Stades Politik und Verwaltung haben aber bereits vorgesorgt. Neuer Bebauungsplan für das Kohlekraftwerk soll bald verabschiedet werden.

Stade/Bützfleth. Nun ist es endgültig. Der in einem Eilverfahren beanstandete Bebauungsplan 333/1 "Kohlekraftwerk" ist vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg endgültig gekippt worden. Für die Bützflether "Bürgerinitiative für eine umweltverträgliche Industrie", die gegen den Bebauungsplan geklagt hatte, ist dies ein wichtiger Teilerfolg. Sie sagen, das Urteil stelle sicher, dass dem Schutzbedürfnis der Bürger, die in unmittelbarer Nähe zum Plangebiet leben, nun doch Rechnung getragen werde. Die Stadt Stade kann mit dem Urteil aber gut leben. "Wir akzeptieren die Entscheidung des Gerichts und werden nicht dagegen vorgehen", sagt Stades Stadtbaurat Kersten Schröder-Doms.

Im Kern besagt das Urteil aus Lüneburg, dass die Grenzwerte für Lärm, die im ursprünglichen Bebauungsplan 333/1 von 1978 für das 160 Hektar große Areal festgelegt wurden, nicht sachgerecht festgelegt wurden. Bei den alten Grenzwerten ging die Stadt von einer Lärmsumme aus, die an der Grenze des Industriegebiets ankommen darf. Laut der aktuellen Rechtslage muss die Lärmimmission aber für jeden Betrieb und jede Industrieanlage einzeln festgelegt werden.

Das Urteil des Gerichts wird laut dem Stader Stadtbaurat aber nicht zu Verzögerungen für die Industrieplanungen der Stadt und der Unternehmen bei Bützfleth führen. "Der Bau des Dow-Kohlekraftwerkes wird von dem Urteil nicht beeinträchtigt, ebenso werden auch andere Projekte nicht mit Verzögerungen zu rechnen haben", sagt Schröder Doms. Die Stadt habe sich, nachdem Ende 2008 in einem Eilverfahren der Bebauungsplan vor Gericht beanstandet wurde, mit der Aufstellung neuer Bebauungspläne auf die veränderte Situation eingestellt. Der einstige Bebauungsplan 333/1 wird dabei in mehrere Einzelpläne aufgestückelt.

Diese Bebauungspläne werden seit 2009 schrittweise in den Ausschüssen und im Rat begutachtet und verabschiedet. Am Montag wurde mit dem B-Plan 601/2 "Bestehende Industrie nördlich Johann-Rathje-Köser-Straße" einer dieser Pläne vom Stadtrat gegen die Stimmen der Grünen verabschiedet.. "Wir liegen gut in der Zeit", sagt der Stadtbaurat. "Die Planungen für den Hafen stehen, die für die Industrie auch. Nun werden wir den bisher unbebauten Bereich aus den 70er-Jahren angehen", sagt der Stadtbaurat.

Die Grünen hatten am Montag als einzige Partei gegen den neuen Bebauungsplan gestimmt, da sie, wie die Bürgerinitiative und die Wählergemeinschaft Bützfleth, nicht der Ansicht sind, dass der Schutz der Bürger in dem neuen B-Plan vor Lärm und Staub ausreichend berücksichtigt worden sei. Zudem sei laut dem Grünen-Ratsherr Uwe Merckens unklar, ob es sich bei dem Bützflether Areal um ein Dorfmischgebiet handle, wie die Stadt es darstelle oder um ein Wohngebiet. Die Grünen gehen von Letzterem aus.

"Diese Ansicht wird vom Gericht meiner Meinung nach auch gestützt", sagt Hans Schmidt von der Wählergemeinschaft Bützfleth. Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg habe das im ursprünglichen B-Plan ausgewiesene Areal überwiegend als Wohngebiet und nicht als Wohnmischgebiet beurteilt. Das würde bedeuten, dass die Schallbelastungen niedriger sein müssten als die von der Stadt festgelegten Werte. "Wir werden den neuen B-Plan daher kritisch prüfen lassen. Notfalls werden wir auch gegen diesen neuen Bebauungsplan juristische Schritte einleiten, wenn eine Aussicht auf Erfolg besteht", sagt Schmidt.

Was die Bützflether jedoch am meisten stört, ist, dass die Stadtverwaltung es in mehr als 30 Jahren nicht geschafft hat, einen bereits im Bebauungsplan 333/1 vorgesehenen Wald zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm, Gerüchen und Staub zu errichten. Das Waldgebiet sollte auf dem Areal, das nun dem AOS-Eigner Victor Dadaleh gehört, entstehen. Die Grünfläche sollte 200 bis 250 Meter breit sein und damit den Lärm um fünf bis 10 Dezibel mindern. "Das damals geplante Waldgebiet nimmt die Hälfte des noch freien Geländes der AOS ein", sagt Schmidt. Dass Dadaleh diesen Wald aber aus freien Stücken errichten lassen wird, glaubt Schmidt nicht. "Das sind ja enorme Summen. Ich weiß nicht, wie das finanziert werden soll und wie die Stadt sichern will, dass dieser Wald kommt, denn im aktuellen B-Plan ist der Wald nicht mehr vorhanden", sagt Schmidt.

Stadtbaurat Kersten Schröder-Doms mahnt derweil zu Geduld. "Der Wald ist von der Stadt nicht vergessen worden. Er soll mit dem nun folgenden nächsten Abschnitt der Bebauungspläne aufgestellt werden."