Propst Buhl spricht über Konflikte: die Kirchenschließung in Ahrensburg, den Eicheder Pastor, den Missbrauchsskandal.

Ahrensburg. Manchmal ist es ein Kreuz mit der Kirche in Stormarn. Keiner weiß das besser als Hans-Jürgen Buhl, 58, Propst im Kirchenbezirk Rahlstedt-Ahrensburg. Im Moment hat er auf verschiedenen Gebieten Konflikte zu lösen.

Hamburger Abendblatt: Fahren Sie noch gern nach Stormarn? Dort kommt die Kirche nicht aus den Schlagzeilen...

Hans-Jürgen Buhl: Es ist meine Propstei. Dort sind die elf Gemeinden und die 35 Pastorinnen und Pastoren, für die ich zuständig bin. Auch wenn es in der einen oder anderen Gemeinde etwas knirscht, so wird doch dort gut gearbeitet. Und ich habe gern Kontakt zu den Gemeinden und den kirchlichen Mitarbeitern. Außerdem ist Stormarn mein Ursprungs-Kirchenkreis. Denn ich war elf Jahre dort Gemeindepastor. Zu Ihrer Frage: Ich fahre gern nach Stormarn.

Sie sagen: Es knirscht. In Eichede zum Beispiel. Dort muss Pastor Jochen Müller-Busse gehen. Warum?

Buhl: Er muss nicht gehen, sondern er hat mit mir darüber gesprochen, dass auch für ihn die Situation schwer geworden ist. Weil der Kirchengemeinderat und er sich an verschiedenen Punkten nicht einigen konnten. Damit hat er den Weg frei gemacht. Denn wenn er wollte - er hätte bleiben können. Ich habe mit den Beteiligten vereinbart, weitere Einzelheiten nicht nach draußen zu tragen.

Das klingt nach Abwiegeln.

Buhl: Ich kann nur sagen, dass die Auseinandersetzung in Eichede auch um die Frage nach der Aufgabe des Vorsitzenden geht. In der Nordkirchen-Verfassung ist geregelt, dass Pastorinnen und Pastoren im Vorsitz des Kirchgemeinderates vertreten sein müssen. Der Eicheder Kirchengemeinderat hat jedoch die Auffassung, dass die Ehrenamtlichen es in der Hauptsache selbst sind, die die Verantwortung tragen. Dieser Konflikt ließ sich in Eichede nicht auflösen.

Auf welcher Seite standen Sie?

Buhl: Ich habe eine Vermittlerrolle eingenommen. Wobei ich den Ehrenamtlichen schlichtweg nichts zu sagen habe. Ich bin nicht deren Vorgesetzter, sondern nur der des Pastors.

Sollte man nicht die Kirchen-Verfassung ändern, damit solche Dissonanzen künftig besser vermieden werden?

Buhl: In den vergangenen Jahrzehnten wurde an der Basis sehr stark die Pastorenkirche angefragt. Inzwischen aber, so meine Vermutung, ist das Pendel auf die andere Seite ausgeschlagen. In einigen Gemeinden gibt es sehr stark engagierte Ehrenamtliche. Und wenn die dann über eine längere Zeit die Gemeindearbeit aufrecht gehalten haben - in Eichede war die Pastorenstelle rund 20 Monate unbesetzt -, dann wollen die Ehrenamtlichen auch die wichtigsten Entscheidungen in Verwaltungsangelegenheiten treffen.

Die Gemeinde in Eichede ist wegen dieser Querelen gespalten?

Buhl: Gut, man muss genau schauen, ob der Kirchengemeinderat noch das Gespür für einen Großteil der Gemeinde hat. Deshalb lautet auch eine Aussage unserer gemeinsamen Erklärung so, dass der Rat jetzt das Gespräch mit denen suchen soll, die den Pastor per Unterschrift unterstützen.

Es werden nicht nur Strukturfragen, sondern auch zwischenmenschliche Probleme zum Streit geführt haben...

Buhl: Da stimmte die Chemie wohl nicht. Aber der Kirchengemeinderat ist gut beraten, tiefer zu schauen, damit es mit einer nächsten Person anders und besser wird. Die Stelle wird neu ausgeschrieben. Meinetwegen hätte Herr Müller-Busse nicht gehen müssen. Ich finde, er hat seine Arbeit als Pastor und Seelsorger sehr gut gemacht.

Was macht der Mann jetzt?

Buhl: Er ist ein ordentlicher Pastor.

Er geht zunächst einmal auf eine ZBV-Stelle - zur besonderen Verwendung. Im Kirchenkreis wird er zunächst im Vertretungspfarramt eingesetzt.

Nächste Baustelle: Was wird aus der Ahrensburger St. Johanneskirche, die aus Kostengründen offenbar nicht mehr zu retten ist?

Buhl: Der Sachstand ist: Es liegt dem Landeskirchenamt in Kiel ein Antrag auf Entwidmung vor. Zugleich werden wir am 30. Juni einen vorläufig letzten Gottesdienst an St. Johannes feiern. Das heißt, die Kirche wird damit herausgenommen aus dem regelmäßigen Turnus von Amtshandlungen und Gottesdiensten. Das heißt aber auch, dass die Gruppen, die sich hier etwa zum Singen versammelt haben, aufgefordert sind, die anderen Räumlichkeiten in der Ahrensburger Kirchengemeinde zu nutzen.

Der vorläufige letzte Gottesdienst - das klingt wie Abgesang.

Buhl: Das ist zwar noch kein Entwidmungsgottesdienst. Aber ich halte das für eine klare Ansage. Was sollen wir um den heißen Brei herumreden. Der Kirchengemeinderat hat diesen Beschluss gefasst. Es gibt starken Widerstand - bis hin zur Gründung eines Fördervereins.

Wann wird mit einer Entscheidung über die Zukunft der Kirche zu rechnen sein?

Buhl: Aus vergleichbaren Fällen wissen wir: Das kann sich bis zu zwei Jahre hinziehen.

Kann es auch sein, dass es diese Entscheidung gibt: Wir erhalten das Gebäude?

Buhl: Es kann sein, dass die kirchenaufsichtliche Genehmigung für eine Entwidmung versagt wird.

Damit bliebe das Gotteshaus erhalten?

Buhl: In welche Weise die Kirche bei einer Versagung der kirchenaufsichtlichen Genehmigung genutzt wird, wird dann zu klären sein. Denn selbst eine Entwidmung bedeutet ja noch nicht, dass die Kirche 'abgebrochen' werden müsste. Sie ist in einem solchen Fall lediglich aus der Nutzung als Gottesdienstraum herausgenommen.

Würde eine Spendenaktion die Johanneskirche retten?

Buhl: Wir sind gerade dabei, das früher vorhandene bezirkliche Denken in der Ahrensburger Kirchengemeinde aufzulösen und alle dazu zu bringen, Ahrensburg als eine Gesamtgemeinde zu betrachten. Diese gesamtgemeindliche Verantwortung müssten auch die tragen, die dem Förderverein Spenden geben. Das kann ich schon jetzt sagen: Spenden oder Förderbeiträge werden nicht ausschließlich für den Erhalt von St. Johannes verwendet werden. Der Kirchengemeinderat hat per Beschluss deutlich gemacht: Es geht um den Erhalt der Arbeit in der Gesamtgemeinde Ahrensburg. Geld in ein Gebäude zu stecken macht zum Beispiel dann Sinn, wenn es sich um ein außergewöhnliches Gebäude handelt - wie etwa St. Katharinen. Ich finde es toll, wenn Menschen spenden, um das strukturelle Defizit zu beheben. Ich finde es aber schwierig, wenn ein Förderverein sich ausschließlich auf einen Gebäudeteil der Gesamtgemeinde Ahrensburg konzentriert.

Unterdessen lähmt der Missbrauchsskandal das kirchliche Leben in Ahrensburg noch immer. Die Opfer sind traumatisiert. Aber auch Gemeindeglieder und Mitarbeitende ringen um ihr seelisches Gleichgewicht. Welche speziellen Hilfen gibt es für die Geistlichen?

Buhl: Wir bieten Supervisionen schon seit den ersten Tagen nach dem öffentlichen Bekanntwerden an.

Aber wer steht den Gemeindegliedern zur Seite, die an der Wirksamkeit der von den Tätern vollzogenen Amtshandlungen und Sakramente zweifeln?

Buhl: Das ist ganz problematisch. Wir haben bereits erlebt, dass Menschen daran verzweifeln können. Es ist genuine Aufgabe der Pastorinnen und Pastoren, solche Fragen mit den Gemeindemitgliedern zu besprechen.

Was wird aus dem Verfahren gegen den Ruhestandspfarrer Friedrich H.?

Buhl: Verfahren gegen Ruhestandsgeistliche liegen grundsätzlich bei der Nordkirche. Das verkündete Ende des Verfahrens durch den Vorsitzenden Richter des Kirchengerichts ist ohne die Anhörung von Zeuginnen und Zeugen, die schon geladen waren, verkündet worden. Das hat bekanntlich zu etlichen Irritationen geführt. Inzwischen ist die Kammer des Kirchengerichts zurückgetreten. Im Moment haben wir als Kirche das Problem und die Sorge, wie eine solche Kammer neu besetzt werden kann.

Gibt es mit der Neubesetzung ein neues Verfahren gegen H.?

Buhl: Ich hoffe darauf. Wenn ich mich in die Lage der Opfer hineinversetze, können sie damit keinesfalls zufrieden sein, dass dieses Verfahren eingestellt wurde. Aber das ist Sache eines unabhängigen Kirchengerichts.

Sie plädieren also für ein neues Verfahren unter einer neuen Kammer?

Buhl: Ja.