Streit um das Disziplinarverfahren gegen Ruhestandsgeistlichen geht weiter. Anwalt bezeichnet Befangenheitsgesuche als unzulässig.

Ahrensburg. Der Streit um das Disziplinarverfahren gegen den Ahrensburger Ruhestandsgeistlichen Friedrich Hasselmann geht weiter. Dessen Anwalt, der Ahrensburger Jurist Prof. Heinz Wagner, hat in einem umfassenden Schriftsatz zu den Anträgen des Landeskirchenamtes Stellung genommen. Er hält - im Gegensatz zu den Vertretern der Kirche - die Einstellung des Verfahrens für möglich. Gleichzeitig bezeichnet er die Befangenheitsgesuche gegen die Richter der Disziplinarkammer als unzulässig.

Zum Hintergrund: Das Landeskirchenamt wirft Hasselmann schwerwiegende Amtspflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal um den ehemaligen Ahrensburger Pastor Dieter K. vor. Der hatte gestanden, in den 80er-Jahren Jugendliche missbraucht zu haben.

Hasselmann hat vorm Kirchengericht eingeräumt, Anfang der 80er-Jahre Beziehungen zu zwei jungen Frauen unterhalten zu haben. Von den Missbräuchen in der Familie des Pastors K. habe er, so sein Anwalt Wagner, glaubhaft erst Mitte der 90er-Jahre erfahren.

Die Leitung der damals noch Nordelbischen Kirche hatte im November 2011 beschlossen, Hasselmann wegen "schwerwiegender Amtspflichtverletzungen" von der Disziplinarkammer des Kirchengerichts aus dem Dienst entfernen zu lassen. Doch das Gericht folgte dem nicht und stellte das Verfahren nach der Befragung Hasselmanns ein. Zeugen wurden nicht gehört. In der Begründung hieß es unter anderem, dass die Taten mehrere Jahrzehnte zurückliegen und eine Enthebung aus dem Dienst mit dem Verlust der Pensionsansprüche zu hart sei. Gegen die Einstellung hat das Landeskirchenamt Rechtsmittel eingelegt und zudem beantragt, die Richter wegen "Besorgnis der Befangenheit" abzulehnen.

Dagegen wendet sich nun Heinz Wagner als Verteidiger. Kernpunkte seiner Argumentation sind vor allem formaljuristischer Art. So bezieht er sich auf Verfahrensvorschriften des Disziplinargesetzes der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD) und schließt daraus, dass eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss des Vorsitzenden Richters zu diesem Zeitpunkt, also auch nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung, durchaus zulässig sei.

Die Kirche ist anderer Auffassung. Frank Zabel, Sprecher der Nordkirche, sagt: "Eine Einstellungsbestimmung aus dem Vorverfahren ist nach Eröffnung des mündlichen Verfahrens nicht mehr anzuwenden. Wenn dieses begonnen hat, sind alle vorgesehenen Verfahrensschritte durchzuführen. Dazu gehört die Beweisaufnahme, also auch die Anhörung der Zeugen. Am Ende muss in jedem Fall durch ein Urteil entschieden werden, wogegen dann auch eine Berufung zulässig ist." Zabel fügt aber hinzu: "Ich kenne das Schreiben des Anwalts nocht nicht und kann daher dazu nicht detailliert Stellung nehmen. Aber es kann auch nicht überraschen, dass Herr Wagner eine andere Rechtsauffassung hat als das Landeskirchenamt."

Den Befangenheitsantrag der Kirche begründet Zabel folgendermaßen: "Die Mitglieder der Kammer haben den Vorsitzenden bei seiner unzulässigen Entscheidung beraten und zum Ausdruck gebracht, seine Bewertung zu teilen. Daher ist von einer unbefangenen Befassung derselben Kammer-Besetzung mit dem jetzt eingelegten Rechtsmittel nicht auszugehen."

Heinz Wagner wirft dem Kirchenamt weiterhin vor, dass es ihm nur um die "Beruhigung einer angeblich verstörten Öffentlichkeit" gehe. Mit ähnlicher Argumentation hält er das Befangenheitsgesuch gegen die Richter für unzulässig und unbegründet. "Es ist viel Dampf gemacht worden gegen das Kirchenamt und -gericht", sagt Wagner. "Durch die Ablehnung der Richter soll das Verfahren nur verschleppt werden." Zudem hätte das Kirchenamt den Antrag unverzüglich nach der Verhandlung am 20. November stellen müssen.

Wer Recht bekommt, entscheidet jetzt eine unabhängige Kammer. Diese muss über das Befangenheitsgesuch des Kirchenamtes entscheiden. Kommen die Richter zu dem Ergebnis, dass dieses begründet ist, würde das Verfahren mit anderen Richtern neu eröffnet. Lehnt sie den Antrag ab, wird die Entstellung des Verfahrens rechtskräftig.