Politiker lehnen Satzungsänderung ab. Streit um Elternbeteiligung bei Schülerbeförderung eskaliert

Bad Oldesloe. Der Kreis Stormarn steuert auf einen ernsten Konflikt mit dem Land zu. Am Freitagabend beschlossen die Kreistagsabgeordneten mehrheitlich, dass Stormarn die Kosten der Schülerbeförderung weiterhin selbst tragen wird. Das Land hatte - wie berichtet - im Dezember entschieden, dass die Kreise zum 1. August dieses Jahres eine Elternbeteiligung einführen müssen. Zugleich hatten die Landtagsabgeordneten mit der Regierungsmehrheit von CDU und FDP das Schulgesetz entsprechend geändert.

Dass sich der Stormarner Kreistag mehrheitlich weigert, ein Gesetz auszuführen, dürfte einmalig in der Kreisgeschichte sein. Und doch war die Entscheidung nicht überraschend. SPD, Grüne, FDP und Linke hatten in den vergangenen Wochen mehrfach deutlich gemacht, gegen eine Belastung der Eltern stimmen zu wollen. Nur die CDU hielt der Kieler Regierungskoalition die Treue. Zuletzt hatte der Kreistagsfraktionschef Joachim Wagner versucht, mit einem Kompromissvorschlag die Fronten aufzuweichen. Die Eltern sollten statt 30 Prozent der Kosten, wie es die Kreisverwaltung vorgeschlagen hatte, nur 20 Prozent tragen. Doch auch dafür gab es keine Mehrheit - obwohl Wagner den anderen Fraktionen einen Sündenbock präsentierte: "Stimmen Sie zu, Sie können doch der bösen CDU in Kiel die Schuld geben."

Auch die Idee der SPD war nicht mehrheitsfähig. Fraktionschef Reinhard Mendel warb vergeblich um die Zustimmung der Abgeordneten. Sein Vorschlag lief letztlich auf ein Austricksen der Landesregierung hinaus. Eine Elternbeteiligung sollte zwar eingeführt, aber nur ab einem Jahreseinkommen von 200 000 Euro gezahlt werden müssen. Da spielten weder die CDU noch die kleinen Fraktionen mit. So blieb nur die Feststellung, dass sich Stormarn widersetz t- und aus Sicht des Landes jetzt ohne rechtmäßige Schülerbeförderungssatzung dasteht.

Wie geht es nun weiter? Der Landrat Klaus Plöger wird der Entscheidung der Abgeordneten vermutlich widersprechen. Plöger: "Ich werde das jetzt prüfen, aber die Tendenz lautet: Ja, ich muss Widerspruch einlegen." In der Begründung wird sinngemäß stehen müssen, dass der Beschluss der Kreistags einen rechtswidrigen Zustand schafft.

Und auch das Innenministerium wird reagieren. Schon heute wird in Bad Oldesloe ein Schreiben erwartet, mit dem das Land dem Kreis eine letzte Frist setzt. Der Kreis Dithmarschen, der sich ebenfalls geweigert hatte, eine Elternbeteiligung an den Schulbuskosten einzuführen, hat einen solchen Brief schon bekommen. Dort heißt es: "Der Kreistag des Kreises Dithmarschen hat bis zum 15. Juli 2011 eine Satzung zu beschließen, die eine angemessene Beteiligung von Eltern und volljährigen Schülern an den Schülerbeförderungskosten vorsieht." Für den Fall, dass die Dithmarscher dem nicht Folge leiten, kündigt das Ministerium die "Ersatzvornahme nach Paragraf 64 Kreisordnung" an. Das bedeutet: Das Land erlässt für den Kreis eine Satzung.

Das droht nun auch dem Kreis Stormarn. Ob es dazu kommt, bleibt die spannende Frage. Der Ältestenrat des Kreistags hat gleich am Freitag zwei Termine für weitere Kreistagssitzungen zu diesem Thema festgelegt: den 14. und den 21. Juli. Am 14. stünden der Widerspruch des Landrats, wenn er denn kommt, und die Frist des Landes auf der Tagesordnung. Am 21. könnte es um die "Ersatzvornahme" gehen - also um die Satzung, die vom Land kommen könnte.

Ob der Kreistag an einem dieser beiden Termine von seiner Boykotthaltung abweicht, ist nach den Redebeiträge vom Freitag fraglich. Reinhard Mendel beschrieb die Grundsatzposition der SPD so: "Der Schulbesuch und der Weg zur Schule müssen kostenlos bleiben. Vom Innenminister Klaus Schlie müssen wir uns nicht rechtlich belehren lassen." Stefan Kehl, Fraktionschef der Grünen, sagte: "Es kann nicht sein, dass das Land die Kreistagsabgeordneten zwingt, bestimmte Beschlüsse zu fassen." Heiko Winckel-Rienhoff, der Fraktionschef der Linken, erwähnte, dass der Kreistag in Dithmarschen gegen die Anordnung des Landes klagen werde: "Das begrüßen wir sehr." Die Legitimation der Landesregierung stehe auf ganz schwachen Füßen.

Und die FDP verwies auf die besondere Situation in Stormarn, die das Land im Schulgesetz nicht berücksichtigt habe: "Hier sind in der Vergangenheit mehr Schulen geschlossen worden als anderswo, deshalb sehen wir uns verpflichtet, auf eine Elternbeteiligung zu verzichten", sagte Hedda Bluschke.

Sollte es bei diesen Positionen bleiben, steuert der Kreis ebenso wie Dithmarschen auf einen Rechtsstreit mit dem Land zu.