Das sommerliche Wetter bescherte der Wiesn zum Ende rekordverdächtige Besucherströme. Trotzdem weniger Polizei- und Notfalleinsätze.

München. Ein goldener Herbst mit strahlend blauem Himmel hat dem Münchner Oktoberfest einen Mega-Ansturm beschert. Rund 6,9 Millionen Menschen kamen zum größten Volksfest der Welt – das war sogar eine halbe Million mehr als bei der Jubiläums-Wiesn im vergangenen Jahr. Selbst überfüllte Zelte, brechend volle S-Bahn-Züge und Staus konnten die Besucher nicht abschrecken.„Diese Wiesn ist golden“, sagte Festleiterin Gabriele Weishäupl am Montag zum Abschluss des Volksfestes. Es sei gekennzeichnet von „Wärme und Glanz“.

Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) sprach von einer „Traum-Wiesn“: „Die Stimmung auf den Oktoberfest war bis zum letzten Tag ganz hervorragend.“ Den bisherigen Besucherrekord gab es 1985, als 7,1 Millionen Menschen auf die Theresienwiese strömten.

Einen Schub brachte die traditionelle „Oide Wiesn“, die mit Volksmusik und historischen Fahrgeschäften rund 600 000 vor allem einheimische Gäste anlockte. Am Montag musste sie mehrfach wegen Überfüllung geschlossen werden. Ältere Besucher kamen ebenso wie Familien mit Kindern – es sei eine „Drei-Generationen-Wiesn“, sagte Ude. Besucher in Tracht machten einen wichtigen Teil des Fests aus.

Die Idee zu dem nostalgischen Wiesn-Teil war zum Jubiläum 2010 entstanden. Ob es „Oide Wiesn“ auch 2012 geben wird, ist offen. Denn dann findet wie alle vier Jahre das Bayerische Zentral- Landwirtschaftsfest (ZLF) statt. Die Bauern haben ein historisches Vorrecht; das ZLF gehört seit 200 Jahren zum Oktoberfest. Ude betonte, daran werde nicht gerüttelt. Ein historisches Fest könne es

+++Fast sieben Millionen Besucher auf der Wiesn+++

+++München erlebt wechselvolles erstes Wiesn-Wochenende+++

2012 nur im Konsens mit den Bauern geben. Wirtschaftsreferent Dieter Reiter (SPD) sagte, die Stadt sei offen für Gespräche.

Die beiden SPD-Politiker Ude und Reiter hoffen, dass sie in drei Jahren gemeinsam in der Anzapfboxe stehen: Reiter als Udes Nachfolger als OB und Ude als neuer bayerischer Ministerpräsident. Dann würde Reiter Ude die erste Wiesn-Maß reichen, die freilich vor allem aus Schaum besteht. „Es ist nicht die Qualität des verabreichten Getränks, sondern die Funktion, die damit verbunden ist“, sagte Ude.

Insgesamt 7,5 Millionen Maß Bier rannen durch durstige Kehlen, knapp eine halbe Million mehr als im Vorjahr. Auch der Absatz der an nichtalkoholischen Getränke stieg um 8 Prozent. Die Besucher verspeisten 118 Ochsen und viele tausend Hendl. „Das Wiesn-Hendl galoppiert“, beschrieb Weishäupl den Trend. Das Wetter ließ auch die Maßkrugdiebe übermütig werden. Doch die Maßkrugwachen blieben wachsam. Rund 226 000 Krüge sammelten sie ein, 2010 waren es 130 000.

Wie jedes Jahr setzen auch heuer einige Besucher den Maßkrug als Waffe ein, 58 mal lieferten sich Festbesucher mit den Trinkgefäßen gefährliche Schlägereien, sechs Mal schlugen Frauen zu. Immerhin sank die Zahl der Maßkrugschlägereien gegenüber dem Vorjahr (62 Fälle) leicht. Insgesamt rückte die Polizei zu 2175 Einsätzen auf dem Festgelände aus. Auch das war trotz der höheren Besucherzahl etwas weniger oft als 2010 (2253). Sogar die Zahl der Bierleichen ging zurück: 777 Menschen mussten mit Alkoholvergiftung in der Sanitätsstation überwacht werden, 2010 waren es 840. Die Zahl der Jugendlichen unter 16 lag mit 13 deutlich unter der im Vorjahr (28).

Neben den Folgen des Alkoholgenusses machte ein Modetrend ärztlichen Beistand nötig: Viele junge Frauen trugen zum Dirndl Ballerinas oder dünne Stoffschuhe und schnitten sich die Füße an Scherben auf. „Männer hingegen ziehen sich zwar durch festeres Schuhwerk seltener Verletzungen dieser Art zu, dafür sind bei ihnen verstärkt die Hände gefährdet, zum Beispiel durch zersplitternde Maßkrüge nach zu kräftigem Anstoßen“, hieß es beim Roten Kreuz.

Einen eindeutigen Wiesn-Hit gab es heuer nicht. Ganz zum Schluss habe „Schatzi, schenk mir ein Foto“ von Mickie Krause vorne gelegen. Unverzichtbar war aber auch „Sweet Home Carolin“, „Hey Baby“ und der Gefangenenchor aus der Verdi-Oper „Nabucco“. Einmal gab es gar einen echten Gefangenenchor: Diesen hätten in Gewahrsam genommene Wiesn-Besucher angestimmt, als sie in einem Einsatzwagen zum Präsidium gefahren wurden, weil auf der Wiesn alle Haftzellen belegt waren, sagte Polizeisprecher Wolfgang Wegner.