Werkstätten in Stormarn bekommen täglich bis zu 50 Anrufe von Rat suchenden Kunden, die an der Verträglichkeit des Biosprits E 10 zweifeln.

Braak/Glinde/Oststeinbek. Die Informationspolitik ist desaströs, die Verunsicherung bei den Verbrauchern enorm: Der neue Biosprit E 10 sorgt in Stormarn weiter für Wirrwarr. "Verträgt mein Auto den neuen ethanolhaltigen Biokraftstoff, kann mein Motor kaputtgehen, wenn ich dieses Benzin tanke?" Tankstellenpächter berichten von einer regelrechten Flut solcher Anfragen. Auch die Autohändler und Fachwerkstätten stellt der Biosprit-Vorstoß der Bundesregierung auf eine harte Belastungsprobe. Unisono berichten sie von einer großen Verunsicherung bei ihrer Kundschaft. Mario Dönges, Serviceberater des Autohauses Hansen in Braak, weiß davon ein Lied zu singen. Er sagt: "Das ist zurzeit schon ganz schön anstrengend. Wir haben bis zu 50 Anrufe täglich." Obwohl der Fachmann jedem Anrufer versichert, dass alle Honda-Fahrzeuge mit Einspritzung den Biosprit vertragen, seien die Kunden stark verunsichert. Und fast alle seien "extrem vorsichtig" wegen möglicher Gefahren für die Motoren ihrer Autos. Und: der Ärger um E 10 hat nun auch die Polizei erreicht. Dort gibt es mittlerweile eine klare Weisung, den Biosprit nicht zu benutzen.

"Das Landespolizeiamt in Kiel hat alle Dienststellen angewiesen, die Einsatzfahrzeuge nicht mit E 10 zu betanken", sagt Hans-Joachim Hass, der in der für Stormarn zuständigen Polizeidirektion Ratzeburg. Kfz-Sachverständige des Landespolizeiamtes haben von den Herstellern keine eindeutigen Aussagen bekommen, ob die Einsatzfahrzeuge den zehnprozentigen Bioethanol-Anteil vertragen. Und da gehen die Beamten lieber auf Nummer sicher. Innenminister Klaus Schlie (CDU), sagte auf Anfrage dieser Zeitung, dass er die Anweisung unterstützt. Der Polizei in Stormarn kann dies aber egal sein, von den rund 70 Fahrzeugen ist nur ein Auto betroffen. Der Rest wird mit Diesel betankt.

An vielen Tankstellen in Stormarn herrscht bei den Kunden Orientierungslosigkeit: Die Menschen fühlen sich schlecht informiert und lehnen den Biokraftstoff daher oft kategorisch ab - auch wenn das Auto den neuen Sprit vertragen würde. Udo Themar aus Ahrensburg sagt: "Ich habe nachgeschaut, und mit meinem Auto könnte ich E 10 tanken. Aber das mache ich nicht. Da bin ich zu schlecht informiert worden." Viele Kunden halten es auch für nicht nachgewiesen, dass Biosprit gut für die Umwelt sei. "Agrarflächen werden zur Spritgewinnung verschwendet", sagt Momme Reinhard aus Ahrensburg. "Das halte ich für vollkommenen Unsinn."

Michael Beckmann, Geschäftsführer vom Mercedes Autohaus Beckmann in Trittau, findet, dass die kritische Sichtweise der Autofahrer durchaus angemessen sei. Man sehe zwar am Beispiel Brasilien, dass Biosprit zu Normalität werden könne. Dennoch hätten mehr Informationen zu E 10 zu mehr Klarheit und Sicherheit für die Verbraucher geführt. Für ihn persönlich sei E 10 auch eher zweite Wahl. Beckmann sagt: "Das ist ein zweischneidiges Schwert: Der Umweltminister sagt, dass es gut für das Klima ist, aber auf der anderen Seite hat E 10 alles in allem eine schlechtere Umweltbilanz. Das stimmt mich nachdenklich."

Die Angst vieler Bürger vor ernsthaften Schäden durch E 10 hält Marcus Koop von der Firma Norbert Hampel in Siek für übertrieben. Zwar könnten bei wenigen Autotypen "schon mal die Dichtungen und Schläuche kaputtgehen", doch Motorschäden hält er nicht für wahrscheinlich. Vorsicht sei nur bei Fahrzeugen mit Direkteinspritzung geboten. Marcus Koop sagt: "Das Restrisiko muss der Autofahrer aber leider selber tragen." Auch die Mitarbeiter des ADAC spüren die Verunsicherung der Menschen. "Wir haben zurzeit 30 Prozent mehr Anfragen in den Service-Stellen", sagt Pressesprecher Matthias Schmitting.

In vielen Stadtverwaltungen im Kreis Stormarn ist der neue Kraftstoff kein Thema. "Ahrensburg hat nur Dieselfahrzeuge im Fuhrpark. E 10 ist bei uns kein Thema", sagte Stadtsprecherin Birgit Reuter. Auch die Stadt Bad Oldesloe hat überwiegend Dieselfahrzeuge im Einsatz. "Wir haben lediglich drei Benziner. Aber ob die mit E 10 betankt werden, darüber mache ich mir noch Gedanken. Ich habe etwas dagegen, Lebensmittel zu verfeuern", sagte Bürgermeister Tassilo von Bary, fügt ironisch hinzu: "Den städtischen Rasenmäher könnten wir damit betanken. Aber auch das sehe ich kritisch. Gut, dass gerade kein Rasen wächst und bis das so weit ist, ist die Sache vielleicht bei aller Kritik auch wieder vom Tisch."

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