In Stormarn gibt es mehr Ausbildungsplätze als Bewerber. Doch mangels Qualifikation werden nicht alle besetzt

Bad Oldesloe. Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Nachdem noch vor rund sechs Jahren der damalige Geschäftsführer der Bundesagentur für Arbeit in Bad Oldesloe, Thomas Bänsch, über einen Lehrstellenmangel in Stormarn klagte und Unternehmen aufforderte, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen, verkündet die Agentur nun, dass es für das kommende Ausbildungsjahr mehr Lehrstellen als Bewerber gibt. 1221 Ausbildungsstellen bieten Stormarner Unternehmen zum Herbst 2011 an, 395 mehr als im Vorjahr. Dem gegenüber stehen 794 gemeldete Bewerber, ein Plus von 135. Ein Jahr zuvor registrierte die Agentur 659 Ausbildungssuchende.

"Rein rechnerisch entfallen auf jede uns gemeldete Ausbildungsstelle derzeit 0,7 Bewerber", sagt Stormarns Agenturchefin Heike Grote-Seifert und fügt hinzu, dass die Lücke zwischen gemeldeten Lehrstellen und Bewerbern immer größer wird. "Das zahlenmäßige Überangebot an Stellen darf aber keinen Jugendlichen in falscher Sicherheit wiegen. Da die Bedarfe der Unternehmen und die Ausbildungswünsche vieler Jugendlicher nur zum Teil deckungsgleich sind, gibt es keine Garantie auf eine Lehrstelle im Wunschberuf", sagt Grote-Seifert. Auch beklagen Unternehmen, dass viele Bewerber den Anforderungen nicht entsprechen. Unterm Strich bleiben viele Lehrstellen unbesetzt und dennoch zahlreiche Bewerber in der Warteschleife.

Jugendliche, die als noch nicht ausbildungsreif gelten, landen oft in sogenannten berufsvorbereitenden Maßnahmen und verschwinden dann für rund zehn Monate aus der Statistik. Derzeit werden ungefähr 350 Schulabgänger im Kreis von der Agentur für Arbeit auf eine mögliche Ausbildung vorbereitet. Aber auch Ausbildungssuchende, die sich nicht bei der Oldesloer Agentur für Arbeit gemeldet haben und auf eigene Faust eine Lehrstelle finden wollen, werden von der Statistik nicht erfasst. "Kein Jugendlicher ist verpflichtet, sich bei uns zu melden, sobald er eine Lehrstelle sucht", sagt Agentursprecher Stefan Schröder.

Dennoch verzeichnet die Behörde weniger Bewerber. "Das liegt insbesondere an der demografischen Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern", erklärt Stefan Schröder: "Dort hat die Zahl der Schulabgänger in den vergangenen Jahren um bis zu 30 Prozent abgenommen. Zudem werden dort jetzt mehr Ausbildungsstellen angeboten. Diese Bewerber fallen bei uns jetzt weg." In den vergangenen Jahren hatten sich aus dem benachbarten Bundesland zahlreiche junge Menschen in Stormarn beworben.

Unternehmen im Kreis stellt diese Entwicklung sowie die unzureichende Qualifizierung der Bewerber vor große Probleme. Während es beispielsweise kein Problem sei, Auszubildende für den Beruf des Bürokaufmanns zu finden, suchen Unternehmen händeringend Fachinformatiker, Köche und Servicekräfte in der Gastronomie. Dort gäbe es pro Betrieb häufig nur eine Hand voll Bewerber.

Heike Grote-Seifert: "Um ihren Bedarf an Lehrlingen zu decken, sollten Unternehmen gerade in der derzeitigen Situation auch Bewerber berücksichtigen, die auf den ersten Blick nicht ihren Vorstellungen entsprechen." Die Agentur weist daraufhin, dass sie die Jugendlichen und die Unternehmen mit ausbildungsbegleitenden Hilfen unterstützen kann, wenn es Schwierigkeiten während der Ausbildung gibt. "Wenn beispielsweise die Noten in der Berufsschule schlecht sind, können wir den Lehrlingen Nachhilfeunterricht anbieten", sagt der Agentursprecher Stefan Schröder. Damit habe seine Behörde in der Vergangenheit auch gute Erfahrungen gemacht.

Für das kommende Ausbildungsjahr sind von den 1221 gemeldeten Lehrstellen noch 806 unbesetzt. Interessierte Bewerber können am Dienstag, 26. April, zu einem Informationsabend in die Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe (Berliner Ring) kommen. Zwischen 14 und 16 Uhr geben Berufsberater Hilfe bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle. Wichtig ist, dass die Besucher ihre Bewerbungsunterlagen mitbringen.