenig luxuriöse Fahrt in einem völlig überfüllten Bus hat Dominik nun offenbar vollständig in einen Weltenbummler verwandelt. Sechs Wochen nach Reisebeginn gibt er beim Einchecken ins Hostel in Cusco zum ersten Mal als Beruf „Traveller“ an. Tätigkeit: Reisender. Auf dem Programm steht jetzt der Besuch der legendären Inka-Ruinenstadt Machu Picchu – bis heute für beide ein Höhepunkt ihrer Reise.

„Eines habe ich gelernt“, sagt Dominik. „Die Highlights muss man sich ­erarbeiten. Die findet man nicht dort, wo der Bus einen direkt hinfährt. Da muss man Zeit und Wegstrecke investieren und gerne mal ein ganzes Stück wandern.“ Auch der Besuch von Machu ­Picchu ist nicht ohne Aufwand möglich, man muss früh buchen und lange Wege zurücklegen. „Ich war skeptisch, ob es den ganzen Aufwand wert sein würde, eine Ansammlung alter Steine zu bewundern, die man tausendmal auf Fotos oder in Filmen gesehen hat“, schreibt Dominik. „Wie konnte ich nur zweifeln? Der ­Anblick ist überwältigend. Die Siedlung ist viel größer als angenommen. Doch das Imposanteste ist die Lage: so stolz und majestätisch auf einer Hochebene, von allen Seiten umgeben von 3000ern. Ein Berg schöner und mächtiger als der andere. Diese Weite, diese Stille, diese Höhe können kein Foto und keine Filmaufnahme einfangen.“ Vollgesogen mit diesen Eindrücken fahren die beiden weiter, überfliegen wenig später die legendären Nazca-Linien, 800 ­Linien, 300 geometrische Figuren und 70 Tier- und Pflanzenzeichnungen auf einer 500 Quadratmeter großen Ebene, die mancher für Zeichnungen von Außerirdischen hält, Botschaften an fliegende Untertassen irgendwo da oben. Nach weiteren Stopps, auch in Lima (Peru) und Quito (Ecuador), landen Claudia und Dominik in einem Paradies: den ecuadorianischen Galápagos-Inseln.

7000 Euro für eine Woche

Die achttägige Tauchtour, die die beiden erfahrenen Taucher gebucht haben, gehört nicht nur zu den absoluten Höhepunkten ihrer Reise – sondern auch zum größten Luxus. „Das war mit 7000 Euro die teuerste Woche unserer Reise“, erzählt Claudia. „Aber wir haben das bis heute nicht bereut.“ Vor allem die vielen Haie beeindrucken die beiden. „Ich kann mich noch gut erinnern, als ich vor Jahren beim Tauchen meinen ersten Hai sah: Ein Riffhai, schlafend auf dem sandigen Meeresgrund“, schreibt Dominik. „Vor Schreck schnüffelte ich die halbe Tauchflasche leer. Und nun, vor den Galápagos-Inseln, umkreisen mich Dutzende Hammerhaie und ich wünsche mir noch mehr herbei. Die Tauchreviere vor Galápagos sind wohl die aufregendsten weltweit. Acht Tage lang heißt es für uns: Dive, eat, sleep – repeat! (Tauchen, essen, schlafen – wiederholen). “

Kurz bevor ihnen Schwimmhäute wachsen, kehren die beiden wieder an Land zurück – und weiter geht es nach Panama (der Kanal!) und Costa Rica, die angebliche Schweiz Lateinamerikas, die aber vor allem Claudia nicht so gut gefällt. Zu teuer ist es hier, wo sich so viele amerikanische Touristen tummeln. Würden sie noch einmal planen, dann würden die beiden wohl kaum noch einmal Weihnachten und Silvester in Costa Rica verbringen. Über Guatemala, Belize und Mexiko führt die „Weltreize“ weiter nach Kuba, immer begleitet von Blogeinträgen und vielen Postings auf Facebook. „Ich wollte unbedingt nach Kuba, bevor hier irgendwann die US-Touristen einfallen und alles anders wird“, erzählt ­Dominik. Und tatsächlich zeigt sich ­Havanna den beiden noch als „riesiges Freiluftmuseum, mit all den Oldtimern und den verrotteten, teilweise aber auch schon wunderschön restaurierten Prachtbauten“.

Weiter geht es über Los Angeles nach Hawaii, und hier merkt man, wenn man den Blog verfolgt, dass die beiden die Lust verlässt, alle paar Tage zu schreiben und mühsam all die schönen Fotos hochzuladen. Vielleicht ist das ja auch ein gutes Zeichen. Dass man sich irgendwann von dieser ungeschriebenen Pflicht unserer Zeit frei macht, immerfort alles zu dokumentieren und zu posten. Womöglich erlebt man tiefer, wenn man weniger berichten muss. Anfang März, fünf Monate nach Reisebeginn, verlassen Claudia und Dominik Amerika und fliegen nach Neuseeland. Weil sie dabei die Datumsgrenze passieren, verpassen sie einen Tag: Den 1. März 2016 hat es auf dieser Weltreise und in ihrer beider Leben niemals gegeben. Die kommenden Wochen werden zu den schönsten ihrer Reise. „Neuseeland ist für mich das perfekte Land, weil dort westlicher Standard und unfassbar ­schöne Natur aufeinandertreffen“, sagt Claudia im Rückblick. „Es gibt nicht so viele Menschen, dafür bist du nie länger als zwei Stunden vom Meer entfernt.“ In Neuseeland seien „unheimlich viele, auch gerade deutsche Paare mit Babys unterwegs, die dort vermutlich ihre ­Elternzeit verbringen“, so Claudia. „Den Trend würde ich aufgreifen und eine passende Hostelkette aufmachen, wenn ich mich irgendwann hier niederlassen würde.“

Australien bereisen sie mit einem geliehenen Camper

Dominik und Claudia bereisen die Süd- und die Nordinsel, meist im Mietwagen, feiern den St. Patricks Day im sonnenreichen Weinstädtchen Blenheim, besuchen Queenstown, Wellington, Auckland, den Schicksalsberg im Tongariro Nationalpark und die Drehorte der „Herr der Ringe“-Filme. Und sie gönnen sich das eine oder ander Naturabenteuer, zum Beispiel das hier beliebte „Black Water Rafting“, bei dem man „eingepackt in einen dicken Neoprenanzug in einem aufgeblasenen Autoreifen durch einen unterirdischen Fluss treibend Glühwürmchen anschauen kann“, wie die beiden in einem der nur noch sporadischen Blogeinträge schreiben. Abgesehen von ein wenig Ärger mit dem Autoverleiher bleiben ihnen schließlich fast nur positive Eindrücke, als sie Mitte April von Neuseeland nach Australien weiterreisen.

Mittlerweile ist die Hälfte der Reise vorbei. Australien ist bereits das 15. Land, das Claudia und Dominik besuchen. Stellt sich da nicht irgendwann auch die Frage, was es mit einer Beziehung macht, wenn man sich monatelang so gut wie gar nicht aus dem Weg gehen kann? „Das Problem hatten wir nicht“, sagen die beiden im Rückblick. Zur Not hätte man sich mal für ein paar Stunden oder Tage trennen können. Aber das sei nie nötig gewesen. Vielleicht liegt es ­daran, dass die beiden, die sich in London kennengelernt haben, schon seit elf Jahren ein Paar sind.

70 Meter hohe Bäume und tiefste Canyons in Australien

Australien bereisen sie zu großen Teilen mit einem geliehenen Camper, den sie „Murphy“ taufen – und der außen mit Tröten ausgestattet ist, die durch den Fahrtwind Töne abgeben, die Menschen nicht hören, Kängurus aber abschrecken sollen. Sie genießen die Freiheit, nicht jeden Tag vorplanen und wochenlang nicht packen zu müssen, verbringen Tage am Strand, erklettern fast 70 Meter hohe Bäume und blicken hinab auf tiefste Canyons im Karijini ­Nationalpark. Sie bewundern die überall aufragenden Termitenhügel und die ­dicken Affenbrotbäume. Wundern sich, wie hart die Grenzkontrollen zwischen Northern Territory und Western Australia sind und zu welcher Plage die fetten Aga-Kröten werden können, die jeweils bis zu 35.000 Eier legen, mit ihrem Gift seltene Tiere töten und von den Australiern inständig gehasst werden.

Am besten gefällt ihnen Perth, die Hauptstadt von Westaustralien. Falls er einen Ort der ganzen Reise als neue Heimat wählen müsste, dann wäre es Perth, sagt Dominik im Rückblick – knapp vor Hawaii. „Man hat in Perth alle Annehmlichkeiten einer Großstadt.

Aber man hat dort auch sehr schöne, weitläufige Strände, es scheint dauernd die Sonne, und wenn man etwas rausfährt, findet man an der Westküste Aus­traliens beeindruckende Natur.“ Die Menschen seien „offen und hilfsbereit und verteilen sich auf viel Raum“.

Trotz aller Liebe verlassen Claudia und Dominik Mitte Juni Australien und bereisen für zwei Monaten Indonesien, Thailand und Myanmar. Auf der indonesischen Insel Sulawesi erleben sie eine traditionelle Beerdigung, „bei der literweise Blut spritzt, wenn Hunderte Schweine und Dutzende Büffel vor den Augen der Trauergemeinde mit gezielten Messerstichen geschlachtet und ausgeweidet werden“, schreiben sie im Blog. „Die Leichen von Babys werden in große Bäume gelegt, damit sie mit dem Baum weiter wachsen. Gruselig!“

Am Ende steht noch eine Safari in Afrika auf dem Programm

In Nordsulawesi erholen sich Claudia und Dominik beim Tauchen und Rafting von dem Kulturschock, besuchen dann aber auch gleich den „makaberen Markt“ der Minahasa, einem Volk, dem nachgesagt gesagt wird, es esse alles, was vier Beine habe – nur nicht den eigenen Stuhl oder Tisch. Auf dem Markt werden dann auch nicht nur Hunde flambiert, sondern auch gegrillte Ratten angeboten. Später geht es natürlich nach Bali und auch nach Bangkok. Den nach Machu Picchu beeindruckendsten Ort ihrer Reise aber sehen sie noch in Indonesien – beim Besuch des entlegenen Bergdörfchens Wae Rebo auf der Insel Flores. Dort wohnen die Menschen seit mehr als 1000 Jahren in einzigartigen kegelförmigen mehrstöckigen Häusern und bauen auf traditionelle Weise Kaffee, Vanille und Zimt an. Die Siedlung erreicht man im Rahmen eines Öko-Tourismus-Programms der Unesco nur nach stundenlanger Wanderung durch die Berge. Der Anblick des Dorfes auf dem Plateau vor dem Panorama der mächtigen Berge und die Herzlichkeit der Bewohner seien all diese Anstrengungen wert.

Die letzte Etappe der Reise bricht Ende August an: Zwei afrikanische Länder stehen noch auf der Liste, Äthiopien und Tansania. In Äthiopien machen sich die Reisenden von Addis Abeba im Leih-Jeep auf den Weg, das Land zu erkunden, planen zwei Wochen ein, besuchen das Kloster Debre Libanos, genießen die Fahrt durch Dörfer und saftiggrüne Wiesen und den besonders cremigen Kaffee.

Dann aber geraten sie plötzlich zwischen die Fronten eines bewaffneten Konflikts: Demonstranten auf der einen Seite, schwer bewaffnete „Federal Police“ auf der anderen – und sie mittendrin. Schließlich verschanzen sie sich in einem Hotel. Ein Anruf bei der Deutschen Botschaft schafft Klarheit: „Das ist Bundespolizei, die sind offenbar zur Verstärkung gerufen worden. Und die schießen. Und zwar ohne Vorwarnung und Rücksicht“, heißt es aus der Botschaft. Schon 400 Menschen seien bei dem Konflikt zwischen den Volksgruppen getötet worden. Nachdem sich die Lage beruhigt hat, reisen sie weiter.

Am Ende wartet noch eine Safari auf die Weltenbummler, Afrika, wie es im Bilderbuch steht: Löwen, Zebras, Antilopen, Elefanten, wunderschöne Sonnenuntergänge – aber auch Touristenführer, denen man laut Dominik besser vor der Tour nur eine Anzahlung gibt, damit dann auch alles so läuft wie versprochen. Letzte Station ist schließlich Sansibar, zum Schluss gibt es noch ein paar Strandtage. Als das Paar am 1. Oktober 2016 nach 366 Tagen wieder in Hamburg landen, haben sie 20 Länder besucht, 120-mal Koffer gepackt und insgesamt fast 60.000 Euro ausgegeben.

Man braucht zum Leben viel weniger, als man denkt

Und was haben sie gelernt? Erstens: Dass man etwas langsamer reisen sollte. „Wenn man sich mehr Zeit lässt, wird die Reise sogar billiger“, sagt Dominik. Und zweitens: Noch nie sei ihnen so klar gewesen, was für „ein unverschämtes Glück wir haben, dass wir in Deutschland geboren sind“. Man kann sich überall frei bewegen, man kann kaufen, was immer man haben möchte. Es gibt keine Bekleidungsvorschriften und überall fließend Trinkwasser, der Strom fällt auch fast nie aus.

„Was wir hier als Probleme sehen, das sind gar keine Probleme“, sagt Dominik. „So viele Leute auf der Welt haben kein sauberes Wasser, und hier schimpfen wir über das Wetter oder regen uns auf, wenn ein Bus mal zu spät kommt oder jemand im Job einen klitzekleinen Fehler macht. Ich habe mir fest vorgenommen, dabei nicht mehr mitzumachen.“

Einfach ist das nicht. Schon gar nicht, wenn man so schnell wieder in den Job einsteigt wie Dominik Lauck, der schon fünf Tage nach der Rückkehr wieder bei NDR Info moderiert hat – ein Hechtsprung in die deutschen Befindlichkeiten. Eines aber werde auf jeden Fall bleiben, sagen Dominik und Claudia: Das Wissen darum, dass man zum Leben viel weniger braucht, als man denkt. Manchmal reichen auch drei T-Shirts und ein 15 Kilo-Rucksack für ein Jahr.

Erste Konsequenzen haben die beiden schon gezogen: Ein großer Teil der Sachen aus den 50 eingelagerten Umzugskartons ist in den Müll gewandert. Vor der nächsten Weltreise müssen sie zwar wieder malochen. Aber so oder so hat der große Peter Ustinov recht. Der hat gesagt, vielleicht wisse man als Lebender nie so genau, was der Sinn des Lebens sei. Es habe aber „wenig Sinn, der reichste Mann auf dem Friedhof zu sein“. Und recht hat natürlich auch der dänische Dichter Hans Christian Andersen. Der wusste schon im 19. Jahrhundert: „Zu reisen ist zu leben.“

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