Belastetes Futtermittel landete auch in Stormarner Mastbetrieben. Bauernverband spricht von immensem Schaden

Bad Oldesloe/BadJersbek. Auch in Stormarn ist offenbar krebserregendes Futter in den Trögen von Schweinen gelandet. 52 Mastbetriebe in Schleswig-Holstein haben dioxinbelastetes Futtermittel verwendet, sagt Christian Seyfert vom Landwirtschaftsministerium in Kiel. Darunter zehn Betriebe in Stormarn, wie das Kreisveterinäramt in Bad Oldesloe bestätigte. Mitarbeiter des Ministeriums sammeln seit Dienstag auf den betroffenen Höfen Futtermittelproben ein. "Wir haben einen Hinweis der zuständigen Hamburger Behörde bekommen, dass der Hamburger Futtermittelproduzent Habema, der die Betriebe belieferte, dioxinverseuchte Fette der Firma Harles und Jentzsch aus Uetersen verarbeitet hat", sagt Christian Seyfert. Die Hamburger Verbraucherschutzbehörde untersucht derzeit, wie stark die Fette belastet sind, die beigemischt wurden. Ergebnisse der landesweiten Futtermitteluntersuchung lagen bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht vor. In neun von 20 Proben aus der Uetersener Firma ist der zulässige Höchstgehalt von 0,75 Nanogramm überschritten, teilweise um das Zehnfache.

Es war 8.40 Uhr, als am Donnerstag im Veterinär- und Lebensmittelamt Stormarn die Anweisung aus Kiel per E-Mail eintraf: Sofortiges Schlachtverbot für die Betriebe, die Dioxin-Futter bezogen hatten. "Solange keine Entwarnung besteht, darf kein Schwein geschlachtet werden", sagt Andreas Rehberg, stellvertretender Fachbereichsleiter. Er versichert: "Die amtlichen Fleischbeschauer haben einen Überblick darüber, wer überhaupt noch schlachten darf."

Wenn die Fachleute in Kiel Dioxin in den Futtermittelproben aus Stormarn finden, werden Fleischproben auf den Höfen veranlasst. "Überschreitet die Probe den zulässigen Dioxinwert, darf das Fleisch nicht in den Verkauf", sagt Christian Seyfert. "Dann prüfen wir auch, ob Fleischprodukte aus dem Handel zurückgerufen werden."

"Wir müssen die Suppe auslöffeln, die uns andere eingebrockt haben"

Indes bangen Schweinezüchter um ihre Zukunft. "Wenn die Preise einbrechen, bleibt nicht mehr viel für uns übrig", sagt Gerd-Wilhelm Nuppenau aus Jersbek. Nuppenau geht es ähnlich wie den meisten seiner Kollegen. Der Landwirt ist wütend, sagt: "Wir müssen die Suppe auslöffeln, die uns andere eingebrockt haben. Als Bauern sind wir nicht in der Lage, die Futtermittelhersteller zu kontrollieren." Sein Hamburger Futterlieferant habe ihm gerade versichert, dass seine Mischung aus Getreide, Soja und Mineralstoffen unbedenklich sei. Gerd-Wilhelm Nuppenau muss darauf vertrauen.

Gleichwohl verlässt sich der Landwirt in seinem Betrieb nicht auf die staatlich angeordneten Kontrollen seiner 500 Ferkel. "Wir prüfen selbst das Futter auf Inhaltsstoffe", sagt Christopher Nuppenau, Betriebsleiter im Familienunternehmen. Jede Probe, die er ins Labor schickt, schlage mit 50 bis 60 Euro zu Buche. Untersuchungen auf konkrete Schadstoffbelastungen verursachten gar Kosten in dreistelliger Höhe, so Nuppenau. "Unser Tierarzt entnimmt außerdem regelmäßig Blutproben bei den Schweinen."

Die Züchter verkaufen ihre Ferkel über eine Erzeugergemeinschaft. Gerd-Wilhelm Nuppenau sagt: "Dieses Netzwerk schafft viel Transparenz. Ich bin sicher, dass wir keine dioxinbelasteten Ferkel haben."

Auch der Schlamersdorfer Schweinemastbetrieb von Walter Babbe wird drei bis vier Mal pro Jahr kontrolliert. Zwar verwende der 53-Jährige nur Eigenfutter ohne Fette, aber den Dioxinskandal werde auch er zu spüren bekommen. "Die Futterkosten sind hoch und steigen weiter", sagt der Landwirt. "Der Verkaufspreis für ein Kilo Schweinefleisch ist bereits um 13 Cent auf 1,35 Euro gesunken." Wenn er am Dienstag wieder 15 Schweine verkauft, wird der Preis weiter gefallen sein, ist Babbe sicher. "Bei unserem knappen Gewinn bedeutet das große Verluste."

Allein der Stillstand bedeute für die Betriebe Mehrkosten, sagt Peter Koll, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Stormarn. "Der Bauer muss mehr fürs Futter ausgeben, hat mehr Aufwand, kann Liefertermine nicht einhalten." Die Schweine verlören an Qualität, weil das geforderte Schlachtgewicht überschritten würde.

Zumindest für die Eier gibt es eine vorläufige Entwarnung

Koll: "Der Preisverlust kann je nach Betrieb schnell einige 10 000 Euro ausmachen." Führe das Probenergebnis zur behördlichen Auflage, das belastete Vieh zu töten, habe der Bauer lediglich Anspruch, den Tageswert eines Schweines ersetzt zu bekommen, so Koll. Andere Schäden erstatte die Behörde nicht. Der Chef des Kreisbauerverbandes sagt: "Die Landwirtschaft nimmt bei solchen Skandalen immer Schaden."

Entwarnung gibt es indes bei den Eiern. Christian Seyfert vom Umweltministerium: "Mit hoher Sicherheit hat in Schleswig-Holstein kein Legehennenbetrieb dioxinverseuchtes Futter bezogen."