Zahl der Skimming-Fälle steigt drastisch an. In Stormarn schlugen Betrüger an Automaten in Ahrensburg, Bargteheide und Reinbek zu.

Ahrensburg. Es ist der moderne Bankraub : Kriminelle spähen an Geldautomaten die Kontodaten von Bankkunden aus und plündern anschließend die Konten ihrer Opfer. Skimming heißt diese Methode, mit der Betrüger bundesweit jährlich mehrere Millionen Euro erbeuten. In Stormarn wurden im vergangenen Jahr nach Erkenntnissen der Polizei drei Geldautomaten manipuliert: zwei in Ahrensburg und einer in Reinbek. Dieses Jahr war in Bargteheide an einem Gerät die sogenannte Skimming-Technik montiert worden. Bundes- und landesweit steigen seit dem Jahr 2001 die Zahlen der Spähangriffe drastisch an.

Minikameras wurden jetzt auch an der Sichtschutzblende entdeckt

Im ersten Halbjahr 2010 hat die Polizei mehr Fälle registriert als im gesamten Jahr 2009. In Schleswig-Holstein waren im Vorjahr 37 Geldautomaten manipuliert worden. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres waren es schon 46. Bundesweit ist der gleiche Trend zu erkennen. Von Januar bis Juni dieses Jahres wurden 1073 Geldautomaten manipuliert. Dabei kamen die Täter an die Daten von 1927 Kontoinhabern. Im gesamten Jahr 2009 waren 2058 Bankkunden ausspioniert worden.

In Schleswig-Holstein schlugen die Verbrecher bisher insbesondere an Geldautomaten in Lübeck, Kiel und Pinneberg zu. "Die Täter gehen sehr professionell vor", sagt Stefan Jung, Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) in Kiel: "Es sind gut strukturierte Banden, in denen jeder eine bestimmte Aufgabe hat."

Die Betrüger montieren entweder am Kartenschlitz an der Eingangstür oder direkt am Geldautomaten einen Aufsatz. "Dieses Gerät kopiert die Kontodaten vom Magnetstreifen auf der EC-Karte", sagt Jung. Um an die persönliche Identifikationsnummer (PIN) zu gelangen, bringen die Täter entweder Minikameras an oder legen ein sogenanntes PIN-Pad auf die Tastatur. Die Attrappe sieht genauso aus wie das Eingabefeld des Geldautomaten. Tippt der Bankkunde seinen PIN ein, werden auch die Tasten unter der Nachbildung gedrückt, sodass der Datendiebstahl nicht bemerkt wird. Das PIN-Pad speichert die Nummer.

"Die Minikameras werden entweder in der Schutzblende über der Tastatur, an einem Prospektständer oder sogar am Rauchmelder montiert", sagt der LKA-Sprecher. Das Bundeskriminalamt in Wiesbaden stellte dieses Jahr sogar erstmals fest, dass in der Sichtschutzblende, die um das Tastfeld angebracht ist, Minikameras eingebaut worden waren.

Haben die Betrüger genug Daten gesammelt, bauen sie die Skimming-Elemente wieder ab, auf denen die wertvollen Informationen gespeichert sind. "Die kopierten Kontodaten eines Bankkunden werden anschließend auf Kartenrohlinge übertragen", sagt Stefan Jung. Mit der passenden PIN-Nummer können die Betrüger dann Geld vom Konto der Opfer abheben. "Dies ist jedoch nur im Ausland möglich, da in Deutschland beim Geldabheben auch immer auf den fälschungssicheren Chip zugegriffen wird", sagt Jung. Die Ermittler beobachten, dass insbesondere in Rumänien Geld von den Konten der Skimming-Opfer abgehoben wird. "Dies passiert in der Regel schon wenige Tage nach dem Datenraub in Deutschland", sagt Jung.

Im März dieses Jahres konnten die Fahnder der Polizei zwei Rumänen in Kappeln (Kreis Schleswig-Flensburg) auf frischer Tat ertappen. Als die Männer die Skimming-Elemente abholen wollten, klickten die Handschellen. Ein Ermittlungserfolg, den die Polizei insbesondere aufmerksamen Kunden zu verdanken hat. "Die Menschen sind viel vorsichtiger beim Geldabheben geworden und kontrollieren auch mal, ob alles am Automaten stimmt", sagt Jung.

Und auch die Banken rüsten im Kampf gegen Skimming-Attacken auf. "Alle unsere Geräte werden derzeit mit Antiskimming-Modulen ausgerüstet", sagt Dagmar Baier, Sprecherin der Commerzbank. Diese Schutzvorrichtung soll das Anbringen der Spionagegeräte verhindern. Bei der Sparkasse Holstein werden alle Automaten regelmäßig beim Befüllen kontrolliert, sagt Pressesprecher Volker Schinkewitz.

Banken ersetzen in der Regel den Schaden ihrer Kunden

Kunden, die Opfer eines Spähangriffs geworden sind, bekommen in der Regel den Schaden von der Bank ersetzt. "Kunden der Commerzbank entsteht kein Schaden. Die Bank ist gegen solche Fälle versichert. Sollte es zu einem Skimming-Schadensfall kommen, ersetzt die Bank Kundeneinlagen schnellstmöglich und zu 100 Prozent", sagt Dagmar Baier.

Aber auch wenn Kunden aufmerksamer sind und Banken ihre Automaten besser sichern, gibt es laut BKA-Präsident Jörg Zierke nur eine Chance, Skimming zu verhindern: Alle Karten müssten von der Magnetstreifen- auf die fälschungssichere Chiptechnologie umgerüstet werden.