57-Jährige unterrichtete an Reinfelder Grundschule. Jetzt schied sie aus. Der Verfassungsschutz kannte ihre Gesinnung.

Reinfeld. Sie unterrichtete jahrelang Heimat- und Sachkunde sowie Mathematik an der Matthias-Claudius-Schule in Reinfeld, galt als engagierte und hilfsbereite Pädagogin - und war in einem rechtsextremen Verein aktiv: Grundschullehrerin Maren P. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat die 57-Jährige Ende Januar den Schuldienst verlassen und ihre Tätigkeit als angestellte Lehrerin beendet. Dem vorausgegangen waren Gespräche zwischen ihr und dem Bildungsministerium in Kiel. Dieses hatte im September vergangenen Jahres erfahren, dass Maren P. offenbar Funktionärin einer rechtsextremen Organisation ist. Vorher waren die Aktivitäten der Lehrerin dem Ministerium und der Matthias-Claudius-Grundschule jahrelang verborgen geblieben. Auch der Verfassungsschutz hatte sie nicht darüber informiert.

Maren P. soll seit 2005 dem Vorstand des Vereins "Ferienheim Schönhagen" angehören. Hinter diesem stehen laut dem Verfassungsschutz völkisch orientierte Rechtsextreme. Die Mitglieder orientieren sich an dem Gedankengut von Erich Ludendorff (1865-1937), einem führenden deutschen General im Ersten Weltkrieg, und seiner Frau Mathilde (1877-1966). In ihren antisemitischen und rassistischen Publikationen warnten die Ludendorffs vor sogenannten "überstaatlichen Mächten". Dazu zählten sie Freimaurer, die katholische Kirche, Jesuiten und vor allem Juden. Die völkischen Ludendorff-Anhänger haben sich im vom Verfassungsschutz als antidemokratisch und rechtsextrem eingestuften "Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff)" (BfG) organisiert.

Das Landesamt für Verfassungsschutz ordnet dem BfG auch den Verein "Ferienheim Schönhagen" zu. Letzterer unterhält auf dem Osselberg in Schierensee (Kreis Rendsburg-Eckernförde) eine Immobilie für Jugendlager. Satzungsmäßige Aufgabe des Vereins ist die Durchführung von Jugendlagern mit Wanderungen, Sport, Volkstanz und Volkslied und von Erziehertagungen - und das "ausgehend von der Weltanschauung und Gotterkenntnis Mathilde Ludendorffs".

Bereits 1998 hatte das Schulamt Schleswig-Flensburg nach Recherchen der Frankfurter Rundschau vor Schierensee gewarnt: "Der Aufenthalt von Schulklassen in diesem Ferienheim ist mit den Bildungs- und Erziehungszielen der Schule nicht vereinbar."

Das Kieler Bildungsministerium war im September 2012 durch Presseanfragen auf die Lehrerin aufmerksam geworden. Ministeriumssprecher Thomas Schunck sagt: "Wir haben beim Verfassungsschutz nachgefragt, und der hatte Erkenntnisse über die Frau." In Gesprächen mit der 57-Jährigen habe sie dann von sich aus erklärt, ihren Vertrag als angestellte Lehrerin kündigen zu wollen.

An ihrer Arbeit in der Schule gab es offenbar nichts auszusetzen. "Uns liegen keine Beschwerden von Eltern vor", sagt Thomas Schunck. "Sie galt als prächtige Lehrerin."

Dem Verfassungsschutz ist die Frau schon seit 2007 bekannt - wegen ihrer Funktion im Vorstand des Vereins "Ferienheim Schönhagen". Dieser wird als extremistisch bewertet, seine Zielsetzung gilt als verfassungsfeindlich. Der Verein spielt jedoch nach Einschätzung des Verfassungsschutzes nur eine untergeordnete Rolle im Rechtsextremismus. "Diese Gruppierungen sind in der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden nicht priorisiert, da insbesondere nicht zu erkennen war oder ist, dass gewalttätige Handlungen von diesen Gruppierungen ausgehen", sagt Thomas Giebeler, Sprecher des Kieler Innenministeriums. Eine regelmäßige Überprüfung der beruflichen Hintergründe gehöre nicht zu den Standardmaßnahmen bei nicht priorisierten Personen oder Vereinigungen und wäre auch nicht verhältnismäßig. Die rechtlichen Vorgaben seien "relativ eng begrenzt".

Mit anderen Worten: Der Verfassungsschutz hat nicht gewusst, dass die 57-Jährige als Lehrerin tätig war - und hat deshalb auch niemanden darüber informieren können. Und so konnte im Bildungsministerium auch niemand etwas wissen von den Aktivitäten der Lehrerin. Auch der Leiter der Reinfelder Matthias-Claudius-Grundschule, Stefan Beeg, war "geschockt", als er von dem rechtsextremen Engagement von Maren P. erfuhr. "Es gab keine Hinweise oder Anzeichen dafür", sagte er am Dienstag dem Abendblatt.

Beeg selbst wurde nach eigenen Angaben im November 2012 durch Presseanfragen auf den politischen Hintergrund der Lehrerin aufmerksam gemacht. "Ich habe sofort die Schulaufsicht und das Bildungsministerium informiert", so der Schulleiter. Man habe unverzüglich nach einer Lösung gesucht. "Wir haben sofort veranlasst, dass Frau P. keinen Fuß mehr in die Schule setzt", sagt Beeg.

Die Frau war acht Jahre an der Grundschule tätig. Ihren Schülern sei nur gesagt worden, dass die Lehrerin nicht mehr kommen könne. Ähnlich wurden die Eltern informiert. Die wahren Gründe für den Weggang hielt die Schule bewusst geheim. "Dazu haben wir uns aus pädagogischen Gründen entschlossen. Eine Grundschule ist ein hochsensibler Bereich, wir wollten keine Unruhe und Verwirrung bei den Kindern stiften", sagt Stefan Beeg.

Über die Hintergründe wurden lediglich die Vorsitzende des Schulelternbeirats und ihr Stellvertreter informiert. "Mit ihnen hatten wir Stillschweigen vereinbart", sagt Beeg. Er kündigt an, dass die Grundschule nun den ganzen Vorgang um Maren P. allen Eltern bekannt machen werde.

Die Lehrerin selbst wollte sich zu den Vorwürfen gegen sie nicht äußern. "Sie will und wird in den nächsten Tagen keine Stellungnahme abgeben", sagte eine Familienangehörige von ihr am Telefon dem Abendblatt.