Bernd Gundlach leitet die Amtsverwaltung Bargteheide-Land. Er schildert die Aufgaben so einer Behörde

Die Verwaltung ist die graue Eminenz in der Kommunalpolitik. Sie sorgt dafür, dass der Laden läuft. Wenn es klappt, ist alles top. Wenn nicht, sind alle sauer. Ganz egal, wo die Ursache der Misere liegen mag und obgleich Politik und Verwaltung auch gern mal verwechselt werden. Die Verwaltung muss liefern. Sie ist ein Serviceunternehmen – das gleich drei Herren dient: Der Bürger ist König Kunde, denkt aber an Formulare, lange Flure und noch längere Wartezeiten und vermutet nichts Gutes. Die Politik ist Chef im Ring. Und der Gesetzgeber fordert korrektes Handeln und setzt Grenzen im Ermessens- und Handlungsspielraum. Und dann auch noch Häme über verschnarchte Amtsstuben. Das soll Spaß machen?

Offenbar. Bernd Gundlach wirkt jedenfalls alles andere als zerknirscht. „Ich habe die Entscheidung nie bereut“, sagt der 45-Jährige. Sogar das Wort spannend fällt. „Na ja, die Ablage natürlich nicht“, sagt er und grinst.

Seit fünf Jahren kümmert sich Gundlach als Leitender Verwaltungsbeamter um die acht Bargteheider Umlandgemeinden. Damit ist er eigentlich das, was in Kommunen ab 10.000 Einwohnern der hauptamtliche Bürgermeister ist – nämlich der Verwaltungschef. Eigentlich. Wäre da nicht Amtsvorsteher Herbert Sczech aus Jersbek, der die Amtsgeschäfte ehrenamtlich leitet. „Das ist eine Besonderheit“, sagt Gundlach. „Im Süden des Landes und eben auch in Stormarn überwiegen ehrenamtliche Amtsverwaltungen.“

Umgekehrte Hierarchiekette: Die Spitze ist an der Basis

Das reicht schon, um zu verwirren: Ein hauptberuflich tätiger Beamter leitet eine Verwaltung, die ehrenamtlich geführt wird! Aber es ist noch verwickelter. Die Hierarchiekette verläuft umgekehrt in einem demokratischen Gefüge. Die Spitze ist an der Basis. So muss sich der Amtsvorsteher gegenüber den zurzeit 18 Mitgliedern des Amtsausschusses verantworten. Jenes Gremium, aus dessen Mitte er gewählt wurde und in das die Amtsgemeinden je nach Größe bis zu sieben Gemeindevertreter entsenden. Und diese Volksvertreter haben das Sagen. Genauso wie Stadtverordnete und Gemeindevertreter amtsfreier Kommunen Vorgesetzte der Bürgermeister sind. „Die Politiker machen die Vorgaben“, sagt Gundlach.

Bargfeld-Stegen ist mit 2900 Einwohnern der größte Ort im Amt Bargteheide-Land. Nienwohld zählt gerade einmal 480 Seelen. An eine eigene Verwaltung wie in Bargteheide oder Ahrensburg, der mit 32.000 Einwohnern größten Stadt Stormarns, ist nicht zu denken. Aber mit vereinten Kräften geht es. 14.500 Einwohner und damit eine jährliche Amtsumlage von knapp zwei Millionen Euro bringen die acht Umlandgemeinden gemeinsam auf – und können sich so Bernd Gundlach und die 40 Mitarbeiter der Amtsverwaltung leisten. Dafür gibt es auch einen Bauhof und ein Amtsarchiv und jede Menge mehr. „Die Arbeit ist vielfältig“, sagt Gundlach. Mal sehen, was in der Wundertüte Verwaltung alles so steckt:

Da ist der Fachbereich Ordnung und Soziales. Der Fachbereich mit den meisten Kunden. Im Sozialamt werden Arbeitslosenhilfe und Wohngeld berechnet und ausgezahlt. Hier geht es um die Sozialstaffel bei den Kita-Gebühren. „Und um Asylbewerber“, sagt Gundlach. Ihre Zahl ist in diesem Jahr auf 41 angewachsen. 56 werden bis Jahresende prognostiziert. Sie haben das Recht auf eine Unterkunft. Und das Amt muss es regeln.

Im Ordnungsamt spielen sich andere Szenen ab. Gaststättenbesitzer brauchen einen Gewerbeschein, Heiratswillige Urkunden. Und Neubürger müssen sich anmelden. Kundenfreundlichkeit ist angesagt. Gundlach: „Unser Einwohnermeldeamt ist so ausgebaut wie die Bürgerbüros in den Rathäusern.“

Klassiker der Verwaltung sind auch der Fachbereich Inneres und Jugend, der unter anderem Schulangelegenheiten regelt, und der Fachbereich Finanzen. Hier geht es um Liegenschaften, Steuern und so etwas Schönes wie Zuschüsse für Vereine. In der Aufgabenliste fällt ein Wort besonders auf: Vollstreckung. „Na ja“, sagt Gundlach. „Wenn einer Gebühren trotz mehrfacher Aufforderung nicht bezahlt …“

Der Fachbereich Bauen und Umwelt steckt ebenfalls in der Verwaltungs-Wundertüte. Hierher kommen Kunden, die tatsächlich Wunder erwarten. Aber nicht alle Bauanträge können genehmigt werden. „Die Politik macht die Auflagen. Aber auch die muss sich an die Gesetze halten“, sagt Gundlach. „Es ärgert mich, wenn die Leute denken, die Politiker könnten entscheiden, wie sie wollen.“ Und was erwarten die Leute von der Verwaltung? Gundlach lacht. „Eigentlich nichts. Außer dass alles klappt.“

So erwarteten die Bürger eine schnelle Abwicklung ihrer Angelegenheiten und mehr elektronische Möglichkeiten, auch bei der Antragstellung. „Da sind wir dran.“ Auch individuell abgesprochene Termine sind gewünscht. Und die gibt es schon, damit die Bürger nicht warten müssen und kommen können, wenn eigentlich schon zu ist.

Zu den Aufgaben in den Ämtern kommt der Sitzungsdienst. Ein lustiges Wort, das Verwaltungsskeptikern Vorschub leistet – aber 250 Abendtermine im Jahr bedeutet. Gundlach: „Wir gehen zu Gemeindevertreter- und Ausschusssitzungen und erstellen Protokolle.“ In den Stadtverwaltungen müssen die Verwaltungen oft komplizierte Sitzungsvorlagen zu Bauleitverfahren erstellen. „Bei uns geht es mehr um energetische Sanierungen und Ausbau von Mehrzweckhäusern“, sagt Gundlach – wenn es nicht gerade wie in Delingsdorf um unliebsame Kekse in einem Kindergarten mit dem Label „zuckerarm“ geht. „Darauf hätten wir verzichten können“, sagt Gundlach. Aber das sei eine Ausnahme gewesen. „Und dass es zwischen Verwaltung und Politik richtig knirscht, habe ich auch noch nicht erlebt.“ Das sieht anderswo manchmal anders aus.

Auf jeden Fall soll König Kunde zufrieden sein. So wird im Amt Bargteheide-Land ein Leitbild erstellt. Gundlach: „Wir wollen darlegen, wie und wofür wir arbeiten. Welche Versprechungen wir geben und wie wir sie einhalten können.“ Staub auf Aktendeckeln? Am Schalthebel zwischen Politik und Bürgern wird offenbar nicht nur verwaltet, sondern auch etwas bewegt.