Viele Lokalpolitiker der Liberalen schieben die Schuld der Bundespolitik zu. Es gibt aber auch hausgemachte Gründe für die Verluste.

Stade/Buxtehude. Der 11. September 2011 wird als einer der schwärzesten Tage in die Geschichte der FDP im Landkreis Stade eingehen. Bei der Kommunalwahl haben die Liberalen deutlich an Stimmen eingebüßt und sind politisch an den Rand der Bedeutungslosigkeit gedrängt worden.

Die Zahlen sind niederschmetternd. In Buxtehude wurde mit vier Prozent aller Stimmen noch das beste Ergebnis im Kreis Stade eingefahren, in Stade reichte es nur zu 2,25 Prozent, in Jork für 2,8 Prozent, in der Samtgemeinde Lühe für 1,22 Prozent und in der Samtgemeinde Himmelpforten für 1,4 Prozent. Auch auf Kreisebene stürzte die Partei ab, erreichte lediglich 2,26 Prozent Stimmanteil. Ein Kuriosum ergab es in Harsefeld, wo der Schüler Dennis Weidemeier mit 0,4 Prozent der Stimmen in den Fleckenrat einzog.

Die Ursache sehen viele FDP-Mitglieder in der Bundespolitik. "Es lag zu einem Großteil auch an der Außendarstellung der Partei auf Bundesebene", sagt der Harsefelder Student und FDP-Politiker Patrick Meyer: "Gegen die Negativschlagzeilen kamen wir nicht an. Es hat uns das Genick gebrochen."

Ähnlich Peter Rolker: "Ja, ich glaube schon, dass die Bundespolitik Auswirkungen auf unsere Wahlergebnisse hat, auch wenn das gerne bestritten wird." Rolker, Mitglied des FDP-Kreisvorstands und Vorsitzender des Jorker Ortsverbands, holte immerhin 308 Stimmen für die FDP in Jork. "Aber ich halte es da wie der Bürgermeisterkandidat Matthias Riel. Wenn man sich einer Wahl stellt, muss man auch verlieren können." Dennoch sei es bitter, so abgewatscht zu werden, zumal von seiner Fraktion viele Impulse und Ideen in der Lokalpolitik umgesetzt worden seien, sagt Rolker.

Patrick Meyer musste im Kommunalwahlkampf die Erfahrung machen, dass viele Bürger nichts gegen die lokalen Kandidaten hatten, wohl aber gegen Guido Westerwelle, Philipp Rösler, Dirk Niebel und andere Bundespolitiker. "Viele sagten uns, sie würden uns wählen, wenn wir nicht in der FDP wären", sagt Meyer. Das schmerze, denn programmatisch sei ein Parteiwechsel nicht machbar. "Die politischen Grundwerte der Liberalen gibt es halt nur bei der FDP", sagt er.

Der Altländer Rolker ist der Meinung, dass eine Bestrafung der Freien Demokaten im Kreis Stade zu Unrecht erfolgt ist. "Wir haben unsere Aufgaben mit Verantwortung erfüllt, vieles kritisch hinterfragt und sind nicht nur zum Abnicken in den unzähligen Sitzungen gewesen." Dennoch sehe er den allgemeinen Trend gegen die Liberalen im Zusammenhang mit dem großen politischen Geschehen.

Burghardt Wahrburg, FDP-Ortsverbandsvorsitzender in Buxtehude, stimmt dem zu. "Die Bundespolitik war entscheidend. Wir haben deshalb harsche Vorwürfe ertragen müssen. Wir wurden als neoliberal gebrandmarkt, das wird uns aber nicht gerecht, wie haben auch viele Sozialthemen", sagt er.

Thorsten Cramer, Ortsvorsitzender der Stader Liberalen und Mitglied im Kreisvorstand sieht in der Bundespolitik nur eine Ursache. Für ihn gibt es auch hausgemachte Probleme, die zu dem Debakel geführt haben.

"Das Ergebnis der Kommunalwahl war für uns eine herbe Enttäuschung. Wir hatten viele Hoffnungen, doch wegen des Bundestrends war zu erwarten, dass wir abgestraft werden", sagt Cramer. Dass die FDP-Ortsverbände nicht für die Bundespolitik verantwortlich sind, sei einerlei. Das interessiere den Wähler nicht.

"Wir sind aber auch für eigene Fehler abgestraft worden. Das muss klar gesagt werden", sagt Cramer. Die Partei habe sich in den Räten nicht ausreichend profiliert und zu wenig eigene Themen gesetzt. "Gerade bei der Frage nach der Kohlekraft haben wir uns in die Enge drängen lassen. Das war unnötig", sagt der Stader Ortsverbandsvorsitzende. Überhaupt habe man in der Energiefrage unglücklich agiert.

Ein großer Fehler sei gewesen, die Stammklientel zu vernachlässigen. "Wir haben uns zuwenig um den Mittelstand, um die Mittelschicht mit gehobenem Einkommen und höherer Qualifizierung gekümmert. Das rächt sich", sagt Cramer. Zudem hätten es die Kandidaten versäumt, konsequent in der Öffentlichkeit aufzutreten. Es reiche nicht, sich nur zu Wahlterminen dem Bürger zu präsentieren. Die Partei sei zudem in Stade viel zu oft als Anhängsel der CDU wahrgenommen worden. Cramer fordert daher ein schärferes Parteiprofil und wäre in Stade für eine Koalition mit der SPD offen.

Am 22. September wollen die Liberalen auf der Kreisvorstandskonferenz über das weitere Vorgehen und Wege aus der Krise beraten. Köpfe sollen aber - vorerst - nicht rollen.