Reisebüros, Hallenbäder und Fitnessstudios freuen sich über eine gute Saison mit hohen Umsätze. Aber im Sommer 2012 gibt es auch Verlierer.

Ahrensburg. Im Sommer 2012 leiden Menschen und Schmetterlinge gleichermaßen: Der Regen ist ein Problem. Meteorologen haben zwar bislang nicht mehr Niederschlag gemessen als im Frühsommer 2011. Aber wenn es regnet, was scheinbar seit Wochen mehrmals täglich passiert, dann sind die Tropfen oft so groß, dass sie bei Menschen zu Verärgerung und bei Schmetterlingen zu Flugunfällen führen können. Deshalb suchen beide Spezies Schutz unter Rettungsschirmen wie Dächern oder Blättern.

Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied: Während unter den Schmetterlingen fast ausschließlich Verlierer sind, gibt es unter den Menschen auch Gewinner des Regensommers. Einer von ihnen heißt Sven Ruge vom gleichnamigen Croque-Shop in Ahrensburg. Er sagt: "Für mich ist so ein Sommer perfekt. Bei dem Regen bestellen die Leute lieber." Warum? Niemand grillt bei diesem Wetter. Das beklagt Manfred Ruckinski vom Hagebaumarkt in Ahrensburg. "Wir verkaufen weniger Holzkohle", sagt er. "Auch Kühltaschen, Zelte, Gartenmöbel und Pools will bei dem Wetter niemand haben."

Die Menschen gehen stattdessen lieber ins Hallenbad. "Wir freuen uns über eine volle Hütte, von mir aus kann es noch zwei Wochen so weiter regnen", sagt Florian Arlitt vom Badlantic in Ahrensburg. "Im Vergleich zum vergangenen Jahr hatten wir seit Saisonbeginn rund 1000 Badegäste mehr. Den Frust bringen die Leute in die Eingangshalle mit, aber spätestens, wenn sie ihre Badehosen anhaben, ist die schlechte Laune vergessen." Eine wahre Sommerdepression herrscht in den Freibädern. "Wir haben am Poggensee so gut wie keine Badegäste", sagt Marion Dohse von den Stadtwerken Bad Oldesloe. Ebenso in Bargteheide. "Die Besucherzahlen sind katastrophal", sagt Detlef Müller von der Stadtverwaltung.

Ein viel dramatischeres Pool-Problem lässt sich wieder beim Blick auf die Tierwelt finden: "Wenn es so viel regnet, können Storchenjunge in ihren Nestern absaufen", sagt Andreas Hack vom Naturschutzbund (Nabu) Bad Oldesloe. "Teils sind die Nester wie Badewannen, die Jungen liegen im Wasser und gehen ein", erklärt er. "In Stormarn kümmern wir uns um die Nester, wir tauschen hin und wieder das sehr feste Nistmaterial aus, etwa durch Reisig und Holzschnitze. Das macht sie durchlässiger." Deshalb sei dieses Problem in Stormarn nicht ganz so groß. Aber im Kreis Schleswig-Flensburg sei etwa ein Drittel der geschlüpften Störche bereits gestorben - unter anderem ertrunken, aber auch durch Schimmelpilze verendet, die sich wegen der Feuchtigkeit in den Nestern bilden.

Glücklich kann sich schätzen, wer ein Nest im Trockenen hat - oder den Wunsch nach gebildeteren Mitmenschen. Thomas Patzner von der Stadtbücherei Ahrensburg meldet 100 Besucher pro Stunde, viele kommen und lesen im Gebäude. Wie Sarah Vaupel, die Fachliteratur über Schildkröten ausleiht (tropische Arten richten ihre Paarung unter anderem nach Regenzeiten). Und im Schloss Ahrensburg ist man dankbar für das Schietwetter, denn das Mehr an Besuchern fängt die Umsatzeinbußen durch Bauarbeiten auf.

Davon, dass die Stormarner in diesem Sommer weniger zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind als sonst, profitiert eine andere Branche. "Regenwetter ist Taxiwetter", sagt Rosemarie Ploog von Taxi Klatt aus Bargteheide. "Das ist das einzig Gute am Regen." Viele Menschen fahren zum Flughafen, fliegen von dort in die Sonne. So wie einige Storchenarten das sicher auch geplant hatten, als sie von ihren Winterquartieren in Afrika aufbrachen. Reisebüros von Ahrensburg über Reinbek bis nach Bargteheide und Bad Oldesloe verzeichnen einen Anstieg bei den Buchungen. "Wir profitieren in jedem Fall. Die Leute buchen alles was geht. Hauptsache weg", sagt die Mitarbeiterin eines Reisebüros. Auch Sonnenstudios zählen zu den Gewinnern des miesen Wetters. Viele melden einen Anstieg der Besucherzahlen.

Übrigens: Sollte der Sommer im kommenden Jahr besser sein, können Urlauber sich auf viele Stormarner mit idealer Strandfigur freuen, denn Fitnessstudios sind besser besucht als sonst. "In unserem Fitnessstudio sind Kurse besetzt, die im Sommer sonst weniger gefragt sind. Statt ein Eis zu essen, wollen die Leute etwas für ihren Körper tun", sagt Franka Arndt vom Ahrensburger Parador. "In diesem Sommer werden deutlich mehr Mitgliedschaften abgeschlossen."