Stade steigt ein: An mehreren Orten im Landkreis wollen Initiativen jetzt ein ehrenamtliches Nahverkehrsangebot auf die Beine stellen.

Fredenbeck/Harsefeld/Oldendorf. Sie sind klein, wendig und flitzen in jeden entlegenen Winkel. Bürgerbusse sind aus vielen Städten und Gemeinden nicht mehr wegzudenken. Die von Ehrenamtlichen gelenkten Fahrzeuge verbinden die Orte miteinander, die bisher nicht an das öffentliche Nahverkehrsnetz angeschlossen sind und sorgen so dafür, dass auch Bürger ohne Auto nicht den Anschluss an den Rest der Welt verlieren.

Im Landkreis Stade wollen jetzt mehrere Gemeinden ebenfalls den Bürgerbus ins Rollen bringen. Initiativen gibt es in Fredenbeck, Harsefeld, Oldendorf und ansatzweise in Lühe. Die Fredenbecker sind dabei so etwas wie die Veteranen unter ihnen. Sie haben ihren Bürgerbusverein bereits vor rund zwei Jahren gegründet, sind aber schon einmal mit ihrem Plan gescheitert, das Projekt in der Samtgemeinde zu etablieren. Dafür gab es laut Jochen Sturhan, für die SPD im Samtgemeinderat und einer der Sprecher des Bürgerbusvereins, mehrere Gründe. Unter anderem sei es der fehlende Wille der Ratsmehrheit gewesen, die Ausfallbürgschaft für die Anlaufphase des Busses zu tragen, sowie die angebliche Konkurrenz zu den vorhandenen Anrufsammeltaxis (AST) im Landkreis Stade.

Mit dem vor knapp einer Woche neu gewählten Fredenbecker Samtgemeinderat hofft Sturhan, nun frischen Wind in die Sache zu bringen. Er hält es für denkbar, dass eine Mehrheit aus SPD, FWG und Grüne dem Bürgerbus positiv gegenübersteht. Für Dezember ist eine Mitgliederversammlung des Bürgerbusvereins geplant, um die zwei Jahre alten Pläne wieder zu entstauben und neu zu diskutieren. "Wir würden sozusagen bei 0,5 wieder anfangen", sagt Sturhan. Doch er ist sich diesmal sicher, dass sich der Einsatz lohnt.

Denn vorab muss noch so einiges geklärt werden. Wie soll das Liniennetz aussehen? Woher kommen die Fahrer und die Konzession für den Fahrbetrieb? Hilfe bei der Beantwortung all dieser Fragen haben sich die Fredenbecker vom Bürgerbusverein aus Bassum geholt. Die Stadt südlich von Bremen setzt neben Syke, Weyhe, Visselhövede oder Hude wie viele weitere Kommunen im Bremer Umland bereits seit Jahren auf das ehrenamtliche Nahverkehrsangebots. Mehr als 30 000 Fahrgäste hat das Bassumer Gefährt, das auf vier Linien die 15 Bassumer Ortschaften miteinander verbindet, seit Betriebsstart Anfang 2007 transportiert. Rund 20 Fahrer sitzen hinter dem Steuer und bringen Senioren, die keinen eigenen Pkw haben, oder jüngere Leute ohne Führerschein zum Einkaufen oder zum Arzt ins Stadtzentrum.

Für die Fredenbecker sind diese praktischen Erfahrungen wichtige Informationen für den eigenen Start. Zumal sie selbst wissen, dass es eine Weile dauern wird, bis sich der Bürgerbus etabliert. Jochen Sturhan rechnet mit einer Ausfallbürgerschaft in Höhe von rund 13 000 Euro, die die Samtgemeinde bereitstellen müsste - für den Fall, dass der Bürgerbusverein die Kosten für Sprit, Versicherungen oder Reparaturen anfangs nicht aus eigener Kraft decken kann.

Ein Bus würde 80 000 bis 100 000 Euro kosten, vom Land Niedersachsen sei aber eine Förderung von rund 60 000 Euro möglich, erklärt er. Für die ehrenamtlichen Fahrer fallen keine Kosten an, und als Fahrpreis müsse man den ganz normalen HVV-Tarif nehmen, also 1,70 Euro pro einfache Fahrt. Dass die Bürgerbusse zur Konkurrenz der AST werden, sieht Sturhan nicht. "Die Anrufsammeltaxis werden bei uns kaum genutzt, weil sie gerade für ältere Leute viel zu umständlich sind", sagt er. Außerdem würde der Bürgerbus im Gegensatz zum AST abends und nachts nicht unterwegs sein.

Oberstes Ziel sei es zunächst, den Nahverkehr dort auszufüllen, wo derzeit kein Bus unterwegs ist, sagt er. "Das gilt zunächst nur für das Gebiet der Samtgemeinde, langfristig könnten wir uns auch eine Verbindung zum S-Bahnhof in Horneburg vorstellen."

Um den "inneren Verkehr in der Samtgemeinde" geht es auch den Bürgerbus-Aktivisten aus der Samtgemeinde Oldendorf. Gemeinsam mit Peter Wortmann will Viktor Pusswald noch in diesem Jahr einen Verein gründen. Pusswald ist in Kontakt mit dem Bürgerbusverein aus Grasberg, der am Sonntag mit seinem Bus mehrere Runden durch die Oldendorfer Ortschaften gedreht hat - als Vorgeschmack auf das, was mit dem Bürgerbus möglich wäre.

"Falls wir den inneren Verkehr schnell hinkriegen, wäre es unser Wunsch, auch die Pendler anzusprechen", sagt Peter Wortmann. Doch all das ist noch Zukunftsmusik, erst mal muss Informationsarbeit geleistet werden. In den kommenden Wochen und Monaten will Pusswald auf große Tour durch die Ortschaften gehen und die Leute über seine Herzensangelegenheit ins Bild setzen. Damit die Sache politisch nicht im Sande verläuft, hofft Pusswald, dass der Bürgerbus ein parteiübergreifendes Projekt für ganz Oldendorf wird.

Das würden sich auch die Harsefelder wünschen, die in Sachen Bürgerbus ebenfalls mächtig aufs Gaspedal drücken. "Für Mitte Oktober planen wir eine öffentliche Bürgerversammlung", sagt Susanne de Bruijn von der Freien Wählergemeinschaft (FWG). Zu dieser Veranstaltung hat sie einen Vertreter des Bürgerbusvereins aus Weyhe eingeladen, der über seine Erfahrungen berichten wird. "Uns ist die Sache wirklich ernst, und wir sind jetzt dabei abzufragen, welche Fahrzeiten man planen könnte."

Das Hallenbad in Ahlerstedt, der Friedhof am Ehrenberg - all diese Orte könnte ein Bürgerbus anfahren, sagt Susanne de Bruijn. Darüber hinaus wäre er auch für Oberstufenschüler praktisch, die bisher zusehen müssen, wie sie nachmittags, wenn keine Schulbusse mehr unterwegs sind, nach Hause kommen. "Der Bedarf ist eindeutig vorhanden", findet auch Hartwig Holthusen von den Grünen. So wie Susanne de Bruijn ist er vom Bürgerbus-Konzept voll überzeugt und wünscht sich, dass es so schnell wie möglich losgeht.

Nicht zuletzt auf die Informationsversammlung Mitte Oktober setzt er große Hoffnungen, denn er glaubt, dass sich viele Leute unter einem Bürgerbus nichts konkretes vorstellen können. Wenn man aber erst mal wisse, wie das Projekt funktioniere, welche Haltestellen der Bus anfahre und wie die Abfahrtszeiten ausfielen, sehe die Sache sicherlich schon ganz anders aus.