Kreis verzeichnet die meisten Delikte im Land und liegt auch bundesweit vorne. Er ist aber das Schlusslicht bei Aufklärungsquote.

Ahrensburg. Es ist eine Horrorvorstellung: Man kommt abends von der Arbeit nach Hause und stellt fest, dass die Wohnungstür aufgebrochen wurde. Schränke und Schubladen sind durchwühlt, Geld, Schmuck und ein Laptop fehlen: Einbrecher am Werk.

In Stormarn treiben diese Kriminellen besonders häufig ihr Unwesen. Dort gab es nach den Zahlen des Landeskriminalamtes (LKA) in Kiel im vergangenen Jahr 866 Einbrüche in Wohnungen und Häuser. Damit liegt der Kreis im Land an der Spitze, vor den Kreisen Pinneberg (779) und Rendsburg-Eckernförde (756) sowie der Landeshauptstadt Kiel (740). Mehr noch: Stormarn gehört sogar bundesweit zu den zehn Regionen mit den meisten Einbrüchen. Auf 100.000 Einwohner gerechnet gab es hier 377 Taten. In Hamburg waren es nur 363. Spitzenreiter ist Bremerhaven mit 576 Delikten.

In diesem Jahr gab es nach Auskunft der zuständigen Polizeidirektion Ratzeburg in Stormarn von Januar bis einschließlich Juni bereits 507 Einbrüche. Im Vergleichszeitraum 2011 waren es 458 Taten. Dieser Anstieg setzt einen Trend fort: In ganz Schleswig-Holstein wird seit Jahren immer öfter eingebrochen. Waren es im Jahr 2007 landesweit noch 5589 Wohnungseinbrüche, so erhöhte sich die Zahl bis 2011 auf 7318. "Für dieses Jahr ist die Tendenz steigend, es sieht danach aus, dass die Zahl der Einbrüche von 2011 übertroffen wird", sagt Heike Bredfeldt-Lüth, Sprecherin des LKA in Kiel und macht wenig Hoffnung auf eine Besserung der Lage.

Ein Grund für ihre Prognose ist, dass die "dunkle Jahreszeit" von Oktober bis März gerade erst beginnt. Dann schlagen Einbrecher besonders gerne zu, da sie im Dunkeln besser "arbeiten" und leichter erkennen können, ob jemand zu Hause ist.

Doch warum ist der Kreis Stormarn so beliebt bei Einbrechern? "Es handelt sich um einen finanzstarken Kreis mit überdurchschnittlichem Einkommen und auffällig gehobenem Eigentum", nennt Holger Meier, Sprecher der Polizeidirektion Ratzeburg, als einen Grund. Zudem habe der Kreis eine sehr gute Infrastruktur vor allem durch die Autobahnen und den öffentlichen Nahverkehr. "Die Täter sind schnell am Tatort und können ihn auch schnell wieder verlassen", so Meier. Und schließlich seien viele Gebäude so gut gesichert, dass es sich bei einem Drittel der Taten um bloße Versuche handele. "Die Täter gehen nach missglückten Einbrüchen weitere Objekte an, um Erfolg zu haben", sagt Holger Meier. Auch dadurch steige die Zahl der Einbrüche.

Was die Verteilung auf Städte und Gemeinden betrifft, so wurden die meisten Einbrüche im vergangenen Jahr mit 147 Fällen in Ahrensburg verübt, gefolgt von Barsbüttel (93), Reinbek (92) und Glinde (75). Schwerpunkte ist also das Umland von Hamburg. Dies spiegelt sich auch bei der Gesamtzahl der Wohnungseinbrüche im Land wieder. "Ein Drittel aller Taten geschieht im Randgebiet von Hamburg", sagt LKA-Sprecherin Heike Bredfeldt-Lüth.

Haupttatzeit ist zwischen sechs Uhr morgens und 21 Uhr. Die Täter kommen sowohl aus der Region als auch aus anderen Teilen Deutschlands. Letztere reisen häufig umher und suchen eine Gegend nach der anderen heim. Vielfach werden Häuser und Wohnungen eine Zeit lang ausspioniert. Gestohlen werden vor allem Bargeld, Schmuck und elektronische Geräte wie Laptops, Kameras und Handys.

Aufgeklärt wurden in Stormarn im vergangenen Jahr 7,6 Prozent aller bekannt gewordenen Taten, damit ist der Kreis mit Segeberg (ebenfalls 7,6 Prozent) das Schusslicht im Land. Am besten ist die Aufklärungsquote mit 25,4 Prozent im Kreis Ostholstein, in ganz Schleswig-Holstein liegt sie bei 12,6 Prozent. Innerhalb Stormarns war die Quote im Jahr 2011 am besten in Reinfeld mit 20 Prozent vor Bad Oldesloe mit 17,7 Prozent. In Ahrensburg betrug sie zwei Prozent. Schlusslicht war Trittau, wo im vergangenen Jahr keine der sechs bekannt gewordenen Taten aufgeklärt werden konnte.

"Wir versuchen durch intensive Ermittlungsarbeit und eine verstärkte Präsenz an den Schwerpunkten die Einbruchskriminalität zu bekämpfen", sagt Polizeisprecher Holger Meier. Daneben setzt die Polizei auf Prävention. So erhalten Bürger Hilfe, um ihre Häuser und Wohnungen gegen Einbrecher wirksam zu schützen. "Wir haben eine Liste von Firmen, deren Mitarbeiter von uns geschult werden und an die sich die Bürger wenden können", sagt Gerd Dietel, Leiter des Sachgebietes Prävention in Ratzeburg. "Die Firmen geben Ratschläge, welche Sicherungen nützlich sind und können diese auch einbauen." Die Liste ist im Internet unter www.polizei.schleswig-holstein.de unter "Vorbeugung und Beratung" und "Einbruchschutz" zu finden.

Wichtig ist es, einen mechanischen Grundschutz für Türen und Fenster zu schaffen, bevor man elektronische Sicherungen installiert. "Dieser Schutz muss einheitlich sein", sagt Gerd Dietel. "Es bringt nichts, die Haustür zu sichern und die Kellertür nicht". Ziel müsse es sein, das Eindringen des Täters zu erschweren. "In 80 Prozent der Fälle geben Einbrecher nach sieben Minuten auf, wenn sie keinen Erfolg haben", sagt Dietel. Dies zu erreichen sei auch deshalb wichtig, weil Einbruchsopfer oft auch mit den psychischen Folgen der Tat zu kämpfen haben. "Sie leiden darunter, dass eine fremde Person in der Wohnung oder im Haus war und ihre Intimsphäre verletzt wurde."