Interims-Bürgermeister Hans-Joachim Vorbeck ist nach Martina Deneckes Suspendierung als Problemlöser gefordert.

Oststeinbek. Von außen sieht das Oststeinbeker Rathaus aus wie immer. Doch hat der Besucher die Eingangstür hinter sich gelassen, spürt er: Vieles hat sich geändert. "Die Atmosphäre hat sich seit der Suspendierung total verbessert", sagt eine Mitarbeiterin. Sie möchte nicht beim Namen genannt werden: Martina Denecke, die zurzeit suspendierte Bürgermeisterin, könnte ja am 11. März zurückkehren, falls sie tags zuvor von den Bürgern nicht abgewählt werden sollte. "Doch trotz dieses Damoklesschwertes sind jetzt alle entspannter."

Fast einen Monat ist es her, dass Hans-Joachim Vorbeck (CDU) in seiner Funktion als stellvertretender Bürgermeister Oststeinbeks die Amtsgeschäfte der Verwaltungschefin übernommen hat. Ehrenamtlich.

Am 13. Dezember hatten alle Gemeindevertreter in einer Sondersitzung einstimmig dafür gestimmt, ein Abwahlverfahren gegen die amtierende Verwaltungschefin Denecke einzuleiten. Ebenfalls einstimmig war kurz darauf die Entscheidung ausgefallen, die Bürgermeisterin mit sofortiger Wirkung zu suspendieren.

Grund für diese drastischen Maßnahmen war der Vertrauensverlust der Kommunalpolitiker gegenüber ihrer Bürgermeisterin. Auch ein Teil der Bürger hatte zuerst mit Unverständnis, später dann mit einer Unterschriftensammlung gegen den Führungsstil Martina Deneckes reagiert. Das Gemeindeprüfungsamt des Kreises Stormarn war in einem Bericht ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass "eine stetige ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung" nicht gewährleistet sei. Als Ursachen hatten die Prüfer "Probleme im Personalbereich und zum anderen strukturelle Mängel im Verwaltungsaufbau und -ablauf" benannt.

Probleme, die der 66-jährige Vorbeck jetzt anpacken muss: "Meine Hauptaufgabe ist, den Mitarbeitern im Rathaus die Sicherheit zu geben, miteinander zu reden, wieder kreativ zu sein. Das Vertrauen untereinander wieder herzustellen." Als ersten Schritt hat er die Kompetenz und Verantwortung der Fachbereichsleiter gestärkt. "Bei Frau Denecke durften die Fachbereichsleiter nicht als Experten an den Ausschusssitzungen teilnehmen", so Vorbeck. Dies habe er sofort rückgängig gemacht, denn "kein Bürgermeister kann alles wissen". Durch diese Maßnahme könnten Anfragen der Gemeindevertreter in Sitzungen schneller und effizienter beantwortet werden.

Dies gilt aber nicht nur für Ausschusssitzungen: Generell dürfen die Fachbereichsleiter nun auch wieder Anfragen von Gemeindevertretern und Bürgern zu ihren Themengebieten beantworten. Im Bereich Personalmanagement wurde den fünf Führungspersonen sogar mehr Kompetenz zugesprochen. Sie sind jetzt eigenständig für die Urlaubsplanung und den Überstundenabbau ihrer Mitarbeiter verantwortlich.

Doch dies waren nur die ersten Schritte. "Wir arbeiten gerade an einer neuen Struktur für die Verwaltung", sagt Vorbeck. Die bisherige sei nicht mehr zweckmäßig. Mit der Umstrukturierung würden "viele Kritikpunkte aus dem Prüfbericht behoben". Im Februar soll dem Hauptausschuss ein erster Entwurf präsentiert werden. Mögliche Veränderungen: Anpassungen der Stellenbeschreibungen an die tatsächlichen Tätigkeiten der Mitarbeiter, Neuregelung der Vertretung im Krankheitsfall oder bei Urlaub und mögliche Kooperationen mit anderen Kommunen.

"Aber unser Standesamt bleibt in Oststeinbek", sagt Vorbeck. Eine Kooperation wie zwischen Glinde und Reinbek stehe nicht zur Debatte. "Bürgernahe Anliegen wie die 47 Trauungen 2012 bleiben im Rathaus."

Vorbeck schwebt eher eine Kooperation beim Datenschutz vor. Beim Thema IT kann sich der Interims-Bürgermeister sogar einen externen Dienstleiter vorstellen. Ein weiteres Aufgabenfeld ist die Personalpolitik. Seit der Suspendierung sind von den vorher fünf dauerhaft erkrankten Mitarbeitern zwei bereits wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt. Ein weiterer Kollege soll am 23. Januar wieder seinen Dienst antreten. "Natürlich nicht gleich in Vollzeit", sagt Vorbeck. Die Eingliederung erfolgt über das sogenannte Hamburger Modell mit einer stufenweise steigenden Arbeitszeit. "Aber ich überlasse die Entscheidung über die Geschwindigkeit des Wiedereintritts in die Arbeitswelt den Mitarbeitern selbst", sagt Vorbeck. Wer sich schneller einarbeiten möchte, könne dies gern tun. Wer sich einen Tag mal nicht so gut fühlt, solle lieber pausieren.

Ein weiteres Anliegen sind dem Interims-Bürgermeister die beiden Kündigungen langjähriger Mitarbeiter während der Amtszeit Martina Deneckes. "Bei einer Kollegin ist es sicher, dass sie nicht mehr wiederkommen wird", sagt Vorbeck. Das habe aber persönliche Gründe. Mit der anderen Kollegin sei er "in Gesprächen, ob sie zurückkehrt".

Ist das Oststeinbeker Rathaus nun zu einer Oase der Glückseligkeit geworden? "Nein", sagt Vorbeck, "das Ziel ist, eine funktionierende Verwaltung zu etablieren." Dies sei nur möglich in einer Atmosphäre, in der sich die Mitarbeiter untereinander vertrauen. Trotzdem sei das Rathaus eine Behörde, und es sei selbstverständlich, dass es auch dort mal unterschiedliche Meinungen über Fachthemen gebe. "Eine gesunde Streitkultur hat noch keinem geschadet", meint Hans-Joachim Vorbeck.

Und jetzt darf auch die Geschirrspülmaschine des Rathauses nach Bedarf und nicht wie bisher nur einmal pro Woche eingeschaltet werden.