47 Jahre alten Handballfrauen der HSG Reinfeld Hamberge beenden ihre Karriere. Zum Abschied soll der Aufstieg in die Oberliga gelingen.

Reinfeld. Fragen nach ihrem bevorstehenden Karriereende beantwortet Antje Beth eher zurückhaltend. "Für mich ist der Zeitpunkt, die Handballschuhe an den Nagel zu hängen, nun endgültig gekommen", sagt die 47-Jährige von der HSG Reinfeld/Hamberge. Ihr Blick wandert zu der neben ihr sitzenden Vereinskameradin Sonja Rau. Auch sie wird in gut zwei Wochen ihre mehr als drei Jahrzehnte andauernde Handballkarriere beenden. "Handballsport hat viele Jahre mein Leben geprägt. Mittlerweile hat er aber nicht mehr den gleichen Stellenwert", sagt Rau, 47.

Am Sonnabend, 20. April - dem letzten Spieltag in der Schleswig-Holstein-Liga - können Beth und Rau ihre lange Laufbahn mit einem weiteren Höhepunkt krönen. Die Reinfelder Spielgemeinschaft tritt am Sonnabend, 13. April, beim Münsterdorfer SV an und erwartet zum Saisonfinale in eigener Halle die SG Oeversee/Jarplund-Weding. Zwei Siege lassen sie direkt in die Oberliga aufsteigen oder sich - je nach Konstellation in den höheren Klassen - für Entscheidungsspiele gegen den Vizemeister der Hamburg-Liga qualifizieren.

Eine besondere Auszeichnung wurde beiden Stormarnerinnen schon vor Wochen verliehen. "Bei der Sportlerwahl des Jahres 2012 wurden wir den Lesern der Regionalzeitungen zur Mannschaft des Jahres gewählt, Das war schon etwas Besonderes", sagt Beth, für die im Jahr 1975 beim VfL Bad Schwartau alles begann. Sie erinnert sich: "Ich habe dort bis zur A-Jugend in allen Altersklassen gespielt", sagt die 47-Jährige. Mit großem Erfolg: Vlado Stenzel, Weltmeistertrainer der Männermannschaft von 1978, berief die damals 17-Jährige Beth in die Jugendnationalmannschaft.

Auch beruflich ging sie ihren Weg: Einer Ausbildung zur Arzthelferin folgte eine zweite zur Physiotherapeutin. 1989 legte Beth ihr Examen ab. Im selben Jahr wechselte sie - nach einer kurzen Zwischenstation beim Hastedter SV - vom VfL Bad Schwartau zum SV Preußen Reinfeld.

Rau begann im Alter von zwölf Jahren beim VfL Oldesloe mit dem Handballsport. Die in der Kreisstadt lebende Industriekauffrau erinnert sich an ihren größten sportlichen Erfolg: "Mit der B-Jugend-Mannschaft des VfL Oldesloe wurden wir norddeutscher Vizemeister." 1991 wechselte Rau nach Reinfeld. Zehn Jahre später erlebte sie - nach dem Zusammenschluss der Handballabteilungen des SV Preußen Reinfeld und des SV Hamberge - hautnah die Geburtsstunde der Handballspielgemeinschaft Reinfeld/Hamberge mit. Zu dieser Zeit stand Rau zusammen mit Beth im Kader der zweiten Mannschaft.

"Wir wollten es damals etwas ruhiger angehen lassen", erinnert sich Rau. 2007 war Schluss mit der Ruhe. Detfred Dörling, Trainer der ersten Reinfelder Frauenmannschaft, stand gehörig unter Druck. Einige seiner Spielerinnen waren schwanger und das Team drohte auseinander zu brechen. "Sonja, Antje und Sandra Fuhlbrügge haben sich sofort bereit erklärt, in unsere erste Mannschaft zurückzukehren. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Mannschaft weiter existierte", so der Übungsleiter.

Auf Verletzungen angesprochen, gibt Beth zu, dass 38 Jahre Handballsport ihren Tribut fordern. "Vier Kreuzbandrisse, einen Bänderriss in der Schulter und eine Gelenksverletzung im Ellenbogen sind nur die schwereren Blessuren, die ich mir im Laufe der Zeit zugezogen habe", sagt Beth. Dabei hatte die 47-Jährige noch Glück im Unglück: "Vor drei Jahren erlitt ich während meiner Ellenbogenoperation einen Herzstillstand und musste reanimiert werden", so Beth. Bis heute sind die Umstände, die dazu führten, nicht geklärt.

Rau blieb die vielen Jahre über von Verletzungen weitgehend verschont. Seit knapp 30 Jahren hat sie sich einem weiteren, nicht ungefährlichen, Hobby verschrieben - dem Motorradfahren. "Ich besitze eine Kawasaki Zephyr 750. Bisher fahre ich unfallfrei - und das soll auch so bleiben", sagt die 47 Jahre alte Industriekauffrau . Zur Entspannung schiebt sie zu Hause bevorzugt eine CD ihrer Lieblingsbands Revolverheld oder Sunrise Avenue in den Player.

Beth, die einem Halbtagsjob in der Asklepios-Klinik Bad Oldesloe nachgeht, verdankt ihr neues Betätigungsfeld einer spontanen Eingebung ihres Ehemannes. Jörg Lembke - Vorsitzender des Kreisfußballverbandes Stormarn - kehrte aufgedreht von einer Skatrunde im Vereinsheim des VfL Oldesloe heim. "Er erzählte, dass der VfL Oldesloe einen neuen Wirt für das Vereinsheim sucht", sagt Beth und fügt an: "Er schlug mir vor, den Job zu übernehmen."

Am folgenden Tag wurde der Familienrat einberufen. Die 47-Jährige erzählt: "Wir besprachen die Idee gemeinsam mit unseren drei Söhnen. Die Entscheidung fiel einstimmig aus." Seit Beginn des Jahres heißt die neue Betreiberin Antje Beth. Zu ihren Aufgaben gehört eigentlich auch das Kreiden des Fußballplatzes - doch das nimmt die Fußballabteilung selber in die Hand. Beth sieht es gelassen. Sie sagt: "Die Fußballer haben wohl Angst, dass ich auf dem Platz Sechs- und Neunmeterlinien wie im Handball ziehe."

Dörling weiß, welche Bedeutung seine beiden "Alten" bis zum heutigen Tage für die Mannschaft haben. Er sagt: "Sonja war für die jüngeren Spielerinnen immer die erste Anlaufstelle. Sie hat immer 120 Prozent gegeben, aber auch 120 Prozent gefordert."

Von Beths Qualitäten ist der Coach ebenso überzeugt. Er sagte "Antje ist eine hervorragende Allroundspielerin und für jeden Spaß zu haben."

Reinfelds Trainer befürchtet: "Ohne Sonja und Antje werden die Bustouren auf jeden Fall langweiliger werden."