Im restaurierten Deinster Bahnhof von 1898 sollen künftig auch Lesungen und Kunstausstellungen stattfinden

Deinste. Die Dampflokomotive pfeift, Geruch von Maschinenöl liegt in der Luft, eine Qualmwolke steigt empor. Eisenbahnnostalgie vor historischer Kulisse. Als sich die Dampfwolke der kleinen Schmalspurlokomotive auflöst, ist der Blick frei auf das Bahnhofsgebäude von Deinste. Es ist ein technisches und optisches Gesamtkunstwerk. Lange war es vom Verfall bedroht, nun ist es gerettet und steht unter Denkmalschutz. Der Deinster Bahnhof ist nach seiner Restaurierung wieder als Haltepunkt des "Moorexpress" geöffnet und der ganze Stolz der Deinster Bürger.

"Für rund 190 000 Euro wurde das Gebäude komplett saniert und soll nun als Kulturbahnhof wieder mit Leben erfüllt werden", sagt Helmuth Klintworth, Vorsitzender des Fördervereins Deinster Bahnhof. Deinstes Bürgermeisterin Marianne Wiebusch lobt die Arbeit der zehn regionalen Handwerksbetriebe, die in den vergangenen acht Monaten den stark verfallenen Bahnhof zu einem Schmuckstück machten.

"Es treibt mir die Freudentränen in die Augen, so schön ist das alles hier geworden", sagt Wiebusch bei der Eröffnungsfeier. Ohne die Unterstützung von Axel Weber vom Amt für Landentwicklung Bremerhaven sei das Projekt so nicht realisierbar gewesen, so Wiebusch. Deinstes Altbürgermeister Hans-Wilhelm Schmetjen habe sich schon vor fast einem Jahrzehnt, in Zeiten klammer Kassen, für die Rettung des Bahnhofs stark gemacht, so Wiebusch in ihrer Festansprache.

Motor in Sachen Finanzierung und Organisation war Helmuth Klintworth, der unzählige Spender motivieren konnte. Dies unterstrich auch Fredenbecks Samtgemeindebürgermeister Friedhelm Helk. Zur Feier des Tages überbrachte er wie viele andere Gratulanten ein "Flachgeschenk" im Couvert, damit der Förderverein Deinstes Aushängeschild weiterhin pflegen kann.

Ebenso wie die alte Stellwerkstechnik sind auch alle architektonischen Besonderheiten des Bahnhofsgebäudes originalgetreu wieder hergerichtet. Der Deinster Architekt Reinhard Steffens hatte sich bei der Projektierung akribisch ans historische Vorbild gehalten.

Entworfen wurde der Deinster Bahnhof, wie auch der Worpsweder Bahnhof und weitere Stationen entlang der Moor-Express-Strecke zwischen Stade und Bremen, vom Worpsweder Jugendstilkünstler Heinrich Vogeler. Im Jahr 1898 wurde er dann gebaut.

"Im Rahmen der Dorferneuerung wurde es möglich, diesen Vogler-Bahnhof zu restaurieren", sagt Helmuth Klintworth. Etwa 30 Bürger aus Deinste und Helmste erarbeiteten in einem eigens dafür gegründeten Arbeitskreis unter Leitung von Helmuth Klintworth ein Sanierungskonzept. Die Vogeler-Bahnhöfe in Worpswede und Geestenseth waren bereits restauriert worden, als der Deinster Gemeinderat die Signale für den Erhalt des Bahnhofs auf Grün stellte.

In Graugrün, ganz originalgetreu, ist die Holzverkleidung des Gebäudes gestaltet. Der über Jahrzehnte zugemauerte Haupteingang wurde wieder hergerichtet, der gesamte Innenbereich musste vor der Instandsetzung entkernt werden, damit der einstige Schalter- und Warteraum für Besucher und Fahrgäste der Schmalspurbahn des Deutschen Feld- und Kleinbahnmuseums genutzt werden können. Bahnhof, Terrasse, Bahnhofscafé und Bahnsteig sind barrierefrei zugänglich, auch für Rollstuhlfahrer.

"Im historischen, denkmalgeschützten Hebelstellwerk werden Funktionen der Weichen und Signale vorgeführt", sagt Dörte Best, die 1991 selbst noch auf diesem Bahnhof tätig war. Für die technische Beratung bei der Restaurierung des Bahnhofs samt Stellwerk stand Jörg Müller den Handwerkern zur Seite. "Ich war als Lokführer von 1986 bis 1992 regelmäßig auf der Strecke Stade Bremerhaven unterwegs", sagt der Deinster.

Bauherr ist die Gemeinde Deinste, Eigentümer sind die Eisenbahnen- und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (EVB). Geschäftsführer Ulrich Koch überbrachte als Geschenk eine frohe Botschaft: "Die EVB hat beschlossen, das Gleis zu erhalten." Koch und EVB-Sprecher Eckhard Spliethoff hatten noch ein weiteres Bonbon im Gepäck: "Die EVB verpachtet das geschichtsträchtige Gebäude für 35 Jahre an den Förderverein, damit die Nutzung langfristig geplant werden kann."

Die rund 40 Mitglieder des Fördervereins Deinster Bahnhof wollen dem historischen Gebäude mit Kunst und Kulturveranstaltungen wieder Leben einhauchen. So seien plattdeutsche Abende, eine Ausstellung mit Werken des Deinster Künstlers Otto Rahm und andere Events geplant.

Einer der nächsten Höhepunkte wird im restaurierten Bahnhof das 100-jährige Jubiläum des Moorexpresses sein, so Klintworth "Auch die Mitglieder vom Deinster Klein- und Feldbahnmuseum wollen ihre Haltestation zum Vogeler-Bahnhof verlegen und so die Bahnstrecke der Kleinbahn verlängern. Die Schalterhalle des Kleinbahnmuseums soll zudem im Bahnhofsgebäude eingerichtet werden", sagt der Vorsitzende Rainer Ebeling.

Von den rund 190 000 Euro für die Komplettsanierung des alten Bahnhofs kommen etwa 100 000 Euro vom Land für das Dorferneuerungsprogramm. Weitere 40 000 Euro steuert die Gemeinde bei, der Rest kommt aus Stiftungs- und Spendengeldern. "Unsere Mitglieder des Fördervereins haben außerdem hunderte Arbeitsstunden an Eigenleistungen in die Sanierung investiert", sagt Klintworth. "Ohne die vielen Spender und ehrenamtlichen Helfer, die Unterstützung von Vereinen, Stiftungen und Sponsoren aus Deinste und Helmste hätten wir ein solches Projekt nicht stemmen können."