In vielen Städten und Kommunen mangelt es an flexibler Kinderbetreuung. Barsbüttel macht da eine willkommene Ausnahme.

Barsbüttel. Für viele berufstätige Eltern beginnt der Start in das neue Schuljahr mit einer Zitterpartie: Bekommen sie keinen Hortplatz fürs Kind, ist der Job in Gefahr. Doch Hort- oder Krippenplätze sind rar. Viele Kommunen haben erst jetzt die Notwendigkeit zum Ausbau ihrer Kitas erkannt. Barsbüttel ist deutlich weiter. Die Gemeinde bietet ausreichend Plätze an, was einem intensiven Dialog mit den Eltern zu verdanken ist. Deren Mitsprache war im Ausschuss für Schule, Kultur und Soziales immer erwünscht. Das bescherte dem Gremium von Kollegen anfangs spöttisch den Ruf eines Wünsch-Dir-Was-Ausschusses. Heute gehören Elternbefragungen zum Standard in der Gemeinde. "Wir haben rechtzeitig gehandelt und Probleme nicht erst eskalieren lassen.", sagt Bürgermeister Thomas Schreitmüller. Das frühe Agieren habe der Kommune auch geholfen, die Fördermittel für die Investitionen in Kinderbetreuung auszuschöpfen.

Barsbüttels Erfolgsgeheimnis ist bunt. Mit den Ampelfarben grün, gelb und rot fing vor 14 Jahren alles an. Weil es zu wenig Hortplätze gab, gründeten Grundschuleltern 1997 einen privaten Hort. Zwölf Kinder und zwei Betreuerinnen fanden Platz im Jugendzentrum AKKU. Weil die Kinder dafür eine Ampel überqueren mussten, nannten sie die Gruppe Ampelmännchen. Der Name blieb, auch als die Hortkinder später Einzug in die Räume der Grundschule hielten. Das Modell fand schnell Nachahmer: 1999 gründeten Eltern an der Grundschule Willinghusen ebenfalls eine Schulkindergruppe, die Wühlmäuse. Die beiden Vereine - bei den Ampelmännchen ist der Schulverein Träger, die Wühlmäuse sind eigenständig - betreuen heute fast alle Hortkinder der Gemeinde. Es gibt nur noch zwei gemeindeeigene Gruppen. Die Ampelmännchen versorgen dafür ab Herbst 140 Kinder.

Die drei Ampelfarben reichen für die Namensgebung längst nicht mehr aus. Jetzt gibt es auch eine blaue, eine orange und eine lilafarbene Gruppe. Auch die Wühlmäuse haben Nachwuchs bekommen: 65 Kinder werden im nächsten Schuljahr von neun Mitarbeitern betreut. Neu eingestiegen ist die ehemalige Schulleiterin Monika Kroll. Die Gemeinde investiert aktuell 10 000 Euro in eine größere Essecke für die Kinder. 2009 nahm Barsbüttel für die Ampelmännchen 80 000 Euro in die Hand und baute für sie einen Pavillon auf dem Schulhof aus. "Aufgrund der Anmeldungen brauchen wir jetzt wieder einen Raum mehr, um die Gruppenstärke bei 20 Kindern zu halten", sagt Leiterin Regina Meyer-Brookman.

Was besser für die Kinder ist, der Gemeindehort oder das private Angebot, wurde lange und teils erbittert diskutiert. Ein Teil der Eltern wünschte sich eine gemeindliche Betreuung, lehnte die privaten Horte ab. Wer sein Kind jedoch dort unterbrachte, wurde schnell zum Fan. Vor allem die flexiblen Betreuungszeiten machten die Horte begehrt. "Man kann auch mal einen Tag dazu buchen.", sagt Birgit Meyer. Die Barsbüttelerin ließ erst ihre Große hier betreuen, jetzt ist Schwester Annika bei den Ampelmännchen. Auch die Kinder ihrer Schwester sind dort. "Die sind alle sehr engagiert hier", sagt die Bankkauffrau. Die Gemeinde unterstützte die privaten Horte, schloss mit ihnen eine Finanzierungsvereinbarung, die es ihnen ermöglichte, ihr Angebot an gemeindlichen Standards anzupassen. Die Ampelmännchen bekommen im Jahr 140 000 Euro, die Wühlmäuse bekommen 60 600 Euro - als Zuschuss für Miete, Personal, Öffnungszeiten und Sozialstaffel. Voraussetzung dafür sind ganztägige Öffnungszeiten, Ferienbetreuung und pädagogisch ausgebildete Mitarbeiter. "Die Kinder sind es uns wert", sagt Bürgermeister Thomas Schreitmüller. Beide Vereine haben inzwischen auch die Betreuung der Ergänzungszeiten an den Grundschulen übernommen, die so zur verlässlichen Halbtagsschule wurden.

Bei den Ampelmännchen war das pädagogische Personal von Anfang an vorhanden. Die Gründerin und Leiterin Regina Meyer-Brookman ist selbst Gymnasiallehrerin. Mit den Aufgaben und der Zahl der Kinder wuchs ihr Personal auf 13 Betreuerinnen. Ab Herbst werden es 15 sein. Sie sind Lehrerinnen oder Erzieherinnen, auch eine Ergotherapeutin und eine Psychologin sind dabei, und ein Lehramtsstudent als Quotenmann. Die Mitarbeiter sind treu. "Von denen, die hier angefangen haben, hat noch keiner aufgehört", sagt sie. Der Verein verstehe sich als Zwischenstation zwischen Schule und Elternhaus. "Wir machen Betreuung mit Herz und Verstand", sagt Meyer-Brookman.

Die Kindern können auf dem Schulhof toben, malen oder basteln, über ihre Probleme reden, Hausaufgaben machen und hier essen. Betreut werden die Kinder in der Regel zwischen 6.30 und 17 Uhr, auch in den Ferien. Zu der Halbtagsbetreuung kann man ein bis fünf Nachmittage dazu buchen. Auch die Wühlmäuse bieten diese flexible Buchung an, einige Kindern werden hier sogar bis 18 Uhr betreut.

Den Gemeindevertretern half bei ihren Entscheidungen in Sachen Kita und Hort der 2010 erstellte Kindertagesstätten-Entwicklungsplan. Die knapp 80-seitige Ausarbeitung aus dem Rathaus dient als Grundlage für das politische Handeln bis zum Jahr 2015. Weil die Verwaltung darin zum Beispiel errechnete, dass in 2013 mehr als 50 Plätze für Kleinkinder in Barsbüttel fehlen werden, haben seitdem sechs Krippengruppen eröffnet. Zwei in der Kita der Evangelischen Kirche und vier gemeindeeigene - drei in Barsbüttel und eine in Stellau. Eine siebte Gruppe in Willinghusen ist in Planung.