“Ich habe große Sorge, dass wir am Ende als Verlierer dastehen“, sagt Gerd Hubert, neuer Bürgermeister vom Bürgerverein Jork.

Jork/Steinkirchen/Hamburg. Der Hamburger Senat geht davon aus, dass die rund 400 Millionen Euro teure Elbvertiefung bereits Anfang 2012 beginnen könnte (das Abendblatt berichtete). Für die Altländer ist diese Meldung ein Aufreger. "Sobald die Stellungnahme der EU zur Umweltverträglichkeit des Vorhabens aus Brüssel dazu eingeht, können die weiteren Verhandlungen mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein beginnen", sagt Susanne Meinecke von der Hamburger Wirtschaftsbehörde.

In Hamburg wird für Ende des Jahres 2011 mit einem vollziehbaren Planfeststellungsbeschluss gerechnet. Mögliche Klagen dagegen, würden zwar zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig gehen, sie hätten laut Meinecke aber nicht zwangsläufig einen Baustopp für das Projekt zur Folge.

"Ich habe große Sorge, dass wir am Ende als Verlierer dastehen", sagt dazu Gerd Hubert vom Bürgerverein Jork. "Wir haben im Rat in großer Einigkeit alles getan, um eine Fahrrinnenvertiefung zu verhindern." Tatsächlich ist die geplante Elbvertiefung Anlass zu großer Sorge im Alten Land. Die Obstbauern bangen um ihre Existenz, weil nicht auszuschließen ist, dass nach dem Vertiefen der Fahrrinne der Salzgehalt im Mündungsbereich von Schwinge, Lühe und Este ansteigen könnte. So würde in den vielen Fleeten und Wettern, aus denen die Obstanlagen bewässert und vor Frost geschützt werden, das Wasser für die Obstbauern unbrauchbar.

Diese Sorge teilen die Experten der Bundesanstalt für Wasserbau nicht. Laut Messungen, die das Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben hatte, Sei nach der Elbvertiefung kein "signifikanter" Anstieg des Salzgehaltes zu erwarten. Das gehe aus den Unterlagen hervor.

Doch die Obsterzeuger an der Unterelbe sehen die weitere Ausweitung der sogenannten Brackwasserzone der Elbe, in der sich salziges Wasser aus der Nordsee mit Süßwasser aus dem Landesinneren mischt, als gefährlich an. Nach den Elbvertiefungen 1978 und 1999 habe sich die Brackwasserzone deutlich elbaufwärts verlagert, so Obstbauer Hubert Quast. "In den 50er Jahren lag sie auf Höhe Glückstadt, Wischhafen", sagt Quast. Jetzt habe sie bereits die Lühe erreicht.

Die Gemeinden im Alten Land sähen ihren Sorge als begründet, zumal ein Gutachten des Stader Dow-Werkes ergab, dass sich die Salzgrenze um bis zu 13 Kilometer verschieben könnte, wenn die Fahrrinne für Schiffe mit Tiefgängen von bis zu 14,50 Metern, um etwa einen Meter vertieft und verbreitert wird.

Laut Dirk Köpcke von der Obstbauversuchsanstalt Jork werde im Bereich von Kehdingen teilweise bereits der kritische Grenzwert von 0,5 Gramm Salz pro Liter Wasser überschritten, Obstbauer sollen sogar schon 1,2 Gramm je Liter Wasser gemessen haben.

Quast fürchtet, dass die geplanten Strombaumaßnahmen nahe der Elbmündung, die ein Ausbreiten des Brackwassers minimieren sollen, wenig nützen werden. Hans Jarck, Bürgermeister der Samtgemeinde Lühe sagt: "Wenn die Elbvertiefung jetzt forciert werden soll, wird im Alten Land gewaltiger Protest aufbrausen." Jorks Bürgermeister Rolf Lühmann beurteilt die Hamburger Äußerungen eher als Wunschdenken im Senat. "Solange die Auswirkung der Versalzung nicht geklärt ist, wird Niedersachsen wohl kaum zustimmen.", sagt Lühmann.

Weil die Planungsbehörden das Dow-Gutachten nicht mit nach Brüssel gegeben hatten, wo die EU-Kommission noch an ihrer Stellungnahme zur Elbvertiefung arbeitet, hätten die Altländer das Salzgutachten selbst an die EU Kommission geschickt, so Lühmann.

Monika Tegtmeyer von der Jorker SPD bezeichnet es als "unverständlich", wenn sich Hamburg über alle Bedenken der Altländer hinwegsetzen sollte. "Die Gemeinde Jork wird alle rechtlichen Register gegen eine Elbvertiefung ziehen", sagt Tegtmeyer. Harm-Paul Schorpp von den Jorker Grünen will, dass die Gemeinde schnellstens alle Fakten zu den ökologischen Folgen für eine fundierte Kritik auf den Tisch bringt. "Hamburg hat sich noch immer nicht an die EU-Auflagen für Ausgleichsflächen für die verlängerte Landebahn in Finkenwerder und in Sachen Mühlenberger Loch gehalten und will nun mit Salamitaktik an die Elbvertiefung", sagt Schorpp.

Susanne Meinecke von der Hamburger Wirtschaftsbehörde räumt ein, dass das Problem der Versalzung bekannt sei, Hamburg wolle eine akzeptable Lösung für alle Beteiligten suchen.