Im Altländer Viertel wird illegal Müll aus ganz Stade abgeladen. Die Bürger treffen daher immer häufiger auf die ungeliebten Nager.

Stade. Wolfgang Dohm ist sauer. Der 70-Jährige ist vor einigen Jahren nach Stade gezogen. Ein Einfamilienhaus hat er sich im Neubauviertel des Altländer Viertels errichten lassen. Sein Haus steht in unmittelbarer Nähe zu den großen Wohnblocks, die als Problemviertel in Stade gelten. Dohm hatte sich von dem zweifelhaften Ruf, den das Altländer Viertel bei den Stadern genießt, nicht abschrecken lassen, als er sich für den Bau des Hauses entschied. Doch inzwischen ärgert es ihn, dort zu wohnen, denn in unmittelbarer Nähe zu seinem Haus wird er mit Ratten konfrontiert, welche die sich zuweilen auftürmenden Müllhaufen im Altländer Viertel aufsuchen.

"Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt, was ich hier erleben muss. Wenn das so weitergeht, verkaufe ich das Haus und ziehe woanders hin", sagt Dohm aufgebracht in der Gesprächsrunde des regelmäßig tagenden Stadtteilforums im Altländer Viertel. In dem Konferenzraum des Stadtteilhauses an der Jorker Straße sitzen an diesem Tag etwa 30 Menschen, die den Ausführungen des Staders aufmerksam zuhören.

Viele von ihnen nicken zustimmend mit dem Kopf. Bürger aus dem Viertel sitzen an dem Tisch sowie Vertreter des Sanierungsträgers, Sozialarbeiter, Vertreter der Hauseigentümer und erstmals auch Stades Bürgermeisterin Silvia Nieber. Die ist sichtlich schockiert, als sie in der Gesprächsrunde erfährt, dass es im Altländer Viertel seit fast vier Jahren ein Problem mit Ratten gebe und dennoch vorerst keine Besserung in Sicht sein soll.

Die Ursache des Problems sind einige Müll-Pavillons an der Jorker Straße, die laut den Bürgervertretern zu klein für die vorhandenen Müllmengen seien und zudem oftmals offen stehen würden. Einer von diesen Pavillons befindet sich in unmittelbarer Nähe zu einem Kinderspielplatz, ein anderer Nahe dem Haus von Wolfgang Dohm.

Weil die Müllcontainer zu klein sind, stapelt sich der Müll der Anwohner zwangsweise immer wieder auf der Straße. Vieles ist in Müllsäcke verpackt, einiges nicht. Vor allem Brotreste und Gemüse liegen oft lose herum. Und das zieht sowohl Möwen, die die Mülltüten mit ihren Schnäbeln aufreißen, als auch Ratten an, die sich in den feuchten Böden des Moorgebiets ohnehin wohl fühlen. Und mit der steigenden Zahl an Ratten in dem Viertel steigt auch die Gefahr, dass die Nager Krankheiten ins Wohngebiet hineintragen könnten.

"Man fürchtet sich, nach 18 Uhr die Tür aufzumachen", erklärt Malek Ramadan, der in einem der Wohnblocks des Viertels wohnt und als Bürgervertreter im Stadtteilforum sitzt. Alle zwei Tage treffe er auf Ratten. "Gerade am Kinderspielplatz ist das alles andere als ideal", sagt Ramadan. Die Kinder würden unnötig einer Gesundheitsgefahr ausgesetzt. Eigentlich sollte das Problem mit den Müllcontainern, die von den Ratten heimgesucht werden, längst der Vergangenheit angehören, denn die die Pavillons sollten im Zuge der laufenden Sanierungsmaßnahmen in dem Viertel verlagert und neu gestaltet werden.

Doch seit fast zwei Jahren habe sich nichts bewegt, die Eigentümer der Häuser hätten laut dem Sanierungsträger immer noch keine Ausschreibung für die Verlagerung der Müllcontainer ausgeschrieben. Das wiederum verärgert die Bürgermeisterin, die von den Hauseigentümern fordert, endlich den untragbaren Zustand zu beenden. "Es kann doch nicht angehen, dass sich hier seit Jahren nichts tut", sagt Nieber.

Doch es gibt noch mehr Ungemach. Das Müll- und Rattenproblem habe sich, so Dohm und Ramadan, verstärkt, seit in dem Viertel Überwachungskameras abgebaut werden mussten. "Seitdem wird das Altländer Viertel von Gewerbetreibenden angesteuert, die hier ihren Müll ablegen", sagt Dohm. Das will Stades Verwaltungschefin nicht hinnehmen. "Melden Sie, wer das gewesen ist, damit wir diese Menschen zur Verantwortung ziehen können", appelliert Nieber an die Bürgervertreter. "Fotografieren Sie diejenigen, die ihren Müll dort ablegen. Wer damit rechnet, seinen Müll im Altländer Viertel ablagern zu können, soll wissen, dass er dort fotografiert wird. Ich werde das Verhalten nicht dulden", sagt Nieber.

Sie findet es aber auch befremdlich, dass es die Stadtverwaltung bisher nicht schaffe, das Müll- und Rattenproblem in den Griff zu bekommen. Es sei, so Nieber, ein "Armutszeugnis" für die Stadt. Die Bürgermeisterin verspricht Besserung, will mit den Hauseigentümern einen Termin vereinbaren, um den Zustand zu verändern.

"Das kommt bei den Bürgern hier gut an", sagt Quartiersmanagerin Margret Howe, die Niebers Vorgehen lobt. "Sie zeigt, dass sie nicht alles hinnehmen will. Das ist gut. Aber sie sollte nicht zu viel erwarten", sagt Howe. Eine Rattenpräsenz werde es wegen der Moorlandschaft rund um das Altländer Viertel immer geben.