Mit dem Geld kann die Behandlung des schwer kranken Jungen aus der Ukraine beginnen. Ärzte sehen gute Chancen für eine Genesung.

Ahrensburg. Die dringend notwendige Krebstherapie des kleinen Timofiy kann dank zahlreicher Spenden von Abendblatt-Lesern beginnen. Das Schicksal des 19 Monate alten Jungen aus der Ukraine hat eine überwältigende Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Nachdem das Abendblatt in seiner Regionalausgabe Stormarn mehrfach über den schwer erkrankten Jungen berichtet hatte, kamen in einer Woche 100 000 Euro an Spenden zusammen. Damit wird der Abendblatt-Verein Kinder helfen Kindern nun die anfallenden Krankenhausrechnungen begleichen.

Der kleine Junge war nach mehreren Fehldiagnosen von Ärzten in der Ukraine im Dezember mit seiner Mutter nach Deutschland gereist und bei Freunden in Ahrensburg (Kreis Stormarn) untergekommen. Hier erhoffte sich die Familie Rettung für das Kind.

Doch die langwierige Behandlung ist sehr teuer, die Finanzierung der zunächst mit 230 000 Euro veranschlagten Kosten muss vor Behandlungsbeginn gesichert sein. Und: Für die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung muss das Kind in der Klinik aufgenommen werden.

Die Uniklinik Köln hat sich bereit erklärt, die Behandlung auch mit einer Anzahlung zu beginnen. Dafür hatten Olga Kozlova, die in der Ukraine als Krankenschwester umgerechnet 100 Euro im Monat verdient, und ihr Mann bereits ihr gesamtes Hab und Gut verkauft und damit 60 000 Euro erlöst. Durch die Unterstützung der Abendblatt-Leser ist die Behandlung des kleinen Jungen jetzt gesichert.

"Timofiys Mutter war überwältigt, als sie von der unglaublichen Hilfsbereitschaft erfuhr", sagt die Stormarnerin Ludmilla Neuhauss. Die Freundin der Familie hat Olga Kozlova und ihren Sohn in Köln besucht.

Dort wartet Timofiy zurzeit im "Elternhaus" genannten Gästehaus des Klinikums auf den Beginn seiner Behandlung. Sofort hat Olga Kozlova ihren Mann Walerii in der Ukraine angerufen und ihm von dem sensationellen Ergebnis berichtet. Der Vater des Jungen kümmert sich zu Hause um den zweiten Sohn der Familie. Im "Elternhaus", das zu Fuß nur wenige Minuten von der Kinderkrebsstation entfernt liegt, kann Olga Kozlova auch während Timofiys Behandlung wohnen bleiben.

"Im Moment geht es Timofiy ganz gut. Im Elternhaus wird er wunderbar betreut", berichtet Ludmilla Neuhauss. "Die Leiter des Hauses sind eine große Stütze für Olga." Zur Ablenkung hat die Familie gestern einen Ausflug zum Kölner Dom gemacht.

Heute Abend beraten mehrere Mediziner über die Behandlung von Timofiy. "Wir holen einige Experten zum Gespräch an einen Tisch, denn bei der Therapierung eines so kleinen Patienten wollen wir so schonend wie möglich vorgehen", sagt Christoph Wanko, Sprecher der Uniklinik Köln.

Der Kinderonkologe Dr. Matthias Fischer behandelt Timofiy. "Es handelt sich um einen nicht ganz gewöhnlichen Fall", sagt der Arzt. Denn nach eingehenden Untersuchungen gehen die Mediziner derzeit davon aus, dass Timofiy an Nephroblastomatose leidet, einer Vorstufe eines eigentlichen Tumors.

"Das sind Reste embryonalen Gewebes, die zum Zeitpunkt der Geburt eigentlich nicht mehr da sein sollten", sagt Fischer. "Wir wissen, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass ein Patient, bei dem dieses Gewebe vorhanden ist, schließlich Krebs bekommt." Deshalb muss auch diese Vorstufe mit einer Chemotherapie behandelt werden. "Wir möchten dabei aber eine wenig intensive, dafür aber relativ lange dauernde Chemotherapie anwenden", erläutert der behandelnde Spezialist.

Ein Jahr lang wird Timofiy sich voraussichtlich der Behandlung unterziehen müssen. Dabei könnte er möglicherweise tagesklinisch behandelt werden, anstatt dauerhaft auf der Station zu sein. Fischer: "Die Chancen für kleine Patienten wie Timofiy stehen insgesamt sehr gut."

In wenigen Tagen soll die Therapie beginnen. "Wir kontrollieren während der Chemotherapie immer wieder, ob eine Zurückbildung stattfindet. Sollten wir an einen Punkt kommen, an dem das nicht mehr der Fall ist, müsste man wahrscheinlich operieren", erklärt der Kinderonkologe, der regelmäßig Patienten mit Nephroblastomen behandelt. Die Nephroblastomatose, wie Timofiy sie vermutlich hat, sei dagegen eine ganz seltene Erkrankung. "Deutschlandweit gibt es nur ganz wenige Patienten. Auch in der Literatur sind nicht viele Fälle beschrieben", sagt Fischer.

Da die Abendblatt-Leser so großzügig für Timofiy spendeten, kann das Krankenhaus nun auch den von der Ausländerbehörde gewünschten Bescheid über eine abgesicherte Finanzierung der Behandlung ausstellen. Damit bekommen Timofiy und seine Mutter Olga eine Aufenthaltsgenehmigung für die Dauer der Therapie.

Der NDR berichtet heute Abend im Fernsehen über den kleinen Jungen. Die Sendung "DAS!" wird von 18.45 bis 19.30 Uhr ausgestrahlt.