Stader Gemüsehändler zeigen ihren Kunden schwarz auf weiß, woher ihre Produkte stammen - doch das nützt nur wenig

Stade/Buxtehude. Gurken, Tomaten, Blattsalate - seit Beginn der EHEC-Epidemie sind sie Ladenhüter. Bei Erzeugern und Händler sorgt dies für riesige Einbußen. In einer gemeinsamen Aktion reagieren sie deshalb offensiv auf die EHEC-Krise: Unaufgefordert zeigen fast alle Stader Gemüsehändler ihren Kunden nun schwarz auf weiß, dass sie nur streng geprüfte Ware verkaufen. Mit amtlichen Zertifikaten wollen sie das Vertrauen der völlig verunsicherten Kunden wieder stärken. Doch die Mehrheit der Kunden traut den Beteuerungen nicht.

Vor allem seit Ende vergangener Woche bekannt wurde, dass am Dienstag erstmals eine Patientin des Stader Elbe-Klinikums aufgrund von EHEC am hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) gestorben war, klagen die Stader Gemüsehändler über massive Verluste. Allein im Elbe-Klinikum Stade wurden gestern sechs neue Fälle von EHEC bekannt, im Buxtehuder Krankenhaus waren es zwei Fälle. Gleichwohl spricht Dr. Bernd Rasenack, Amtsarzt im Gesundheitsamt des Landkreises Stade, davon, dass die Zahlen derzeit leicht rückläufig seien.

Dennoch bleibt die EHEC-Lage ernst und die Zahl der Erkrankungen steigt weiter. Mediziner und Wissenschaftler können noch keine Entwarnung geben. Auch im Stader Elbeklinikum sei die Lage noch angespannt, sagt der ärztliche Direktor, Dr. Jörg Igloffstein.

Heike Wehrmann, die Obst und Gemüse auf dem Stader Wochenmarkt verkauft, kann von der Verunsicherung der Kunden ein trauriges Lied singen: "Die Angst vor der gefährlichen bakteriologischen Epidemie bestimmt die Speisepläne. Selbst bei Gemüsearten wie Mangold oder Spinat, die ausschließlich gekocht verzehrt werden, sind unsere Kunden skeptisch. Wir bleiben trotz der Zertifikate auf einem Großteil unserer Ware sitzen."

Auch am Gemüsestand gleich neben dem von Heike Wehrmann ist die Stimmung trüb. Anna-Lena Schuback, die Obst und Gemüse vom Fruchtgroßhandel Grünendeich verkauft, dass die Kunden trotz der Zertifikate sehr vorsichtig sind. "Viele sind zu sehr verunsichert, sie fragen uns nach der Herkunft der Ware und suchen sehr oft unsere Beratung."

Dies bestätigt Gemüseerzeuger Michael Hauschildt vom Gemüsehof Hauschild in der Engelbrechtschen Wildnis bei Glückstadt. Seine Ware sei unbedenklich. Zu Dutzenden liegen bei ihm und seinen Mitbewerbern nun Dokumente und Ehrenworterklärungen aus. Die von Hauschildt beginnt mit den Worten: "Wir möchten Sie darüber informieren, dass unser Betrieb nur mineralischen Dünger und keinen Wirtschaftsdünger oder organischen Dünger einsetzt..."

Kochen statt kauen - das ist offensichtlich derzeit das Gebot der Stunde für all jene, die trotz EHEC nicht auf Gemüse verzichten wollen. So etwa Erika Kielschinskie. Sie hat gerade am Obst- und Gemüsestand von Klaus-Heinrich Dehde etwas Porree, Wurzeln und einen Kohlrabi gekauft. Die Seniorin aus Stade sagt: "Man kann ja nicht auf alles verzichten. Davon koche ich mir eine schöne Suppe und hoffe, dass ich weiterhin gesund bleibe."

Ähnlich sieht es Kundin Karin Werner aus Bad Bederkesa: "Wir haben Rohkost komplett von unserem Speiseplan gestrichen, obwohl mein Mann und unsere beiden Kinder es wirklich sehr gern essen. Aber meine Angst, dass ihnen etwas passieren könnte, ist zu groß. Deshalb möchte ich jedes Risiko vermeiden."

Manch einer ist derzeit besonders froh, Selbstversorger zu sein. Peter Oakley Swain aus Dollern etwa fühlt sich beim Verzehr von Gurken und Tomaten auf der sicheren Seite: "Ich baue das Gemüse im Schrebergarten an, da kommt nichts Ungesundes dran." Auch Jutta Reis aus Stade zieht ihr ganz persönliches Gemüse auf dem Hochbeet im eigenen Garten. "Das mache ich seit Jahren so und muss nun nicht wegen der EHEC-Angst verzichten."

Nur wenige Hartgesottene sagen, dass sie sich von den Meldungen über den gefährlichen Darmkeim nicht beeinflussen lassen. "Wir essen genau so wie vor EHEC und verzichten auf nichts. Alles wird ordentlich und sauber zubereitet und wir sind noch kerngesund", sagt Wochenmarktkunde Horst Gruhlke aus Stade. Er schwört auf den Stader Wochenmarkt: "Hier ist alles frisch und sauber, da habe ich Vertrauen zu den Händlern."

Doch Kunden wie Gruhlke sind die Ausnahme. Nicht nur bei den Stader Marktbeschickern sind die Einbußen dramatisch "Dabei kommt unsere Ware direkt von hier, aus der heimischen Region, wie dem Alten Land, rund um Glückstadt oder die Vier- und Marschlanden", klagt Gemüsehändler Dehde. "Alles wurde sorgfältig getestet, bevor es auf die Wochenmärkte kommt. Die Erzeuger sorgen bereitwillig dafür, um den Kunden wieder mehr Sicherheit zu geben." Was ihm bleibt, ist das Prinzip Hoffnung. Dehde übt sich in Optimismus: "Wir setzen darauf, dass es besser wird. Schließlich haben wir, wie die meisten Kollegen an den Gemüseständen, nur Ware, deren Unbedenklichkeit mit entsprechenden Zertifikate bestätigt ist."