Der pädophile Thorsten K. hat jahrelang an der Haupt- und Realschule gearbeitet. Einige Lehrer wussten von dem Fall, mussten aber schweigen.

Harsefeld. Der Schock sitzt tief bei den Lehrern der Haupt- und Realschule (HRS) in Harsefeld. Die Nachricht, dass der langjährige Schulassistent Thorsten K. kinderpornografisches Material gesammelt hatte und am Buxtehuder Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, sorgt für Kopfschütteln im Kollegium. Etliche Lehrer greifen nach dem Abendblatt, um sich erst mal ein Bild von der Lage zu machen. "Wir sind aus allen Wolken gefallen, als wir davon erfuhren", sagt Konrektor Axel Römer. Die Nachricht müssten viele Kollegen jetzt erst einmal verdauen, glaubt er.

Für eine Lehrerin jedoch ist die Verurteilung aber keine böse Überraschung, sondern eine Erlösung. "Ich bin froh, dass das jetzt endlich abgeschlossen ist", sagt Swantje Wilhelm. Die Lehrerin hatte fast ein Jahr lang von den Vorwürfen gegen den Schulassistenten gewusst und die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Dass sie während der behördlichen Untersuchungen gegen Thorsten K. nicht öffentlich zu dem Fall sprechen durfte, belastete sie. Kein Wort zu Kollegen und Eltern, kein Wort zur Familie. Stillhalten, solange die Untersuchungen laufen, ohne zu wissen, wie weit die Untersuchungen überhaupt sind. Es war eine Belastungsprobe. "Nun darf ich endlich offen über das reden, was ich seit fast einem Jahr mit mir herumtrage", sagt sie. Die Erleichterung ist ihr anzusehen, aber auch, dass der Justizfall sie monatelang stark belastet hat. Wilhelm erzählt, dass sie von den Vorwürfen gegen K. völlig überrascht war.

"Eine Mutter aus der fünften Klasse hatte mich eines Tages angesprochen, weil ihr Kind, das früher gerne in die Schule ging, plötzlich nicht mehr zur Schule gehen wollte. Wegen, wie sie sagte, dieser Dinge, die da seien", erzählt Wilhelm. Diese Dinge - das war das damals kursierende, aber laut der Staatsanwaltschaft in Hannover nicht zutreffende Gerücht, dass der ledige K. sich in seiner Familie an einem Kind sexuell vergangen haben soll. Zudem soll er Kinderpornografie auf seinem PC gesammelt haben. Dieses zweite Gerücht bestätigte sich später bei einer angeordneten Hausdurchsuchung.

"Die Mutter sagte zu mir, dass es doch nicht angehen könne, dass die Schule nichts unternehme, obwohl da etwas sei", erzählt Wilhelm. Doch sie und auch Schulleiter Jürgen Bollnow waren zu diesem Zeitpunkt noch ahnungslos. "Als ich dann verwundert reagierte, fragte mich die Mutter, ob die Schule denn nichts von all dem wüsste", so die Lehrerin. "Natürlich wussten wir von nichts, woher auch?", sagt sie. Wilhelm hatte daraufhin sofort den Schulleiter angerufen und ihn informiert. "Herr Bollnow war natürlich entsetzt. Auch weil es später hieß, dass die Polizei bereits ermittle, er aber nichts erfahren hatte", sagt Wilhelm, die den Informationsfluss zwischen Behörden und Schule bemängelt.

+++ Kommentar: Eine richtige Entscheidung +++

Ob Polizei und Staatsanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt bereits mit Ermittlungen beschäftigt waren und die Schule erst nachträglich informierten, ist momentan unklar. Die entsprechenden Akten, die darüber Auskunft geben können, befinden sich laut der Staatsanwaltschaft Hannover, die zentral alle Fälle von Kinderpornografie in Niedersachsen behandelt, noch im Buxtehuder Amtsgericht und könnten derzeit nicht eingesehen werden.

Nachdem Wilhelm den Schulleiter informiert hatte, ging es Schlag auf Schlag. Bollnow schaltete die Landesschulbehörde ein, die reagierte sofort und entfernte Thorsten K. vorläufig aus dem Dienst. "Im Kollegium dachten zunächst alle, dass K. krank sei und irgendwann zurückkommen werde", sagt Konrektor Römer. "Als dann bei der Schulleitung die Vorwürfe publik wurden, sind wir zunächst aus allen Wolken gefallen. Dann tat uns der Schulassistent zunächst leid. Wir dachten, dass es sich eventuell um eine Verleumdungskampagne gegen ihn handeln könnte. Es gab ja für uns keine konkreten Informationen." Zudem sei K. immer charakterlich einwandfrei gewesen. "Er war eine Seele für uns, er hat alles zu 120 Prozent erledigt. Es gab nie negative Vorfälle", sagt Römer. Als K. ab dem Sommer 2010 nicht mehr zur Schule kam, hätte das Kollegium geglaubt, dass der Schulassistent krank sei.

Einige Lehrer wollten, so Römer, K. eine Karte mit Genesungswünschen schicken. Wenig später trafen einige Schullehrer K. in der Stadt. Der ließ Grüße an die Kollegen ausrichten. "Als ich das hörte, wurde mir richtig schlecht", sagt Wilhelm "Ich dacht mir nur: Wenn ihr wüsstet, was ich weiß...". Es sei ein schlimmes Gefühl gewesen, nichts von den Vorwürfen sagen zu dürfen, die Kollegen nicht mit der Wahrheit konfrontieren zu können.

Dass K. verurteilt wurde, begrüßt Wilhelm, doch über 1280 Euro Geldstrafe wundert sie sich. Sie hatte ein härteres Urteil erwartet. Wie es an der Schule weitergehen wird, weiß Axel Römer derzeit nicht. "Vielleicht werden jetzt einige besorgte Eltern anrufen, vielleicht nicht. Wir müssen abwarten."