Abberufener Hauptgeschäftsführer will klagen, fordert Geld und Dienstwagen. Präses aus Bargteheide hält dagegen. Ex-Hauptgeschäftsführer und die Präses vorher bereits gemeinsam in Schlagzeilen.

Bargteheide/Lübeck. Als klar war, dass sich ihre Wege trennen werden, wollten sie trotz offensichtlicher Differenzen ganz im Stile hanseatischer Kaufleute still und vertraulich verhandeln, was es noch zu verhandeln gibt: Matthias Schulz-Kleinfeldt, Anfang vergangenen Monats abberufener Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Lübeck, und deren Präsidium unter Vorsitz der neuen Präses Friederike Kühn aus Bargteheide. Ganz so still und vertraulich läuft es dann aber doch nicht. Schulz-Kleinfeldt hat nun angekündigt, juristisch gegen seine Entlassung vorgehen zu wollen.

Und weil der 62-Jährige sein Vorhaben in einem Rundschreiben an jene 69 norddeutschen Unternehmer kundgetan hat, die dem Kammer-Parlament - der sogenannten Vollversammlung - angehören, ist die Angelegenheit jetzt quasi öffentlich; der Brief liegt dem Hamburger Abendblatt in Kopie vor. Schulz-Kleinfeldt beschreibt darin eine "Eskalation", die das Kammer-Präsidium zu vertreten habe. Offenbar, so geht es aus seinen Zeilen hervor, wähnte er sich sicher, dass während eines vertraulichen Gesprächs am 20. Juni zu aller Zufriedenheit eine Abfindungsregelung für ihn vereinbart worden sei. Eine Regelung, nach der er auch seinen Dienstwagen, einen geleasten E-Klasse-Mercedes, hätte weiterhin fahren dürfen.

Doch der Wagen ist weg. Dazu schreibt Schulz-Kleinfeldt: "Stattdessen erreichte mich am 27.06.2013 um 17.29 Uhr per E-Mail die Weisung von Frau Präses Kühn, das Dienstfahrzeug am 28.06.2013 um 12 Uhr zurückzugeben." Der Fahrer, der den Wagen am folgenden Tag abgeholt hat, habe ihm ein auf den 20. Juni datiertes Schreiben übergeben, "mit welchem die ordentliche Kündigung meines befristeten und ordentlich nicht kündbaren Anstellungsvertrags zum 31.08.2013 erklärt wurde". Nun werde er sowohl gegen seine Abberufung als Hauptgeschäftsführer als auch gegen die Kündigung rechtlich vorgehen, kündigt Matthias Schulz-Kleinfeldt an.

Was ihm besonders übel aufstoße: Das Kündigungsschreiben trage das Datum eines Tages, an dem er noch geglaubt habe, dass eine einvernehmliche Lösung gefunden worden sei.

Präses Friederike Kühn, Inhaberin einer Werbeagentur, bestätigt gegenüber dem Abendblatt, dass der Mercedes eingezogen worden ist. "Der Dienstwagen ist laut Vertrag sofort nach der Abberufung zurückzugeben", sagt sie. Dass mit dem geschassten Hauptgeschäftsführer bereits ein Kompromiss hinsichtlich einer Abfindung getroffen worden sei, verneint sie. Ganz im Gegenteil: "Da sind Maximalforderungen formuliert worden." Denen habe das Präsidium nicht zustimmen können, "weil es um Fremdgelder geht". Die IHK finanziert sich zu einem Großteil aus Beiträgen, die ihre ungefähr 70.000 Pflichtmitglieder entrichten müssen. "Als Unternehmen hätte man anders darüber nachdenken können", sagt Kühn, "aber nicht als Kammer."

"Maximalforderungen": Einem Bericht der Lübecker Nachrichten zufolge soll der vermeintlich ausgehandelte Kompromiss vorgesehen haben, dass Schulz-Kleinfeldt für die dreijährige Restlaufzeit seines Arbeitsvertrages sein volles Grundgehalt in Höhe von insgesamt 345.000 Euro und dazu 50 Prozent seiner früheren Bonizahlungen - ein fünfstelliger Betrag jährlich - erhält. Und dazu eben den Mercedes, vollkaskoversichert und mit Tankkarte. Stimmt das? "Zu Details sagen wir nichts", sagt Kühn. Und Schulz-Kleinfeldt lässt über einen Sprecher ausrichten, er habe sich verpflichtet, nicht über den Inhalt der vertraulichen Verhandlungen zu sprechen.

Wie berichtet, war der 62-Jährige auf Antrag des achtköpfigen IHK-Präsidiums während der vergangenen Vollversammlung am Abend des 4. Juni dieses Jahres abberufen worden. Als wesentlichen Grund gab Präses Kühn "das nachhaltig gestörte Vertrauensverhältnis zwischen Präsidium und Hauptgeschäftsführer" an. Nur gut zwei Monate zuvor war eine Verlängerung seines Vertrags um drei Jahre in Kraft getreten, eingetütet bereits ein Jahr zuvor unter Federführung des damaligen Präses Christoph Andreas Leicht. Schulz-Kleinfeldt war am 1. April 2010 aus der zweiten Reihe auf den Chefsessel bei der IHK zu Lübeck aufgerückt. Zuvor war der Jurist Stellvertreter seines Amtsvorgängers Prof. Bernd Rohwer gewesen.

Die jetzt eskalierte Auseinandersetzung um die Abfindung ist nicht das erste Mal, dass der Ex-Hauptgeschäftsführer und die Präses gemeinsam in die Schlagzeilen geraten. Bereits im Vorfeld der Wahl eines neuen Präsidiums Anfang Februar war es zu kammerinternen Irritationen gekommen. Wie berichtet, war eigentlich ein Mann namens Lutz Kleinfeldt als neuer Präses gesetzt. Den 52-Jährigen und den damaligen IHK-Hauptgeschäftsführer verbindet weit mehr als nur eine gewisse Ähnlichkeit ihrer Nachnamen:

Beide sind miteinander verschwägert. Ehrenamt und Hauptamt, Legislative und Exekutive wären in einer Familie vereint gewesen. Kleinfeldt, Chef einer Lübecker Wachfirma, hätte vor allem eines zu überwachen gehabt: die Arbeit seines Schwagers Schulz-Kleinfeldt. Mit Friederike Kühn gab es erstmals in der Kammergeschichte einen Gegenkandidaten - und erstmals eine Kandidatin.

Unterdessen betonen Schulz-Kleinfeldt und Kühn, dass sie nach wie vor noch an einer einvernehmlichen Lösung interessiert seien.