Dauerregen hat Kirschernte im Alten Land um die Hälfte verringert. Früchte platzen auf. Am stärksten Betroffen sind Hauptsorten Regina, Oktavia, Karina und Kordia.

Jork. Seine Pflücker haben am Morgen gerade die letzten zwanzig Stiegen Oktavia auf den Hof gebracht. Nach vorn zum Verkauf in den Hofladen von Obstbauer Hein Lühs in Jork werden die dunkelroten Knubber allerdings nicht gelangen. Sie werden gleich weitergefahren zur Mosterei in Hollern, in der sie zu Kirschsaft verarbeiten werden. Warum, zeigt sich beim genaueren Hinsehen. Die meisten Früchte haben einen bräunlichen Riss in ihrer prallen, roten Haut. Sie sind geplatzt. "Die gehen nur noch für Most", sagt der 51 Jahre alte Obstbaumeister.

Der ständige Regen der vergangenen Wochen hat die Kirschernte im Alten Land empfindlich getroffen. Obstbauer Lühs, der auf dem Hof in Osterjork in vierter Generation Obst anbaut, rechnet für die Kirschen in diesem Jahr insgesamt nur mit einem Viertel der Vorjahresernte. Die Hälfte sei bereits dem Frost im Winter zum Opfer gefallen. "Die Knospen waren klein und hatten kleinere Früchte angesetzt. Das kostet dann immer gleich Menge", sagt Lühs. Nun ist von der Hälfte der Ernte noch mal die Hälfte geplatzt. Insgesamt 20 Sorten baut Lühs auf seinen 1,5 Hektar Kirschplantagen an. Die Frühsorten, die gleich zu Erntebeginn dran waren, jedoch in erheblich kleineren Mengen. "Die Stärke des Alten Landes sind ja die späten Sorten und genau in dieser Zeit hat es so stark geregnet."

Am stärksten betroffen sind bei Lühs seine vier Hauptsorten Oktavia, Regina, Karina und Kordia. "Eigentlich gehören sie alle zu den festen Sorten, die nicht so schnell platzen. Kurzer, starker Regen mit kräftigem Wind schadet den Früchten auch nicht", erklärt Lühs. Wenn die Früchte jedoch ohne Wind lange feucht bleiben, saugen sie sich wegen des Lösungsausgleichs durch den Zucker voll Wasser - und platzen. Genau das ist an den beiden extrem nassen Tagen in der vergangenen Woche passiert. Ausfälle hat Lühs vor allem bei Oktavia und Kordia.

Doch auch die Altländer Hauptkirschensorte Regina, die auf 50 Prozent der insgesamt 600 Hektar Kirschanbaufläche im Alten Land wächst, habe es schwer getroffen, sagt Karsten Klopp, Leiter des Obstbauzentrums in Jork. Obwohl die Regina als besonders platzfeste Sorte gezüchtet wird, seien 30 bis 40 Prozent der Früchte geplatzt. Ganz so heftig wie Lühs hat es die Obstbauern insgesamt zwar nicht getroffen, aber um fast die Hälfte sei die gesamte Kirschernte wohl dezimiert, schätzt Klopp. In durchschnittlichen Jahren ernten die Altländer auf den 600 Hektar Kirschenfläche rund 3000 Tonnen an Früchten. Dieses Jahr werden es wohl nur knapp 2000 Tonnen", meint Klopp. "Das war kein gutes Jahr für die Kirschen."

Bei Hein Lühs geht die geplatzte Ernte der vergangenen Tage derzeit zum Sonderpreis über die Ladentheke - für Kenner, die vor allem Geschmack zu schätzen wissen. Ohnehin empfiehlt Lühs Liebhabern der roten Früchtchen, nicht so sehr auf die Optik zu achten, denn die geplatzten Kirschen schmeckten oft sogar leckerer als die unversehrten, eben weil sie tendenziell mehr Zucker beinhalten. "Die größten und süßesten Früchte reißen zuerst. Früher hat man die Geplatzten für die Kirschsuppe aussortiert, und die war ganz besonders aromatisch."

Bis Ende der Woche soll die Kirschernte auf dem Herzapfelhof Lühs in Osterjork abgeschlossen sein. Bis dahin will Lühs noch rund eine Tonne richtig gute Kirschen ernten. Ein Teil Regina und Karina ist noch am Baum, und ihre Chancen sieht Lühs durchaus optimistisch. Wenn es jetzt sonnig bleibe, würden sie noch mal einen Schuss Süße bekommen, das ergebe eine gute Qualität. Der Preis wird je nach Größe zwischen vier und sechs Euro pro Kilo liegen.

Noch bis Mitte August wird es bei Lühs und den meisten Altländer Obstbauern Kirschen geben. Wenn die letzten Knubber vom Baum sind, verkauft Lühs dann noch die Kirschen, die er kurz vor dem großen Regen rechtzeitig geerntet hat. In Folienbeuteln gelagert, halten sich die Früchte einen Monat frisch. Auch diese Früchtchen werden laut Lühs eine gute Qualität haben, denn die Kirschen, die für die Lagerung gepflückt werden, werden vorher gründlich sortiert. Fürs Lagern werden nur unversehrte und gute Früchte genommen, die keine Risse haben. Der Preis wird ähnlich sein wie der Preis der ganz frisch gepflückten.

Für die bevorstehende Apfelernte ist Lühs angesichts des Wetterumschwungs positiv gestimmt. Im August werden die ersten Frühsorten geerntet, und obwohl es auch bei den Äpfeln wegen der Winterfröste keine Rekordernte wird, ist Lühs guter Dinge. "Wenn es jetzt noch einigermaßen sommerlich wird, sieht es recht gut aus."