Im Herbst überqueren Wildschwein, Hirsch und Co. die Straßen. Schon 794 Wildunfälle gab es dieses Jahr in Stormarn

Bad Oldesloe. Wenn es morgens später hell und abends früher dunkel wird, erhöht sich die Gefahr von Wildunfällen. Deswegen rufen Polizei und ADAC zu erhöhter Vorsicht im Verkehr auf – auch im Kreis Stormarn. Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Wildunfälle bereits um zehn Prozent erhöht.

Ein Auto fährt über eine Landstraße, es ist dunkel. Plötzlich taucht im Scheinwerferlicht ein Reh auf. Das kann Autofahrern insbesondere im Herbst passieren. Es ist Paarungszeit, deshalb überqueren die Tiere jetzt häufiger als sonst die Straßen. Dabei kommt es immer wieder zu Unfällen. So wie am vergangenen Sonnabend auf der Autobahn 21 bei Tremsbüttel. Ein brunftender Damhirsch war gegen 4 Uhr über den Wildzaun der Autobahn gesprungen und gegen den Ford eines 48-Jährigen geprallt. Der Hirsch, der die Spur eines Weibchens verfolgt hatte, starb. Der Fahrer kam mit dem Schrecken davon.

Neue Straßen in Waldgebieten sind besonders gefährlich

Auch die Zeitumstellung macht dem Wild zu schaffen. Der Berufsverkehr fällt dann in die Dämmerungsstunden, die Zeit in der die Tiere besonders gern unterwegs sind – morgens wie abends. Besonders gefährlich sind neue Straßen in Waldgebieten.

„Die Zahl der Wildunfälle im Kreis Stormarn ist seit Jahren auf einem hohen Niveau“, sagt Hans-Joachim Herrmann von der Kreisjägerschaft. Von Januar bis September 2012 sind in Stormarn 560 Wildunfälle registriert worden. 2013 waren es im selben Zeitraum schon 794. „Das liegt auch daran, dass sich die Erfassung der Wildunfälle in der Statistik verbessert hat“, sagt Kay-Uwe Güsmer, Leiter des Sachbereichs Verkehr der zuständigen Polizei in Ratzeburg.

Für den Menschen hat ein Wildunfall verheerende Auswirkungen. „Tödliche Unfälle mit Schwarzwild ereignen sich schon bei Geschwindigkeiten von 70 bis 80 Kilometern in der Stunde“, sagt Herrmann. Die Wucht, mit der ein ein Auto schon bei Tempo 60 zum Beispiel auf einen Rothirsch aufprallt, entspricht dem Gewicht von fünf Tonnen. Selbst ein kleiner Rehbock führt zu einem Aufprallgewicht von etwa einer Tonne.

Wer angefahrenes Wild mitnimmt, macht sich der Wilderei strafbar

Vermeiden lassen sich Wildwechsel nicht, doch es gibt Versuche, die Unfälle zu minimieren, etwa mit blauen Lichtreflektoren. Sie werden neben Fahrbahnen angebracht und dienen der Abschreckung der Tiere. Sie kosten pro Stück sechs Euro. „Den Preis müssen die Jäger bezahlen“, sagt Herrmann. Ein Problem: Die Reflektoren würden oft von Unbekannte zerstört. Weitere Maßnahmen sind Duftstoffe. Sie werden an Astgabeln und Rinden der Bäume aufgesprüht. Ihr Geruch setzt sich aus den Düften natürlicher Feinde des Wildes zusammen. Außerdem gibt es weitreichende Zäune in der Nähe der Fahrbahn.

Kommt es dennoch zu einem Zusammenstoß zwischen Tier und Auto, gilt es danach zunächst einmal die Unfallstelle abzusichern. Carsten Willms vom ADAC Hansa: „Fahrer sollten ein Warndreieck aufstellen und eine Warnweste überziehen. Auch die Warnblinkanlage, sofern sie noch funktioniert, sollte eingeschaltet werden.“ Zudem sollte der Autofahrer die Polizei anrufen. Die Beamten stellen auch die sogenannte Wildunfallbescheinigung aus. Diese dient bei der Versicherung als Nachweis für einen Unfall. Wichtig ist, die Polizei auch dann zu benachrichtigen, wenn das verletzte Wild geflüchtet ist. „Ein Jäger bringt das leidende Tier dann zur Strecke“, sagt Willms und warnt: Das Wild sollte nie mit bloßen Händen angefasst werden. Es besteht die Gefahr, sich mit Krankheiten wie Tollwut anzustecken. Ebenfalls sollte das verletzte oder tote Tier nie in den Kofferraum gelegt werden. Das wird als strafbare Wilderei ausgelegt.