2500 Schüler und 100 Lehrer bilden zur 775-Jahr-Feier das Wappen der Stadt. Organisatoren sprechen von Weltrekord.

Reinbek. Robin Römer ist schwer beschäftigt. Der Stuhl, auf dem er eigentlich sitzen wollte, steht inzwischen gut eineinhalb Meter hinter dem Tisch. Um ihn herum herrscht reges Treiben auf dem Hof der Sachsenwaldschule in Reinbek. Der 16-Jährige steht jetzt lieber. Und das ist gut so, schließlich muss er die Übersicht behalten. Dann blickt er auf den Lageplan, greift zum Funkgerät. "E 1 Gustav steht, jetzt kann die nächste Klasse kommen", sagt er. Auf die Antwort muss der 16 Jahre alte Gymnasiast keine zwei Sekunden warten. "In Ordnung, wir schicken sie jetzt los. Die kommen gleich."

Robin ist per Funk mit vier Mitschülern verbunden, die sich an unterschiedlichen Orten auf dem Areal aufhalten. Die vier Mitorganisatoren sind von Hunderten Kindern und Jugendlichen in weißen, roten und schwarzen T-Shirts umzingelt. Dazu tragen die Schüler Kappen aus Pappe in der entsprechenden Farbe. Die Fäden laufen bei Robin Römer zusammen. Genauso wie Dutzende andere trägt er heute ein gelbes Shirt. Das ist die Farbe für die Helfer. 2500 Schüler, von der zweiten bis zur 13. Klasse, und 100 Lehrer von sieben Reinbeker Schulen wollen um 11.30 Uhr das Wappen Reinbeks abbilden - nach Aussage von Rainer Nienhaus, 62, Studiendirektor und Koordinator im Festausschuss der Stadt, wäre das Weltrekord. Es ist jetzt 10.46 Uhr. Auf der 432 Quadratmeter großen Fläche aus zusammengeklebten Planen, die in Quadrate diverser Farben eingeteilt und mit Namen wie G 1 markiert ist, stehen etwa 200 Kinder. Nach und nach wird es voller, aber es geht langsam voran. Aus Robins Funkgerät ertönt wieder eine Stimme. "Können wir die vierte Klasse losschicken?" Ja, sie können. Robin markiert das entsprechende Feld auf dem Lageplan.

"Ich habe so etwas Ähnliches einmal in Portugal gesehen. Dort waren es allerdings nur 800 Menschen. Mit halb zwölf wird das wohl nichts. Aber man kann das ohnehin nicht genau planen", sagt Bürgermeister Axel Bärendorf. Stimmt, denn einen Probelauf gab es nicht. Der wäre zu aufwendig gewesen. Es ist 11.21 Uhr. Einige Meter weiter weisen Wiebke Bötel und Florentine Wendel-Wolff die Kinder ein. Die beiden Kunstlehrerinnen der Sachsenwaldschule haben die Aktion, die das Festwochenende zur 775-Jahr-Feier der Stadt einläutet, vorbereitet.

Das Geld für Shirt und Kappe, 2,50 Euro, haben die Schüler selbst bezahlt. Einige von ihnen, nämlich die in hinterster Reihe, stehen jetzt schon seit mehr als einer Stunde eng nebeneinander. Das erfordert eine Menge Disziplin. "Wir müssen uns langsam beeilen, sonst kollabieren die ersten Kinder", ruft eine Helferin. Nienhaus eilt mit drei Wasserkisten heran. Wenige Minuten später sind sie komplett geleert.

Er ist 12.02 Uhr, und aus 20 Metern Höhe, vom Drehkorb der Feuerwehrleiter, ist mehr als die Hälfte des Wappens zu erkennen. Dort oben steht inzwischen Lehrerin Frauke Harmann, 43. Mit einem Seil gesichert und ausgestattet mit Helm sowie Megafon, achtet sie darauf, dass die farbliche Verteilung passt. Unten erklärt Peter Budziszewski, 27, von der Freiwilligen Feuerwehr Reinbek den Fotografen, die er gleich mit nach oben nimmt, wie sie den Helm zu fixieren haben.

Der Geräuschpegel steigt, zahlreiche Eltern mit ihren Kameras laufen hastig in eines der oberen Stockwerke des Schulgebäudes, um ein Bild zu machen. Jetzt kann es nicht mehr lange dauern. Robin Römer gibt einen letzten Funkspruch ab: "Bitte losschicken." Kurz darauf eilen rund 20 Kinder in schwarzen Outfits herbei, setzen sich aneinandergereiht an die Spitze der Menschenmasse. Dann, um 12.37 Uhr, ist es geschafft: 2600 Reinbeker zeigen Flagge. Die Aktion, eine organisatorische Meisterleistung, ist geglückt. Was folgt? Ohrenbetäubender Jubel.