Bargteheide Zero

„Kommunalpolitik bremst den Klimaschutz zu oft aus“

| Lesedauer: 5 Minuten
Lutz Kastendieck
Die Initiative Bargteheide Zero hat sich bei einem ersten Treffen mit Bürgern in einem ehemaligen Ladenlokal im Zentrum der Stadt getroffen, um sich zu den Themen Klima, Umweltschutz, Energiesparen und Klimaneutralität austauschen.

Die Initiative Bargteheide Zero hat sich bei einem ersten Treffen mit Bürgern in einem ehemaligen Ladenlokal im Zentrum der Stadt getroffen, um sich zu den Themen Klima, Umweltschutz, Energiesparen und Klimaneutralität austauschen.

Foto: Lutz Kastendieck / HA

Warum die Initiative Bargteheide Zero zu wenig städtisches Engagement moniert und was sie dagegen tun will.

Bargteheide.  Laut Beschluss der Stadtvertretung vom April vergangenen Jahres will Bargteheide bis 2035 klimaneutral werden. Ein ambitioniertes Vorhaben, wenn nicht sofort mit der Umsetzung begonnen wird, sagt die Initiative Bargteheide Zero. Sie hatte im Vorjahr ein Bürgerbegehren auf den Weg gebracht, in dem sie einen Klimaaktionsplan forderte samt konkreten, abrechenbaren Maßnahmen. Mit 1188 gültigen Stimmen war das nötige Quorum deutlich übertroffen worden. Doch ist das drängende Thema Klimaschutz bei den Bewohnern der Stadt wirklich angekommen? Und wie viele sind bereit, sich dabei selbst mit Ideen und einem geänderten Handeln einzubringen?

Alle Sektoren müssen ihren Beitrag leisten

„Bargteheide kann seinen Beitrag zum Erreichen des im Pariser Abkommen fixierten 1,5-Grad-Ziels leisten, wenn alle Sektoren mitziehen. Also die privaten Haushalte ihren CO2-Ausstoß ebenso reduzieren wie Handel, Gewerbe, Dienstleister, Betriebe, Landwirtschaft und Verkehr“, lautet das Mantra von Tom Mac Arthur, Sprecher der Initiative.

Die Aktivisten sehen eine Vielzahl von Möglichkeiten, auf kommunaler Ebene zu wirksamen und nachhaltigen Veränderungen zu kommen. „Das bedingt natürlich, dass man zur Veränderung seiner bisherigen Gewohnheiten bereit ist“, sagt etwa Landschaftsarchitektin Elke Stachmann. Das beginne beim Energieverbrauch in den eigenen Wänden, setze sich bei der Bereitschaft fort, kurze Wege nicht mit dem Auto zurückzulegen, und ende bei Überlegungen, auf neue ÖPNV-Angebote wie die Stadtbuslinien umzusteigen.

Zum Auftakt wollten 27 Bürger mitdiskutieren

Jüngst hat Bargteheide Zero zu einem Austausch in ein ehemaliges Ladenlokal in der Rathausstraße 1 eingeladen. 27 Besucher waren der Einladung gefolgt. Zieht man die Mitglieder von Bargteheide Zero, der Bürgerinitiative Basta und die anwesenden Kommunalpolitiker ab, blieben jedoch gerade eine Handvoll Bürger übrig, die sich nicht ohnehin in Aktionsbündnissen, Parteien und Wählergemeinschaften engagieren.

Mac Arthur zeigte sich mit dem Zulauf an diesem Abend trotzdem zufrieden. Mehr ginge ja immer, aber ein Anfang sei zumindest gemacht. Jedenfalls zeigt sich Bargteheide Zero wild entschlossen, künftig möglichst einmal im Monat solch ein Treffen anzuberaumen.

Stadtbuslinien für einige Zeit kostenlos anbieten

Gänzlich neue Aspekte für die städtische Klimadebatte blieben derweil selten. Von der Forderung einer forcierten energetischen Sanierung städtischer Liegenschaften und deren Bestückung mit Photovoltaikanlagen über eine Verbesserung der Radinfrastruktur bis zum bewussteren Umgang mit Ressourcen und Lebensmitteln war vieles dabei, was ohnehin permanent diskutiert wird.

Mit wirklich konkreten Vorschlägen wartete etwa Martin Maybaum auf, der mit seiner Frau Kerstin seit fünf Jahren in Bargteheide lebt. „Um Werbung für die drei neuen Stadtlinien zu machen, hätte man sie für einige Wochen kostenlos anbieten sollen“, sagt Maybaum. Er selbst versorgt sein E-Auto seit geraumer Zeit über eine Wallbox mit Solarstrom aus der Photovoltaikanlage auf dem Dach des eigenen Wohnhauses. Seine Erfahrungen würde er auf Anfrage gern mit Interessenten teilen.

Tempo 30 wird immer wieder abgewürgt

Angeregt hat er zudem eine Ausweitung des Radverkehrs. Dafür würde sich die Stadt mit ihrer Größe anbieten. Derzeit bliebe aber noch zu viel Potenzial ungenutzt. Insbesondere müssten die Übergänge von Radwegen auf Straßen und die daraus resultierenden Regelungen für Auto- und Radfahrer klarer gemacht werden. Hier gebe es noch zu viel Unsicherheiten auf beiden Seiten. Ein Thema, das offenkundig viele Bargteheider umtreibt.

Laut geworden ist zudem erneut die Forderung nach einem innerörtlichen Tempolimit von 30 km/h. Laut Mac Arthur habe die Kommunalpolitik hier durchaus weitergehende Einflussmöglichkeiten, nutze sie aber oft nicht. „Da wird allzu oft abgeblockt, weshalb der Frustfaktor inzwischen beträchtlich gestiegen ist“, sagt er.

Parkpalette am Bahnhof ist das „falsche Signal“

Wie dem Autoverkehr generell nach wie vor zu viel Priorität eingeräumt werde. So gebe es nach Ansicht einiger Teilnehmer im Stadtzentrum zu viele Parkplätze. Zudem sei der Beschluss für den Bau einer neuen Parkpalette im Bahnhofsumfeld „das völlig falsche Signal“. Das sehen unterdessen nicht nur die Gewerbetreibenden in der City anders, die sich Parkplätze vor ihren Ladengeschäften wünschen. Ebenso wie Pendler und Bewohner der Gemeinden ringsum. „Für uns Leute vom Dorf sind Parkplätze für den Einkauf und fürs Umsteigen auf die Züge des Nahverkehrs durchaus wichtig“, beharrte Martina Assen.

Es könne aber nicht sein, dass die Stadt dafür die letzte große grüne Oase östlich des Bahnhofs opfere, entgegnete Bianca Walter von der Bürgerinitiative Basta. Zumal die Kommunalpolitik bereits an anderer Stelle die fortgesetzte Vernichtung von Stadtgrün unterstützt habe. Als Beispiele dafür wurden die Expansionspläne der Firma Langnese angeführt, denen 49 Bäume zum Opfer fallen sollen, das Projekt Südtor an der Kreuzung Hamburger Straße/Südring und das inklusive Wohnquartier BornInk.

Aus Sicht von Tom Mac Arthur bleibt der Klimaschutz in Bargteheide angesichts knapper Kassen noch immer zu häufig auf der Strecke. Die aktuellen Mehrheitsverhältnisse in der Stadtvertretung seien jedenfalls nicht dazu angetan, das notwendige Umsteuern in der „Wohlfühloase“ Bargteheide und eine Verhaltensänderung zu forcieren. „Insofern setze ich einige Hoffnungen in die bevorstehenden Kommunalwahlen. Damit Natur- und Klimaschutz künftig eine wichtigere Rolle in dieser Stadt spielen“, so der Zero-Aktivist.

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