Kandidaten für das Bürgermeisteramt stellen sich erstmals gemeinsam öffentlich vor. Für eine Bewerberin hätte sich das Thema beinahe erledigt und ganz ohne Aufreger verlief der Abend nicht.

Oststeinbek. Die aufregendsten Minuten dieser Woche erlebte Gabriela Malone bereits zwei Tage früher als ursprünglich geplant. Und zugleich die schmerzhaftesten. 48 Stunden bevor die Bürgermeisterkandidatin ihren ersten großen öffentlichen Auftritt in Oststeinbek hatte, bekam sie einen Schlag verpasst, der es in sich hatte: Beim Auskratzen der Hufe trat ihre Stute Clara nach hinten aus und traf die 57-Jährige ins Gesicht. Davon zeugt eine dicke Blutkruste auf der Unterlippe. "Hätte mich das Pferd ein Stück weit höher erwischt, wäre ich nicht mehr hier", sagte sie in kleinem Kreis.

Die gut 350 Besucher der ersten von vier gemeinsamen Vorstellungsrunden der drei Bewerber für den Posten des Verwaltungschefs in der 8600-Einwohner-Gemeinde, neben Malone der von CDU, FDP und der Wählergemeinschaft OWG unterstützte Jürgen Hettwer sowie die parteilose Einzelkandidatin Uta Kramer, bekamen davon nichts mit. Selbst als der Moderator der Veranstaltung, Reinbeks Bürgermeister Axel Bärendorf, darauf anspielte, nahm Malone den Ball nicht auf und verschwieg ihre Nehmerqualitäten. Nein, sie wollte kein Mitleid, sondern ausschließlich ihre Stärken, die Charaktereigenschaften und Visionen in den Mittelpunkt stellen. Dass sie zwei Tage nicht reden konnte - Schwamm drüber. Dennoch: Das Lachen fiel ihr ob der Blessuren schwer. Dabei hätte sie am Donnerstagabend im Bürgersaal im Kratzmannschen Hof allen Grund dazu gehabt. Denn Applaus für ihre Erklärungen, wie sie die Verwaltung zu führen gedenkt, gab es genauso wie für Hettwer, der während seiner 16 Minuten langen Vorstellungsrede nach eigener Aussage "ganz schön Herzklopfen hatte", zur Genüge.

Nicht ohne Grund war das Interesse der Oststeinbeker enorm und die Spannung bereits eine halbe Stunde vor Beginn des Aufeinandertreffens der drei Kontrahenten zu spüren. So waren zu diesem Zeitpunkt sämtliche Sitzplätze besetzt, an den Stehtischen ringsherum drängten sich Dutzende Bürger. Sie alle haben die Geschehnisse der jüngsten Vergangenheit noch nicht vergessen und wollen eines vermeiden: eine weitere Fehlbesetzung des Bürgermeisterpostens wie im Fall Martina Denecke. Die ehemalige Verwaltungschefin war im März dieses Jahres von den Bürgern abgewählt worden, nachdem sie sich zuvor mit vielen überworfen hatte. Dass sich so etwas unter ihrer Regie nicht wiederholen werde, das konnten die Kandidaten unisono glaubhaft vermitteln. Und in einem Punkt waren sich alle einig: Oststeinbek muss moderner werden.

Hettwer betonte in diesem Zusammenhang vor allem die Kinderbetreuung, aber auch die Tatsache, dass die Bevölkerung immer älter werde und bedarfsgerechter Wohnraum erforderlich sei. "Das Bewährte erhalten, offen sein für Neues. Ich möchte, dass die Verwaltung nicht nur reagiert, sondern sich aktiv an der Entwicklung unseres Ortes beteiligt. Sie ist Dienstleister für alle Bürgerinnen und Bürger", erklärte der 49-Jährige sein Credo.

Während Kramer ihren Fokus auf bezahlbare Mieten für Jung und Alt richtete, die Schaffung einer gemeindeeigenen Baugenossenschaft ohne Trägervertrag vorschlug, legte Malone, die seit 2006 im Oststeinbeker Rathaus arbeitet, den Finger in die Wunde. Ihr Vorwurf: Die Verwaltung arbeitete nur ab. Man müsse vorausschauend planen. "Aber wo ist die Strategie? Wir wissen doch nicht erst seit gestern, dass wir Krippen- und Hortplätze brauchen. Eine Lösung hätte hier in Oststeinbek bereits am 1. August da sein müssen." Stattdessen verzögert sich der geplante Bau der neuen Kindertagesstätte Am Meessen. Voraussichtliche Inbetriebnahme ist erst Ende 2014.

So fair und friedlich die Kandidaten auch verbal miteinander umgingen, ganz ohne Aufreger verlief der Abend nicht. Dafür sorgte der Ex-CDU-Ortsvorsitzende Stephan Merckens. Er attackierte Hettwer persönlich, indem er ihn für Mängel im Gemeindeprüfbericht verantwortlich machte. Der 49-Jährige, in der Ära des ehemaligen Oststeinbeker Bürgermeisters Karl-Heinz Mentzel mit Leitungsfunktionen im Rathaus betraut, ließ sich aber nicht aus der Reserve locken, zeigte Größe und stand zu seinen Fehlern. "Natürlich war der Prüfbericht nicht positiv, und ich fühle mich als Teil des Ganzen."

Jürgen Hettwers Weg wird unabhängig vom Ausgang der Wahl am 8. September 2013 auch künftig häufiger in die Gemeinde an der Grenze zur Hansestadt Hamburg führen. Am vergangenen Freitag gewann der Verwaltungsexperte beim Eröffnungsspiel der Fußball-Oberliga eine OSV-Dauerkarte. Er verspricht: "Insofern komme ich alle 14 Tage wieder."