Landtag beschließt: Kommunen dürfen selbst entscheiden, ob sie Kosten für Straßenausbau umlegen. Bürgermeister befürchten mehr Proteste.

Ahrensburg. Es ist eine Entscheidung, die bei den Stormarner Verwaltungschefs kontroverse Reaktionen hervorgerufen hat. Der Landtag in Kiel hat beschlossen, dass die Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein in Zukunft selbst entscheiden dürfen, ob sie Anlieger an den Kosten für den Straßenausbau beteiligen wollen. Bisher waren sie durch das Kommunalabgabengesetz des Landes (KAG) verpflichtet, mindestens zehn Prozent der Summe von den Grundstückseigentümern einzufordern. Diese Pflicht hat der Landtag mit Stimmen von CDU, FDP und SSW nun aufgehoben.

Axel Bärendorf, Bürgermeister von Reinbek und Stormarns Sprecher beim Städteverband, ist über die Gesetzesänderung verärgert. "Ich halte davon gar nichts", sagt er. "Der Beschluss wird die Kommunen regelrecht aufmischen." Es werde für ihn jetzt noch schwieriger, die Menschen von der Notwendigkeit einer Anliegerbeteiligung an den Straßenausbaukosten zu überzeugen. So wie Axel Bärendorf wird es vielen Bürgermeistern gehen. Denn die Möglichkeit, das Vorgehen wie bisher damit zu rechtfertigen, dass es ihnen vom Land vorgeschrieben ist, gibt es nun nicht mehr.

+++ Neue Baupläne verärgern Reinbeker +++

Dennoch könnten die meisten Kommunen angesichts leerer Kassen nicht auf die Beiträge der Anlieger verzichten, sagt Bärendorf. "Es gibt zwar auf der einen Seite die Wahlfreiheit, andererseits stehen wir aber mit dem Rücken zur Wand, weil wir uns an die Gemeindeordnung halten müssen." Dort heißt es in Artikel 76, dass eine Gemeinde nur dann Kredite aufnehmen darf, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist. "Wenn wir keine Beiträge erheben würden, müssten wir Kredite aufnehmen", sagt der Bürgermeister. "Aber Kredite dürfen wir laut Gemeindeordnung erst aufnehmen, wenn wir alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Also sind wir doch gezwungen, die Beiträge zu erheben. Die ganze Gesetzesänderung ist für mich eine Verschaukelung der Bürger."

Deshalb werde die Satzung in Reinbek auch vorerst nicht geändert. Bärendorf: "Ich werde den Stadtverordneten weder eine Änderung der Beitragshöhe noch eine Abschaffung der Anliegerbeteiligung empfehlen, solange ich keine Sicherheit habe, woher das Geld sonst kommen soll."

Auch für die 35 Anlieger der Hauptstraße in Todendorf, die bereits seit längerem gegen die ihrer Meinung nach zu hohe Anliegerbeteiligung kämpfen, bedeutet die Gesetzesänderung erst einmal keinen Grund zum Jubeln. Denn die Satzung der Gemeinde, die für die Grundstückseigentümer der Hauptstraße eine Beteiligung von 50 Prozent an den Ausbaukosten vorsieht, bleibt weiterhin gültig.

+++ Proteste werden zunehmen +++

Anders könnte die Situation demnächst in Großhansdorf aussehen. "Ich habe bereits eine Vorlage für die Sitzung des Bau- und Umweltausschusses im April erarbeitet", sagt Bürgermeister Janhinnerk Voß. Die Politiker sollen entscheiden, ob die bestehende Beitragssatzung abgeschafft wird. "Ein Grund, sie vor zwei Jahren einzuführen, war eine Auflage vom Gemeindeprüfungsamt", sagt der Verwaltungschef. "Ich finde aber, jede Gemeinde sollte selbst entscheiden dürfen, wie sie sich ihre Einnahmen beschafft."

Denkbar sei es auch, wiederkehrende Beiträge einzuführen. Auch diese Möglichkeit lässt das Gesetz in Zukunft zu. Dann müssten die Bürger nicht mehr einmalig eine hohe Summe zahlen, wenn ihre Straße ausgebaut wird. Stattdessen müsste jeder Grundstückseigentümer jedes Jahr eine bestimmte Summe im Voraus zahlen, unabhängig davon, ob seine Straße saniert wird.

Auch Axel Bärendorf ist dieser Variante nicht abgeneigt. "Wir werden das in der Verwaltung prüfen und dann eventuell eine entsprechende Vorlage für die Stadtverordneten erarbeiten", sagt er. "Allerdings müssen wir zunächst Erfahrungen von anderen Kommunen in Deutschland einholen, die dieses System bereits anwenden."