Eine dubiose Firma hat mehr als 100 Stormarner Unternehmen und Vereine hereingelegt. Der Brunsbeker SV wehrt sich.

Ahrensburg. Es sieht aus wie ein ganz gewöhnliches behördliches Schreiben. "Gewerbeauskunft-Zentrale" steht in großen Lettern auf dem grauen Umweltpapier. Unternehmer und Vereine werden darin aufgefordert, ihre Daten zu ergänzen oder zu korrigieren. Doch hinter dem Brief verbirgt sich nicht die Behörde, sondern ein privater Anbieter.

Schicken die Adressaten den Brief unterschrieben zurück, bekommen sie nach zwei Wochen eine Rechnung über 569,06 Euro. Unwissentlich haben sie einen Vertrag mit der GWE-Wirtschaftsinformation GmbH, die hinter der Gewerbeauskunft-Zentrale steht, unterzeichnet. Für monatlich 39,85 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer wird das Unternehmen oder der Verein in das so gut wie nutzlose Online-Firmenregister der Düsseldorfer Firma eingetragen. Der Betrag ist für ein Jahr im Voraus zu zahlen, und der Vertrag läuft mindestens zwei Jahre.

Mehr als 100 Stormarner Kleinunternehmer und Vereine sind auf diese Masche hereingefallen. Friseure, Einzelhändler, Gastronomen, Landwirte und sogar gemeinnützige Vereine und Kirchen tauchen in dem Online-Register der Gewerbeauskunft-Zentrale auf.

"Ich dachte, es wäre ein Brief vom Gewerbeamt", sagt Hans-Jürgen Lenz, Vorsitzender des Brunsbeker Sport-Vereins: "In dem Formular waren bereits Daten wie Telefonnummer, Adresse und Name des Sportvereins erfasst. Zudem war oben rechts ein Strichcode aufgedruckt, wie es bei Ämtern üblich ist." Dass er mit seiner Unterschrift einen Vertrag eingeht und mehr als 1000 Euro zahlen soll, stand im Kleingedruckten an unauffälliger Stelle.

Lenz hatte den Brief am 22. Mai unterzeichnet und zurückgeschickt. Zwei Wochen später - nachdem die Widerrufsfrist verstrichen war - bekam er die Rechnung. Der Vorsitzende des 480-Mitglieder-Vereins legte daraufhin Widerspruch ein und zahlte nicht. Am 23. Juni schickte ihm die GWE eine "letzte Mahnung". Vergangene Woche drohte das Unternehmen mit gerichtlichen Schritten.

Ein Kleinunternehmer aus Trittau, der einen Pizza-Lieferservice betreibt, ist davon offenbar eingeschüchtert worden. Der Inhaber, der zwei Fahrer und einen Pizzabäcker beschäftigt, konnte die Summe jedoch nicht auf einen Schlag bezahlen und vereinbarte mit dem Düsseldorfer Unternehmen Ratenzahlungen.

Joseph Scharfenberger, Leiter Recht und Fairplay bei der IHK zu Lübeck: "Wir raten jedem Unternehmer, der irrtümlich einen derartigen Vertrag unterschrieben hat, diesen wegen arglistiger Täuschung anzufechten und auf keinen Fall zu zahlen." Auch der Oldesloer Anwalt Karl-R. Wurch rät allen Betroffenen, nicht auf Drohschreiben zu reagieren. Er vertritt einen Taxifahrer, der im August vergangenen Jahres auf die Masche der Internet-Firma hereingefallen war. "Ich vermute, die GWE legt es gar nicht darauf an, die Unternehmer zu verklagen", sagt Wurch. Die Firma habe eine letzte Mahnung mit der Androhung gerichtlicher Schritte im Sommer 2010 an den Taxifahrer geschickt, danach sei aber kein Verfahren eingeleitet worden. Wurch: "Stattdessen hat die GWE versucht, meinen Mandanten einzuschüchtern. Mitarbeiter riefen ihn an und sagten, dass er in die Schufa eingetragen werde und nicht mehr kreditwürdig sei. Er solle es sich deshalb noch einmal überlegen, ob er nicht doch zahlen wolle."

Aus Sicht des Oldesloer Anwalts war dies standeswidrig, da er den Taxifahrer zu diesem Zeitpunkt schon vertreten hatte. Das habe die GWE auch gewusst. "Dann hat die GWE plötzlich vergangene Woche einen Vergleich angeboten", sagt Wurch. Sein Mandant bekäme eine Ermäßigung und müsse nur noch 398,40 Euro zahlen. "Doch darauf werden wir uns auch nicht einlassen", so Wurch.

Auch das Oldesloer Bürgerhaus taucht in dem Online-Register auf. Bürgermeister Tassilo von Bary wollte sich dazu aber nicht im Detail äußern: "Es handelt sich um ein laufendes Verfahren, die Rechtsabteilung kümmert sich darum." Doch nicht nur Kommunen werden von der Internetfirma getäuscht. Auch ein Ahrensburger Verein, dem die Angelegenheit offenbar sehr peinlich ist, bekommt aus Düsseldorf Mahnschreiben.

Zu den Opfern zählt auch der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Er möchte alle Stormarner warnen. Eine Mitarbeiterin der Kita Bargteheide war ebenfalls auf die Masche hereingefallen. "Wir werden nicht zahlen und haben einen Anwalt eingeschaltet", sagt Beate Schneidereit. Sie warnt zugleich vor einer weiteren Firma, die mit der gleichen Masche abzockt: "Unsere Oldesloer Kita ist von den Betreibern des gelben Branchenbuches getäuscht worden."