Die Rangakas besitzen ein Weingut bei Stellenbosch. Es ist eines der wenigen in Südafrika, die von einer schwarzen Familie geführt werden.

Südafrika. Südafrika ist der siebtgrößte Weinproduzent der Welt. 1,2 Milliarden Flaschen werden jährlich hergestellt, besonders in den Winelands in der Nähe von Kapstadt. Etwa 4600 Winzer gibt es derzeit über das Land verteilt. Lange Zeit lag das Weingeschäft fest in der Hand der weißen Minderheit. Vor einigen Jahren wagten sich einige wenige schwarze Winzer ins Geschäft. Doch die Zeiten für den Einstieg sind hart. Einer, der den Mut hatte, ist Diale Rangaka.

Der 60-jährige Rangaka hat 2003 eine alte Farm am Rande von Stellenbosch gekauft. Die Region rund um die im niederländischen Kolonialstil erbaute Kleinstadt ist bekannt für den Weinanbau. Reben wachsen hier bis zu den schroff aufragenden Bergen. Zwei Jahre nach dem Kauf hat Rangaka mit seiner Frau Malmsey und Sohn Lebogang den ersten Wein gekeltert. Das Weingut tauften sie "M'hudi Wines".

"M'hudi" - in der Sprache der Setswana bedeutet der Name Erntehelfer. So heißt aber auch eine Novelle einer schwarzen Südafrikanerin, die 1930 den ersten Roman auf Englisch veröffentlichte. "Wir lieben ihre Geschichte", sagt Malmsey Rangaka, "denn es ist auch unsere Geschichte. Das Buch handelt von einer afrikanischen Heldin, die ihr zerstörtes Dorf in Südafrika verlässt, die mutig ist und einen Neuanfang wagt." Das Etikett auf den Flaschen des Weinguts zeigt eine Schwarze in wallendem Gewand. Es könnte diese Frau aus dem Roman sein.

Obwohl sich inzwischen einige Dutzend schwarze Winzer mit der Weinherstellung befassen, ist das Weingut M'hudi die erste Weinfarm in ganz Südafrika, die zu 100 Prozent Eigentum einer schwarzen Familie ist. 2010 bekam sie dafür den ersten Preis beim ETEYA (Emerging Tourism Entrepreneur of the Year Award), der jungen aufstrebenden Unternehmen verliehen wird. Dass Diale und Malmsey Rangaka es geschafft haben, internationalen Spitzenwein zu produzieren, ist in einem Land, in dem bis 1994 noch Apartheid herrschte und Schwarze im Stadtpark sich nicht auf die Bank neben einen Weißen setzen durften, noch immer keine Selbstverständlichkeit.

+++Ein roter Riese+++

Diale Rangaka, den seine Frau liebevoll "Opi" nennt, sitzt auf der Terrasse seines Anwesens und entkorkt einen eisgekühlten Sauvignon Blanc, 2009. Er vergräbt seine Nase tief im Glas. Dann kostet er und sagt: "So ein südafrikanischer Sauvignon Blanc braucht eine kühle Meeresbrise. Unser Sauvignon Blanc hat eine knackige Säure und ist ein erfrischender Sommerwein."

Die ganze Familie wusste zu Beginn nicht viel über Weinbau. Also begann Rangaka sich damit zu beschäftigen. Einst war er Wirtschaftsprofessor an der Universität Rustenburg, auch seine Frau war lange Jahre wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut. Nun leben beide 1500 Kilometer entfernt von ihrer Heimat ein neues Leben. Statt ihre Nase in Bücher zu stecken, schauen sie ihren Trauben in den Edelstahltanks beim Vergären zu. Rangaka, als Schwarzer ein Pionier in seinem Land, reiste durch Südafrika, schaute Winzern im Keller und im Weinberg auf die Finger. Er fuhr auf Weinmessen und trank Weine der Konkurrenz.

Rangaka sieht sich auch als Wein-Botschafter für sein eigenes Volk. Erst allmählich setzt sich bei den Schwarzen durch, dass ein Glas Wein zum Essen in der Öffentlichkeit zu trinken mit Kultur zu tun hat. Er wolle "angenehme, gut trinkbare" Weine machen, die "wir selbst mögen". Seine Frau Malmsey ist die Chefin, er kümmert sich um das operative Geschäft. Sie bewirtschaften 43 Hektar. Eine stattliche Fläche für ein Start-up-Unternehmen.

Bei den Rebsorten setzt der Winzer auf Bewährtes: Sauvignon Blanc, Chenin Blanc und Chardonnay als weiße Sorten, Cabernet Sauvignon, Merlot, Shiraz und die einheimische Neuzüchtung Pinotage als rote Sorten. Die Rebstöcke wachsen auf Schiefer-, Granit- und Sandsteinböden. Das Meer hat einen wichtigen kühlenden Effekt.

Seine Weine sind "organic", also bio. Das liegt auch daran, gibt er offen zu, dass Arbeitskraft in Südafrika immer noch "billig zu haben" sei. Da sind Arbeiter auf dem Feld günstiger als teure Pestizide. Seine drei Feinde im Weinberg: Maulwürfe, Schlangen, Mehltau. Sein Rezept: keine Monokultur. Er pflanzt zwischen den Rebstöcken auch anderes an.

Südafrikas Weinindustrie ist bis heute überwiegend vom Export abhängig. Der eigene Markt ist klein und trotz steigender Nachfrage in der neuen schwarzen Mittelklasse insgesamt rückläufig. "Der Heimatmarkt bleibt schwierig", gesteht Rangaka. Inzwischen produziert er 84 000 Flaschen pro Jahr. Seine großen Abnehmer: USA und Europa. "Wir exportieren 90 Prozent." 70 Prozent seiner Weine nimmt die Kette Marks & Spencer ab. Seinen Wein verkauft er in 42 US-Bundesstaaten. Auch Woolworths, eine der großen Supermarktketten des Landes, hat den Wein der Rangakas ins Sortiment aufgenommen.

Im Gegensatz zu den weinromantischen Vorstellungen in Europa, dass man sich aus reiner Leidenschaft mit Weinbau befasst, ist der Zugang vieler schwarzer Südafrikaner viel pragmatischer: Landbesitz, der ihnen Jahrhunderte vorenthalten wurde, ist das primäre Ziel.

Diale Rangaka musste auch manche Rückschläge hinnehmen. Manchmal, sagt er, waren es rassistische Hintergründe. "Wir haben unsere Kinder so erzogen, dass die Hautfarbe eines Menschen nichts darüber aussagt, ob er freundlich oder unhöflich, attraktiv oder unattraktiv ist. Ich muss immer erst den Charakter einer Person beurteilen, um mir ein Bild von ihr zu machen." Dann sagt Diale Rangaka einen Satz, den er sicher schon oft wiederholt hat: "We don't sell black wine, we sell white wine." - "Wir verkaufen keinen Schwarzwein, wir verkaufen Weißwein." Was er sagen will: Natürlich müssen sich "Black Wineries" ebenso beweisen wie Traditionsbetriebe. Die soziale Brille alleine reicht nicht aus, um auf dem Markt bestehen zu können.

Der Winzer hat sich längst etabliert. Der Ritterschlag kam vor einiger Zeit aus den USA, vom Staatsoberhaupt persönlich. Bei der Feier zur Amtseinführung von Barack Obama als Präsident der Vereinigten Staaten tranken die Gäste M'hudi-Wein. Der US-Präsident hat den Pinotage 2008 gekostet und ihn als "guten Jahrgang" gelobt. Es war der größte vorstellbare Werbeeffekt für dieses noch junge Familienunternehmen.

Seit einigen Jahren versucht die Familie auch Touristen aufs Weingut zu locken. Sie bietet Führungen an, vermietet einige Gästezimmer. "Viele Besucher kommen aus Europa, weil sie von unserer Geschichte gehört haben." Zu Apartheid-Zeiten gab es nur ein paar Familienbetriebe und eine mächtige Kooperative, die alle Trauben einsammelte und daraus schwere Weine produzierte, erzählt das Winzerpaar. Nun komme es auch in der Weinindustrie zu sozialen Veränderungen: Die traditionell weiße Weinwirtschaft in Südafrika wird vielfarbig. Genau betrachtet ist es eine kleine Revolution: Die Rangakas, deren Vorfahren als Schwarze über mehrere Generationen hinweg das Land als Tagelöhner bestellten und kein eigenes Land besitzen durften, sind nun selbst Winzer und Eigentümer. "Afrika ist im Aufbruch - die Weine wie die Winzerszene." Und der Stolz, der in diesem Satz liegt, ist nicht zu überhören.