Kreisschützenverband Stormarn feiert heute sein 100-jähriges Bestehen in Bargteheide. Nachwuchsprobleme bereiten Sorgen.

Bargteheide. Mit Pferd und Wagen oder mit der Bahn machen sie sich auf die Reise nach Alt-Rahlstedt. Es ist der 29. Juni 1912. Zum ersten Schützenfest des am 13. März neu gegründeten Verbandes reisen die meisten Schützen aus Trittau, Bargteheide, Bad Oldesloe und Volksdorf an. "Auf historischen Fotos und Berichten kann man sehen, dass die vielen Schützen, Kutschen, Reiter und Festwagen ein eindrucksvolles und farbenprächtiges Bild abgegeben haben", heißt es in der Chronik zum 100-jährigen Bestehen des Stormarner Schützenverbandes. "Damals ging es den Gründern um die Pflege der Tradition nach Altväterart, um die Treue zur Heimat und die Sicherung des vaterländischen Gedankengutes", schreibt die Chronistin Margrit Kunde, Sprecherin des Schützenverbandes.

Darum geht es Julius Thumann sicherlich nicht. Der 13-Jährige schießt seit drei Jahren im Bargteheider Verein. "Oma und Opa haben mich auf die Schützenanlage mitgenommen", sagt Julius. Damals war er aber noch keine zehn Jahre alt und damit zu jung für die Sportschützen. "Als ich dann zehn Jahre alt war, durfte ich endlich selbst mit einem Lichtpunktgewehr schießen", sagt der Nachwuchsschütze. "Er macht das richtig gut", analysiert Großvater Dieter Möller. Und der muss es wissen. Möller trat 1958 in den Bargteheider Schützenverein ein, war 15 Jahre lang Jugendobmann.

"Heute sind die Jugendlichen nicht mehr so aktiv wie früher", so Möller. "Bei vielen nimmt die Schule zu viel Zeit in Anspruch - und der Computer." Seit den 60er-Jahren setzte sich Möller dafür ein, dass der Bargteheider Verein auch Frauen aufnimmt. "Die Älteren wollten es damals nicht. Ich habe dagegen gesagt, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, die Frauen auszuschließen", erinnert sich der heute 72-Jährige. Seine Frau Bärbel war damals bereits aktiv. "1970 wurde dann die Frauenabteilung gegründet, meine Frau ist Gründungsmitglied", so Dieter Möller. Heute leitet die 64-Jährige die Damenabteilung. Beste Voraussetzungen also für den 13-jährigen Julius. Der Großvater sagt: "Er ist unsere Nachwuchshoffung. Obwohl er auch in der Feuerwehr aktiv ist, habe ich keine Sorge, dass er irgendwann abspringen könnte." Für Fußball interessiere sich der Enkel jedenfalls nicht.

Die Kinder und Jugendlichen würden ausreichend auf das Schießen vorbereitet, findet Altschütze Möller. "Wir zeigen ihnen, wie man sich hinstellen muss, wie man atmen sollte und wie man das Gewehr halten muss, damit es nicht wackelt." Zudem gebe es genügend Möglichkeiten, sich fortzubilden. Noch habe Julius keine eigene Waffe. "Die Jugendlichen dürfen ausschließlich mit Luftgewehren und Lichtpunktwaffen des Vereins schießen."

Möller selbst war einst als Malerlehrling zum Schützenverein gestoßen. "Ich musste damals bei einer Tischlerwerkstatt streichen und wurde dort gefragt, ob ich nicht in den Verein eintreten wolle", erinnert er sich. So wurde Möller mit 18 Jahren ein Bargteheider Schütze. "Mir macht die Geselligkeit Freude. Außerdem kann man da die Kameradschaft pflegen", sagt der 72-Jährige, der 1991 selbst Schützenkönig in Bargteheide war.

Doch die Zeiten haben sich für die Schützen geändert. Stehen für viele ältere Mitglieder noch die Gemeinschaft und die Tradition im Vordergrund, geht es dem Nachwuchs eher um den sportlichen Wettkampf. Stormarns derzeit wohl erfolgreichster Schütze heißt Henrik Hornung. Er ist amtierender Jugendwelt- und -europameister im Feldbogenschießen. Der nächste große Wettkampf steht am kommenden Wochenende an: die Deutsche Meisterschaft der Bogenschützen in der Halle. "Leider haben wir gerade Probleme mit unserer Halle. Daher kann ich nicht so oft trainieren", sagt der 18-Jährige.

Drei- bis viermal spannt er nun den Bogen in der Woche. "Beim Bogenschießen braucht man Konzentration und Körperbeherrschung", erläutert der Weltmeister. "Es ist eine tolle Bestätigung, wenn man dem Pfeil nachschaut und er ins Zentrum der Scheibe trifft".

Die Faszination an dem Sport erfasste Henrik in der Grundschule. "Damals haben wir uns im Unterricht mit der Steinzeit und dann auch mit den Indianern beschäftigt. Da habe ich mich für Pfeil und Bogen zu interessieren begonnen", erinnert sich Henrik.

Für das Schießen mit dem Luftgewehr habe er sich dagegen nie interessiert - auch wenn die Bogenschützen zum Verband gehören. Henrik Hornung: "Wir sind in Bad Oldesloe aber ein Bogenschützenverein und wollen das auch bewusst trennen." Mit den Schützen, die über Kimme und Korn zielen, verbinde ihn wenig.

Seine Leistung findet aber auch bei diesen Schützen viel Anerkennung. "Henrik ist ein Ausnahmetalent und ein Aushängeschild" , sagt Rolf-Peter Fröhlich, Vorsitzender des Kreisverbandes Stormarn. Das Bogenschießen liege derzeit voll im Trend. Fröhlich: "Dagegen haben es die anderen Vereine mit dem Nachwuchs schwer." Aktuell bereitet dem Vorsitzenden aber noch eine Diskussion Sorgen. "Die Bremer SPD will eine Steuer auf jede Sportwaffe einführen", so Fröhlich. Er hat alle Fraktionen des Landtages angeschrieben und sogar die Piratenpartei. "Sollten wir 300 Euro pro Sportgerät zahlen müssen, dann sehe ich schwarz, dann können wir das sportliche Schießen vergessen", so der Verbandsvorsitzende. Dabei könne man stolz auf die große Tradition der Stormarner Schützen sein. "100 Jahre Kreisschützenverband - das ist ganz schön beachtlich", sagt er. Und so begannen die Schützen im vergangenen Sommer mit den Planungen für eine Jubiläumsfeier. Sie steigt am heutigen Dienstag ab 19 Uhr im Ganztagszentrum in Bargteheide. Fröhlich: "Das wird eine gemütliche Geburtstagsfeier mit rund 70 Gästen."