Industrie- und Handelskammer vergibt erstmals die Auszeichnung “Ikarus“ an Pädagogen aus dem Elbe-Weser-Raum

Stade. Seit Jahrzehnten steht das Bildungssystem in der Kritik, spätestens seit den ersten Pisa-Studien hat eine politische Reformwut die Schul- und Hochschullandschaft überzogen. Das negative Bild von Schulen und Hochschulen, das in der Öffentlichkeit oftmals vermittelt wurde, tat das Übrige, um das Image der deutschen Bildungsinstitutionen nachhaltig negativ zu prägen. Die Lehrer, so der Tenor, seien unmotiviert, die Schüler so gut wie nicht erziehbar, das pädagogische System überkommen.

Die IHK will die Arbeit der Lehrer mit dem neuen Preis aufwerten

Gegen diese Pauschalschelte am Bildungssystem stellt sich die Industrie- und Handelskammer (IHK) für den Elbe-Weser-Raum in Stade. "Seit den Pisa-Studien gibt es eine ungerechtfertigte Dauerkritik an den Schulen und immer neue Erlasse", sagt Bodo Stange, Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung bei der IHK Stade. Viele Lehrer würden jeden Tag eine große, lobenswerte Arbeit leisten. "Das wird aber nicht honoriert und praktisch nicht wahrgenommen", so Stange.

Deshalb hatte die IHK kürzlich einen Preis für den Lehrer des Jahres in unserer Region ausgelobt. Nun wurden die Preisträger für ihre pädagogische Leistung geehrt. Knapp 100 Vorschläge aus dem gesamten Elbe-Weser-Raum habe es von Schülern, Ausbildern und Eltern für den Preis gegeben, alle seien höchst seriös gewesen, so der IHK-Geschäftsführer. Das zeige, dass es abseits der Politik sehr wohl eine große Wertschätzung für den Lehrerberuf gebe, gerade auch von den Schülern, die es durchaus zu würdigen wüssten, welches Engagement die Pädagogen oftmals aufbringen, um den Schülern etwas Sinnvolles beizubringen.

"Für uns war klar, dass es überfällig ist, einen Preis, den Ikarus, auszuloben. Es soll zum einen ein Dank für die gute Arbeit der Lehrer sein und zudem das Image des Lehrerberufs endlich wieder stärken", so Stange. Die Auswertung der eingereichten Begründungen für den Titel "Lehrer des Jahres 2010" habe ergeben, dass nicht etwa die kumpelhaften Lehrer besondere Wertschätzung von Schülern und Eltern erfahren würden, sondern dass ein idealer Lehrer der sei, bei dem die Schüler viel lernen. Der Unterricht müsse abwechslungsreich sein, der Lehrer müsse die Stärken der Schüler erkennen und fördern, zugleich aber die Schwächen seiner Schützlinge erkennen und, soweit möglich, ausmerzen. Wichtig sei auch, dass der Lehrer ein echtes Interesse an den Schülern zeige und bei den Zeugnissen und den Klassenarbeiten die erbrachten Leistungen gerecht bewerte.

Nach einer ausgiebigen Prüfung der eingereichten Bewerbungen von einer vierköpfigen Jury standen vier Lehrer ganz vorne an der Spitze. "Alle vier waren praktisch punktgleich, am Ende hat uns die Begründung für die Siegerin einen kleinen Tick mehr überzeugt, ihr die Auszeichnung zukommen zu lassen", sagt Stange.

Das Rennen machte schließlich Erika Otten aus Tarnstedt. Die KGS-Lehrerin, so die Begründung von Eltern, kümmere sich intensiv um die Probleme der Schüler, helfe regelmäßig bei der Berufsorientierung, fördere nachhaltig die Entwicklung der Persönlichkeit der Schüler sowie deren Sozialkompetenz und betreibe Präventionsarbeit an der Schule. Die Zusammenarbeit zwischen den Eltern und Otten sei zudem außerordentlich positiv.

Punktgleich auf dem zweiten Platz landeten Friedhelm Horn vom Ratsgymnasium in Rotenburg, Lars Leminski von der Berufsbildenden Schule in Bremervörde und Frank Münter vom Vincent-Lübeck-Gymnasium in Stade. Einen Sonderpreis für sein Lebenswerk erhielt Klaus Dieter Mehlan von der Haupt- und Realschule Kehdingen für seinen - so die Begründung - über Jahrzehnte betriebenen innovativen und attraktiven Unterricht und die Begründung des mittelalterlichen Dorfes "Op de Hörn" in Balje, in dem Schüler spielend einen Zugang zur Gesellschaft und Wirtschaft des Mittelalters gewinnen.

Für die Lehrer ist der Preis eine echte Genugtuung

"Der Preis ist eine gewisse Genugtuung für mich", sagt Mehlan, der sich sichtlich über die Würdigung seiner Arbeit freute. "Unsere seit Jahrzehnten geleistete und engagierte Arbeit wird damit endlich mal honoriert."

Auch Frank Münter, der die VLG-Bigband begründete und unter anderem mit der Jazzband immer wieder Schüler für den Musikunterricht begeistern kann, bezeichnet den Preis als eine gute Idee. "Die Kritik an unserem Beruf war zuletzt sehr groß, da ist der Preis schon so etwas wie ein kleines Pflaster für die Seele", so Münter. Natürlich sei der Preis auch eine PR-Aktion für die Handelskammer, dennoch sei es gut, dass es den Preis gebe. "Er bestärkt uns darin, dass das, was wir tun, richtig ist", so Münter.

Für den Stader Musiklehrer ist bei der pädagogischen Arbeit der gegenseitige Respekt der eigentliche Schlüssel zum Erfolg. "Ich muss als Lehrer meine Schüler als Menschen wirklich ernst nehmen. Die Schüler spüren, dass jemand echtes Interesse an ihnen und ihrer Arbeit hat, sich um sie kümmern will", sagt Münter. Die Schüler würden im Gegenzug dem Lehrer ebensolchen Respekt entgegenbringen. Das Ergebnis sei eine angenehme Arbeitsatmosphäre, die Raum für positive Lernimpulse schaffe. Doch bei allem Engagement gebe es immer einige Schüler, die man nicht erreiche. "Das ist normal, davon darf sich ein Lehrer aber nicht entmutigen lassen", sagt Münter.