Die Altländer fordern ausreichend Süßwasser für ihre Obstkulturen. Falls die Elbe versalzen sollte, sind die Ernten in großer Gefahr.

Jork/Steinkirchen/Hamburg. Der Hamburger Senat und das Wasser- und Schifffahrtsamt als Bundesbehörde forcieren den Beginn der Elbvertiefung. Da die Verantwortlichen der Generaldirektion Umwelt der EU-Kommission in Brüssel, wie berichtet , offenbar der Meinung sind, dass die von Altländer Obstbauern gefürchtete Versalzung der Elbe voraussichtlich nicht eintreten werde, könnte bald mit der rund 400 Millionen Euro teuren Fahrrinnenanpassung begonnen werden. Um einen Meter soll das Fahrwasser gegebenfalls vertieft werden, damit künftig Schiffe mit bis zu 14,50 Metern Tiefgang in den Hamburger Hafen einlaufen können.

Sobald der Planfeststellungsbeschluss von der Kieler Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord vorliege, die Verhandlungen mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein abgeschlossen seien und grünes Licht aus Brüssel gegeben werde, könnten die Baggerschiffe mit der Arbeit beginnen, so Detlef Wittmüß, Leiter des Hamburger Wasser- und Schifffahrtsamtes.

Die Altländer Obstbauern sind inzwischen mächtig auf Zinne. Sie sehen Gefahren für ihre Existenz, wenn das Wasser für ihre Obstkulturen entgegen aller Prognosen der Europäischen Union dennoch zunehmend salziger würde. Besonders zur Blütezeit müsse in Frostphasen geeignetes Beregnungswasser zur Verfügung stehen, weil salziges Wasser die Blüten verätzen würde, so Jens Stechmann Vorsitzender der Bundesfachgruppe Obstbau und des Obstbauversuchsringes Altes Land.

"Etwa 400 Kubikmeter salzfreies Wasser je Hektar Obstanbaufläche müssen für jede solcher Frostnächte in der Blütezeit vorrätig sein, damit die Ernte nicht gefährdet wird", rechnet Stechmann vor. Bringt die Elbvertiefung mehr salziges Brackwasser stromauf, müssten Süßwasserreserven von den Oberläufen der Nebenflüsse, etwa Este und Aue, angezapft werden.

+++ Mögliche Versalzung der Elbe: Obstbau in Gefahr? +++

"Wer diesen riesigen technologischen Aufwand finanziert, sollte in den Verhandlungen mit den von der Elbvertiefung betroffenen Bundesländern vor Baubeginn klar geregelt sein, bevor Niedersachsen sein Einvernehmen zur Elbvertiefung gibt", sagt Gerd Beckmann, Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau Niedersachsen.

Beckmann ist auch Vorsteher des neu gegründeten Wasserbereitstellungsverbandes. Der soll mit Alternativen den sogenannten Plan B für die Beregnung der Obstkulturen sichern. Damit könnte das Alte Land im Bedarfsfall wassertechnisch unabhängig von der Elbe gemacht werden. "Der Fahrrinnenanpasser sollte die Zusage geben, Maßnahmen zu finanzieren, wenn Wasser aus Lühe und Este in die erste Meile Altes Land gebracht werden muss oder das Vergrößern der Wasserstauräume unumgänglich wird", sagt Beckmann.

Für die Vertretung ihrer Interessen haben die Obstbauern auch die Landtagsabgeordneten ins Boot geholt. "Unsere Position ist klar, wir können einer Elbvertiefung nur zustimmen, wenn sie keine negativen Auswirkungen für die Elbanrainer hat", sagt die Landtagsabgeordnete Petra Thiemann (SPD). Mit Petitionen an den Niedersächsischen Landtag sollten die Obstbauern auf ihre Misere und auf das Thema Deichsicherheit aufmerksam machen, solange die Verhandlungen mit dem Bund, als Bauherr, nicht abgeschlossen sind.

Obstbauer und Jorks stellvertretender Bürgermeister Hartwig Quast bringt die Skepsis der Altländer gegen die Elbvertiefung auf den Punkt: "Die Menschen beobachten etwas anderes, als das, was in der Brüsseler Stellungnahme steht." Deutlich sichtbar würden irreversible Schäden erst nach der Elbvertiefung, so Quast. "Die Alteingesessenen Altländer wissen noch, dass in den 1960er-Jahren der Flutscheitel der Elbe fünf Stunden von Cuxhaven bis Hamburg brauchte, heute nach der bisherigen Fahrrinnenanpassung sind es nur drei Stunden. Die Elbe wird durch weiteres Ausbaggern weiter eine Eigendynamik entwickeln", sagt Quast.

"Es ist erschreckend, wie die Umweltbehörde in Brüssel ihre eigenen Richtlinien vom Tisch fegt", sagt Hans Jarck, Bürgermeister der Samtgemeinde Lühe. Da werden Wasserrahmen-Richtlinien und eine Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie als Naturschutz-Grundsätze von der Europäischen Union vorgegeben, die dann aus wirtschaftlichen Erwägungen ruck zuck vom Tisch seien, so der Verwaltungschef in Steinkirchen. "Rund 24 000 Menschen im Alten Land sind davon betroffen, wenn sich die Brackwasserzone weiter elbaufwärts verschiebt. Wir fühlen uns da von Hamburg balbiert, so geht man nicht mit Bürgern um."