Ohne Mehrkosten für die Stormarner Kommunen soll so mit dem neuen LTE-Funknetz flächendeckende Breitband-Versorgung erreicht werden.

Ahrensburg. Das Breitbandförderprogramm des Landes ist noch nicht einmal richtig ins Laufen gekommen, da bekommt es schon attraktive Konkurrenz. Das neue LTE-Funknetz wird in den kommenden Monaten schnelles Internet in viele Kommunen bringen - kostenlos, ohne dass Gemeinden oder Land einen Cent dazubezahlen müssen. Die technologische Entwicklung droht das einst als Leuchtturmprojekt bezeichnete Förderprogramm zu überholen. Dessen Fazit ist bislang dürftig. Im Sommer 2008 war es aufgelegt worden. Ziel war laut Wirtschaftsbericht der Landesregierung: "Bis Ende 2010 soll in Schleswig-Holstein eine flächendeckende Breitband-Grundversorgung mit mindestens einem Megabit pro Sekunde im Download erreicht werden."

"Für die Gemeinden ist das Thema neu, die müssen sich da erst einarbeiten."

Getan hat sich bis jetzt nahezu nichts. Derek Meier, Leiter des Breitbandkompetenzzentrums des Landes, spricht von einer "Handvoll" Förderfälle, die zu einer Erhöhung der Download-Rate geführt habe. "Der Förderprozess dauert mindestens zwei Jahre", sagt er. "Für die Gemeinden ist das Thema neu, die müssen sich erst einarbeiten." Von den 11,3 Millionen Euro Fördermittel, die bis 2013 zur Verfügung stehen, sind 6,2 Millionen Euro bereits ausgegeben. Die 120 Machbarkeitsstudien, die in Auftrag gegeben wurden und Voraussetzung für eine Beschleunigung des Internetzugangs sind, haben allein 1,2 Millionen Euro gekostet. In 50 Fällen wurde eine konkrete Förderung bewilligt. 4,5 Millionen Euro hat diese das Land gekostet. Alle Gemeinde müssen noch eigenes Geld dazulegen. Abgeschlossen sind bislang die wenigsten Projekte. In 15 Fällen (500 000 Euro) wurde die Verlegung von Leerrohren gefördert, die später für Glasfaserkabel genutzt werden können.

Steuerzahlerbund fordert von den Kommunen, die neue Technik zu testen

Ob die finanzschwachen Gemeinden angesichts eines kostenlosen LTE-Funknetzes in Zukunft Geld ausgeben werden, um sich eine trotz Förderung teurere Lösung einzukaufen, ist fraglich. Auf jeden Fall wird sich der Kreis der Kommunen reduzieren, die Anspruch auf Zuschüsse haben. "Dort, wo es das LTE-Netz gibt, bekommen Kommunen nur dann noch Geld aus dem Breitbandförderprogramm, wenn sie nachweisen können, dass sie dennoch unterversorgte Bereiche haben", sagt Derek Meier. Er glaubt trotzdem, dass der Fördertopf ausgeschöpft wird. "Die Funktechnik ist immer nur die zweitbeste Lösung, ein Glasfaserkabel ermöglicht höhere Downloadraten."

Der Bund der Steuerzahler findet es grundsätzlich richtig, dass der Staat Geld ausgibt, um Bürgern ein schnelleres Internet zu ermöglichen. Aber angesichts der neuen Technik sagt der Geschäftsführer Rainer Kersten: "Wir appellieren an die Kommunen, nun erst einmal zu prüfen, wie das LTE-Netz funktioniert, bevor Steuergelder ausgegeben werden." Drei Mobilfunkunternehmen - Telekom, O2 und Vodafone - haben 2010 für viel Geld neue Lizenzen vom Bund ersteigert. Damit haben sie sich zugleich verpflichtet, in unterversorgten Regionen ein LTE-Funknetz aufzubauen, das höhere Download-Raten ermöglicht. Telekom und Vodafone sind seit Jahresbeginn dabei, dies in Schleswig-Holstein zu tun. Die Telekom plant gar, in diesem Jahr alle unterversorgten Kommunen im nördlichsten Bundesland anzuschließen. Wie schnell wird damit das Internet? Vodafone-Sprecher Bernd Hoffmann sagt dazu auf Anfrage: "Wir garantieren eine Download-Rate von mindestens 3 Mbit. Im Idealfall können es 50 Mbit sein." Das Netz werde auch die sogenannten weißen Flecken schließen - also die Regionen, in denen Handys bislang keinen Empfang hatten. Grund: Die neue Technik bestrahlt einen größeren Radius als die alte.

Telekom startet bald im Norden des Kreises mit dem Aufbau des Funknetzes

Derek Meier vom Breitbandkompetenzzentrum räumt ein, dass angesichts dieser Raten die Förderung nun etwas schwieriger werden dürfte. "Sinnvoll wäre eine Förderung wohl nur dann, wenn sich benachbarte Gemeinden zusammentun und so gewissermaßen Nutzer sammeln und auf eine höhere Zahl kommen", so Meier. Derzeit gebe es in Schleswig-Holstein grob geschätzt rund 2000 Funkmasten, von denen die neue LTE-Technik abgestrahlt werden soll. Neue sollen nicht gebaut werden. Anders als Vodafone-Sprecher Hoffmann glaubt Meier: "Da bleiben noch Lücken im Netz."

Ob es diese Lücken gibt und wo sie liegen, wird sich demnächst in Stormarn zeigen. Die Telekom beginnt "in den kommenden Wochen" (Sprecherin Stefanie Halle) im Norden des Kreises mit dem Aufbau des Netzes. Nach Angaben des Unternehmens zählen zu diesem Bereich Bad Oldesloe und Reinfeld sowie die Gemeinden Klein Wesenberg, Wesenberg, Feldhorst, Zarpen, Rethwisch, Meddewade, Heidekamp, Groß Schenkenberg, Heilshoop und Barnitz. "Niemand muss mehr warten, bis das Glasfasernetz in seinem Ort ausgebaut wird", heißt es in der Telekom-Pressemitteilung.

"Wenn bei uns das Netz aufgebaut wird, ist es vorbei mit anderen Lösungen."

Wie schwierig es ist, selbst mit der Landesförderung schnelles Internet in die Dörfer zu holen, lässt sich am Beispiel Stormarn gut zeigen. Hier hat das Land viele Machbarkeitsstudien bezahlt, aber nicht ein Förderprojekt ist verwirklicht worden. Am weitesten war man im Amt Bad Oldesloe-Land. Dort hatten sich 2009 nach einer Ausschreibung drei Firmen um den Auftrag beworben, den Internetanschluss in Teilen von Travenbrück, Lasbek und Pölitz zu verbessern. Die Firma Mvox aus Garching bei München bekam den Zuschlag. Eine Downloadrate von 6 MBit wurde vereinbart. 260 000 Euro sollte das Vorhaben kosten, das 352 Haushalten ein schnelleres Internet gebracht hätte. 195 000 Euro kamen als Fördermittel vom Land, den Rest wollten die drei Gemeinden zahlen.

Aber daraus wurde nichts. Im vergangenen Monat wurde der Vertrag mit Mvox aufgelöst. "Die Geschäftsgrundlage war entfallen", so Ralf Maltzahn von der Amtsverwaltung. "Die Firma konnte nicht das liefern, was vereinbart war." Nun wird an einer Richtfunklösung mit der Firma Ericsson gearbeitet. Ob das klappt? Maltzahn hat Zweifel. "Wenn bei uns das LTE-Netz aufgebaut wird, dann sind wir grundversorgt. Dann ist es vorbei mit anderen Lösungen."