Im “Heide-Hollywood“, dem Studio Bendestorf, wird kaum noch gedreht. Das Filmmuseum könnte einziehen und an glanzvolle Zeiten erinnern.

Würde das Schild "Studio Bendestorf" nicht an der Grundstücksauffahrt stehen, man könnte die fleckigen, weißen Hallen für alte Lagerschuppen halten. Die Mauern verlieren ihren Putz, die rechte Gebäudefront ist von kleinen Birkenbäumen überwuchert, marode Fensterrahmen liegen ausrangiert auf dem Boden. "A 1" steht über dem großen blauen Tor geschrieben, auf das der Blick als erstes fällt, wenn man das Gelände betritt. Die A-Liga der deutschen Schauspielprominenz hat hier aber schon lange keinen Fuß mehr über die Schwelle gesetzt. Das Filmstudio Bendestorf in der Samtgemeinde Jesteburg, einst einer der Fixpunkte der westdeutschen Nachkriegskino-Szene, verfällt.

Doch damit soll bald Schluss sein. Der Bendestorfer Gemeinderat will mithilfe einer Machbarkeitsstudie klären lassen, ob das Filmmuseum in die Halle A 1 ziehen kann. Damit würden mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die historische Halle wird vor dem Abriss gerettet, das Museum, das bisher im Makens Huus untergebracht ist, erhält quasi seinen ursprünglichen Bestimmungsort, und Bendestorf gibt seiner Filmtradition endlich den würdigen Rahmen, den sie in den Augen vieler Bürger und Filmfans verdient.

Einen im Ort freut diese Entwicklung besonders. Walfried Malleskat, Leiter des Filmmuseums und Vorsitzender des Fördervereins, hat sich schon lange gefragt, warum das kostbare Erbe des Heide-Hollywoods nicht mit viel mehr Inbrunst gehegt und gepflegt wird. Nach dem Krieg sei hier von Rolf Meyer voller Elan aus dem Nichts heraus eine Filminfrastruktur geschaffen worden, erzählt er. Stars wie Zarah Leander, Hildegard Knef und Marika Rökk standen in dem beschaulichen Örtchen vor der Kamera und verliehen ihm einen Hauch von Exklusivität, der weit über die Gemeindegrenzen hinaus strahlte. "Man kann das Studio doch nicht einfach wegreißen, als wären es Gummireifenhallen."

Bendestorf konnte anscheinend schon. Noch bis zum vergangenen Jahr wollte die Gemeinde 30 Wohneinheiten auf dem rund 14 000 Quadratmeter großen Areal errichten und dafür die gesamten Gebäude dem Erdboden gleich machen. Lediglich die Vox-Klangstudios auf der linken Grundstückshälfte sollten bleiben. Sie sind der einzige Betrieb auf dem Studiogelände, der heute noch läuft und regelmäßig von Musikern genutzt wird.

Die Filmstudios selbst hatten ihren Zweck nur noch selten erfüllt. Bereits vor drei oder vier Jahren habe die Nachfrage nach Filmaufnahmen stark nachgelassen, erzählt Hans-Joachim Fink. Fink führt die Studios als Familienbetrieb in dritter Generation und stellt sie Filmgesellschaften für Dreharbeiten auf Mietbasis zur Verfügung.

"Die heutige Generation Filmschaffender hat kaum noch einen Bezug zu unserer besonderen Historie", sagt er. Mit Nostalgikern könne er deshalb nicht rechnen. Und für den Rest liege Bendestorf einfach zu weit ab vom Schuss. Selbst der Markt der Werbedrehs, der in den vergangenen Jahren 70 Prozent von Finks Einnahmequelle ausgemacht hat, sei immer mehr weggebrochen. Da können Aufträge wie das Musikvideo zum Schunder-Song der Ärzte ("Immer mitten in die Fresse rein") oder die NDR-Produktion "Die Flut" die Lage nicht dauerhaft bessern.

Als sich Mitte der 2000er-Jahre dann auch noch Finks Hoffnung einer sogenannten Senderanbindung zerschlug und die Dreharbeiten für den ARD-Dauerbrenner "Rote Rosen" statt nach Bendestorf nach Lüneburg gingen, war für ihn klar, dass die Lichter in Halle A 1 bald endgültig ausgehen werden. "Sicherlich ist Wehmut dabei." Er sei aber Realist genug, um das zu akzeptieren. Dennoch schimmert etwas Hoffnung durch, wenn er sagt: "Natürlich kann jeden Tag das Telefon klingeln."

Die Pläne, das Filmmuseum in die Halle A 1 zu holen und sie damit vor dem Abriss zu retten, hat Fink anfangs kritisch verfolgt. Auch hier war er ganz Realist, der sich fragt, wie das in der Praxis gehen soll. Schließlich sei das Museum nur schwer in die Wohnbau-Pläne zu integrieren. Mittlerweile steht er dem Ganzen aber positiv gegenüber.

Für die restlichen Gebäude auf dem Studiogelände würde jedoch nach wie vor das letzte Stündlein schlagen. Sie sollen für die 30 Wohneinheiten weichen, die Projektentwickler Friedrich-W. Lohmann errichten will. Er sehe es zwar als kleines Problem an, wenn die Halle A 1 stehen bliebe und in das Konzept integriert werden solle, sagt er. "Aber natürlich ist eine ordentliche Lösung mit dem Besitzer und der Gemeinde in unserem Interesse."

Teil dieser Lösung wird auch die Geschosszahl sein. Die ursprünglichen Planungen hatten vor etwa zwei Jahren noch bis zu vier Stockwerke für die Häuser vorgesehen, was bei einigen Bürgern für viel Unmut sorgte. Jetzt geht Lohmann von zwei oder drei Geschossen aus, die aus seiner Sicht keinen Tabubruch für Bendestorf darstellen dürften. Aber auch hier gelte, dass sich die Gemeinde mit der Bebauung identifizieren müsse und er deshalb mit ihr in einem ständigen Dialog stehe.

Wie es um ihre Dialogbereitschaft tatsächlich bestellt ist, können alle Beteiligten auf der Bürgerversammlung unter Beweis stellen, bei der die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie präsentiert werden. Bendestorfs Bürgermeister Hans-Peter Brink geht davon aus, dass der Termin noch vor den Sommerferien sein wird. Eine Frage wird dabei vor allem im Mittelpunkt stehen: Wie soll das Filmmuseum finanziert werden? "Die Gemeinde allein kann das nicht stemmen", macht Brink klar. Allein die Sanierung der Halle A 1 würde etwa 240 000 Euro kosten.

Man müsse deshalb schauen, welche Förderungsmöglichkeiten es geben könnte, sagt der Bürgermeister und bringt den Landkreis Harburg ins Spiel. Schließlich sei ein Filmmuseum nicht nur eine Bendestorfer Angelegenheit, sondern etwas, das die gesamte Region betreffe und aufwerte. Davon ist auch Walfried Malleskat überzeugt, der noch einen Schritt weiter geht. "Das Projekt könnte einzigartig für die gesamte Metropolregion sein." Die Region Berlin habe mit dem Filmmuseum Berlin in der Deutschen Kinemathek und dem Filmmuseum Potsdam schließlich zwei tolle Einrichtungen, während Hamburg nichts wirklich Vergleichbares vorweisen könne.