Olivenöl und Wein: Mallorcas Inselinneres hat für Urlauber einiges zu bieten. Dort können sie die ursprüngliche Seite der Insel kennenlernen.

Algaida/Consell. Der Wind lässt den hellen Vorhang sanft aus der Eingangstür des alten Gutshauses gleiten. Drinnen bewegt er das schwere, weiße Tischtuch, draußen zerzaust er Ellens Haare. Die junge Frau hält mit der linken Hand ein Rotweinglas, die rechte dreht sie hin und her, als wäge sie ihre Worte ab: „Mantonegro zusammen mit Cabernet und Syrah und ein kleines bisschen Merlot.“ Ellen Beltrán zählt die Rebsorten auf, aus denen der Rotwein in ihrer Linken komponiert ist, der Ribas Negro. Die 30-Jährige ist Sommelière auf dem Weingut Ribas im kleinen Örtchen Consell auf Mallorca. Es liegt nur knapp 30 Kilometer vom Ballermann entfernt – und doch trennen beide Orte Welten.

Am Ballermann tanzen, feiern und trinken die Party-Touristen. Genießer zieht es dagegen auf ein Landgut wie das der Ribas. Sie suchen auf der Insel Ruhe statt Remmidemmi. Vor allem Weintourismus ist auf Mallorca in den vergangenen Jahren immer populärer geworden, beobachtet das spanische Fremdenverkehrsamt in Berlin. Entsprechend gibt es mittlerweile auch spezielle Angebote für Weinkenner. Einige Winzer zum Beispiel haben sich zum Beispiel zusammengetan und bieten kulinarische Besichtigungstouren mit dem „Weinexpress“ an: Eine Bimmelbahn fährt Touristen dabei zu Kellereien der Insel.

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Wer lieber mit dem Mietwagen oder dem Bus die Weingüter der Insel besichtigt, fährt etwa 20 Minuten von Palma aus bis zum Gut der Familie Ribas in Consell. Die kleine Gemeinde im Westen der Inselmitte hat schmale Straßen. So schmal, dass die Natursteinhäuser in Höhe der Busaußenspiegel zerkratzt sind. 1711 verschrieben sich die Ribas hier dem Wein – die Kellerei ist damit die älteste der Insel. Heute ist mit der 32-jährigen Tochter Araceli bereits die 13. Generation auf dem Gut.

Familiär und typisch mallorquinisch will die Bodega wirken, und zwar bis ins kleinste Detail. Der feudale Eingangsbereich mit den weiß gedeckten Tischen für die Besucher geht direkt über in den privaten Garten der Ribas. Selbst das Catering übernimmt ein alter Familienbetrieb aus der Gegend. Und in der kleinen Werbebroschüre, die auf den Tischen ausliegt, werden unter „Crew“ sogar die Hunde aufgelistet, Core und Fusta.

Wenn Ellen über Wein spricht, reibt sie Zeigefinger und Daumen aneinander: „Kirsche und auch ein bisschen Balsamico“, sagt sie und blinzelt in die Sonne. „Mallorquinische Weine sind sehr, sehr fruchtig.“ Das kommt offenbar gut an: Weine von den Balearen erleben laut dem Tourismusbüro der Inselgruppe gegenwärtig eine Renaissance.

Sie sind aber längst nicht alles, was das Inselinnere zu bieten hat: Auch etliche Olivenplantagen gibt es hier zu besichtigen. Das Tourismusbüro der Balearen hat in einer Broschüre vier Touren für Urlauber zusammengestellt, die zu einigen von ihnen führen. Die Routen eignen sich für Ausflüge zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Pferd.

Rund 15 Straßenkilometer südöstlich von Consell zum Beispiel liegt nahe der kleinen Gemeinde Algaida die Olivenplantage Treurer von Joan Miralles. Die Miralles schlagen in die gleiche Kerbe wie die Ribas und setzen auf Heimeligkeit. Joan ist ein großer Mann mit Wohlstandsbauch und zurückgegeltem, einst tiefschwarzem Haar. Vor zwölf Jahren hängte er seinen Job als Hotelmanager an den Nagel und kaufte die Finca Treurer mit dem umliegenden Land. 2007 pflanzte er 3000 Olivenbäume, hauptsächlich die Sorte Arbequina.

Der Name Treurer kommt aus dem Katalanischen von Tresorer, auf Deutsch Schatzmeister. Denn das alte Landhaus der Finca war im 18. Jahrhundert angeblich Sitz des königlichen Schatzmeisters. Heute steht es unter Denkmalschutz und ist eine Station auf dem Rundgang über die Finca, den die Miralles für Touristen anbieten. Innen ist es dunkel, kühl und muffig. Umso überwältigender ist der Blick durch die alte, hölzerne Eingangstür nach draußen: ein Tal mit Olivenhainen, durchkreuzt von Natursteinmauern, im Hintergrund erheben sich bewaldete Berge.

„Diese Ruhe, diese Landschaft, so schön“, sagt Marga Miralles, Joans Tochter. Die 31-jährige Lehrerin kümmert sich nachmittags und in den Schulferien um den Verkauf und die Touristen. Die ganze Familie packt hier eben mit an: Joans Sohn macht die Buchführung, und die Ehefrau des 63-Jährigen ist ebenfalls fast täglich mit ihm auf der Plantage.

Dann wird das Treurer-Öl auf der Terrasse zu Tapas und Rotwein serviert. „Das kann man ja fast trinken“, heißt es aus den Reihen der Besucher. Joan ist zufrieden. „Wirklich gutes Olivenöl schmeckt nach Früchten und nach Nüssen“, sagt Marga und bricht lachend ab. Auf Englisch werde sie dem nicht gerecht, findet sie, die ganzen unterschiedlichen Nuancen könne sie nur auf Spanisch erklären.

Marga legt die Hand auf einen buckligen, dicken Olivenbaum: „Wir wissen, dass er älter als 500 Jahre ist, aber jünger als 700, der älteste Baum der Finca.“ Den königlichen Schatzmeister hat er trotzdem nie kennengelernt. Denn der Baum sei ein Geschenk an die Miralles gewesen, erzählt Joan. Er wurde auf einer anderen Plantage ausgegraben und unter enormem Aufwand hier wieder eingepflanzt. „Wahrscheinlich das Wertvollste, was wir hier haben.“

Wein aus Consell und Oliven aus Algaida

Consell und Algaida : Consell liegt etwa 25 Kilometer nordöstlich vom Palma de Mallorca und hat knapp 4000 Einwohner. Algaida mit etwas mehr als 5000 Einwohnern liegt ähnlich weit von Palma entfernt im südöstlichen Teil der Insel.

Rund 3000 Hektar Wein wachsen auf Mallorca. Im18. Jahrhundert waren es laut der Sommelière Ellen Beltrán etwa 30 000. Echtes mallorquinisches Olivenöl hat die geschützte Zertifizierung „Oli de Mallorca“, das als grüne, runde Plakette auf der Flasche klebt.

Informationen: Tourismusverband Mallorca, Constitucion 1, ES-07001 Palma de Mallorca (Tel.: 0034/971/715 310, E-Mail: news@newsmallorca.com).

(dpa)