Jazzmusiker Jörg Achim Keller schreibt eigens für Ingolf Burkhardt ein Konzert, mit der Band Jazul nimmt der 49 Jahre alte Trompeter ein neues Album auf.

Hammoor. Ingolf Burkhardt sitzt an einem alten Holztisch und trinkt Schwarztee. Earl Grey. Der Platz im Esszimmer des Hammoorers gibt den Blick frei auf den Nebenraum mit Flügel, Schlagzeug und Notenblättern. Dort und in einem größeren Probenraum in seinem Bauernhaus macht der 49 Jahre alte Trompeter mit Kollegen und Freunden Musik. Zurzeit steht ein besonderes Projekt an: Der Jazzmusiker Jörg Achim Keller schreibt ein eigenes Konzert für Burkhardt.

Das 20-minütige Stück wird im Juni im Kieler Schloss uraufgeführt. "Es handelt sich um eine Auftragsproduktion des Philharmonischen Orchesters Kiel", sagt Burkhardt. Das Trompetensolo ist eines von vier Teilen des Konzerts. "Es wird ein zum Programm passendes, jazziges Stück", sagt Burkhardt, der mit dem Orchester spielen wird. "Das hat schon was."

Am 1. Mai muss Jörg Achim Keller das fertige Stück vorlegen. Was, wenn es dem Trompeter nicht gefällt? "Das wird nicht passieren", sagt Burkhardt, der den Komponisten seit mehr als 30 Jahren kennt. "Ich habe großes Vertrauen in ihn."

Zwei Tage plant der Musiker für die Probe ein. Das muss dem Profi reichen. Burkhardt ist seit 23 Jahren Mitglied der NDR Bigband, stand schon mit Stars wie Quincy Jones und Al Jarreau auf der Bühne. "Mit der Band bin ich viel herumgekommen", sagt er. Dennoch sei es wichtig, auch abseits des NDR eigene Projekte anzuschieben. "In Touch" bleiben müsse man mit der Welt da draußen, sagt Burkhardt, der häufig englische Ausdrücke in seine Sätze einfließen lässt. "Wenn man immer mal wieder neue Eindrücke erhält, spielt man auch mit voller Energie in der Band."

Burkhardts neuestes Projekt ist neben den Konzerten in Kiel das dritte Album, das er im Mai mit seiner Band Jazul aufnimmt. Die Jazzformation gründete sich 2006 im Wohnzimmer des Hammoorers. Kurz zuvor war Burkhardt mit seiner Familie in das Stormarner Dorf gezogen. In der Gemeinschaft ist er schnell angekommen. Heute setzt er sich als Mitgründer der Initiative "Ortsumgehung jetzt" für den Bau einer seit Jahrzehnten geforderten Umgehungsstraße ein.

Der Name Jazul verbindet die Worte Jazz und Soul. "Die Abkürzung fanden wir griffig", sagt Burkhardt. Damit, dass Jazul in Indonesien ein bekannter Vorname sei, habe es keine Bewandtnis.

Wenn er nach der Musik von Jazul gefragt wird, legt Burkhardt sich ungern fest: sehr groove-orientiert und tanzbar sei sie. Funk- und Soulelemente enthielten die Songs, die zum Teil mit englischen, spanischen und auch, wie er in scherzhafter Anlehnung an seine baden-württembergische Heimat sagt, mit badischen Texten unterlegt seien.

Der Stil von Jazul ist offenkundig schwer zu beschreiben. Das, sagt Burkhardt, sei genau, was Jazzmusik ausmache. "Jazz hat schon immer Einflüsse aus allen möglichen anderen Stilrichtungen aufgenommen. Deswegen wird es Jazz auch immer geben." Diese Einflüsse könnten es sein, die dazu führen, dass Jazzmusik für manche Menschen laut Burkhardt wie "unkontrolliertes Gedudel, das sich anhört wie eine brennende Zoohandlung" klinge. Dass Jazz durchaus anders klingen kann, beweisen die vier Mitglieder von Jazul ihren Zuhörern bei 20 bis 30 Auftritten im Jahr - Tendenz steigend.

Um ihr drittes Album aufzunehmen, werden die Musiker nach Schweden reisen. In dem Studio Nilento in der Nähe von Göteborg sollen die neuen Songs eingespielt werden. Ein "anderer Spirit" sei das, sagt Burkhardt, also: mal was Neues. "Das Studio ist sehr renommiert, das ist wichtig für die Vermarktung." Im Herbst soll die CD herauskommen, dann werden Jazul eine Release-Tour beginnen.

Um fit zu bleiben, spielt der 49-Jährige täglich Trompete. Er hat sich dafür eine spezielle Yoga-Atemtechnik angeeignet. "Als Trompeter ist es ganz wichtig, physisch vornan zu sein", sagt Burkhardt. Andernfalls gebe es irgendwann einen "Tritt in den Hintern".

Angefangen mit dem Trompetespielen hat der Hammoorer als Kind in seiner baden-württembergischen Heimat. Mit "groove-orientiertem Jazz" hatte das allerdings wenig zu tun. "Ich war damals Mitglied einer Blaskapelle", sagt der 49-Jährige, der auch Workshops gibt. Später hörte er Chicago und Earth, Wind & Fire. "Das waren meine Bands", sagt Burkhardt. Auch Jazul sei stark von den 1970er-Jahren beeinflusst. "Old School" sei er selbst auch in anderer Hinsicht: "Wenn ich Stücke komponiere, schreibe ich immer noch mit Bleistift auf Notenpapier, anstatt einen Computer zu benutzen."

Allerdings hat Ingolf Burkhardt auch schon mit Musikern und Produzenten zusammengearbeitet, die weit weniger traditionsbewusst sind als er selbst: Mit Dieter Bohlen genauso wie mit Chartmusikern wie Loona, Echt und Mr. President. Castingshows wie das von Bohlen bestimmte Format "Deutschland sucht den Superstar" halte er jedoch "nicht aus". Nur weil sein Freund, der Jazztrompeter Till Brönner, in der Jury von "X Factor" saß, habe er damals die Sendung verfolgt. "Es hat mich gefreut, dass jemand mit musikalischem Sachverstand dabei war", sagt Burkhardt. Davon abgesehen, sei an Shows dieser Art nur eines bemerkenswert: "Dass man von den Gewinnern grundsätzlich nie wieder hört."

Nils Landgren ist dagegen einer, von dem man in der Musikszene seit Jahren zuverlässig hört. Der europaweit erfolgreiche Jazzposaunist stammt aus Schweden und steht Burkhardt in doppelter Hinsicht zur Seite: Er ist Patenonkel von Burkhardts Sohn Emil und wird das geplante Jazul-Album produzieren. Für Burkhardt ist Landgren auch noch aus einem anderen Grund wichtig: "An einem wie Nils merkt man, dass es für Jazz immer ein großes Publikum geben wird."