5,5 Millionen Euro werden in Stade für ein einmaliges Forschungsprojekt investiert

Stade. Eine kleine Revolution ist in Stade auf den Weg gebracht worden. Mit 5,5 Millionen Euro aus Landes- und EU-Mitteln wird im CFK-Nord Forschungszentrum in Stade-Ottenbeck nach Lösungen gesucht, um eine günstige Massenproduktion von CFK-Komponenten zu ermöglichen. Das Forschungsprojekt ist auf vier Jahre angelegt und soll in zehn Jahren den Werkstoff Aluminium in vielen Bereichen überflüssig machen.

Die kohlefaserverstärkten Kunststoffe, kurz CFK, sind für Forscher und Konzerne der Werkstoff der Zukunft. CFK-Komponenten sind leichter, flexibler und stabiler als Aluminium, können vollständig recycelt werden und korrodieren kaum. Sie können zudem, da es sich um Textilien handelt, in jegliche gewünschte Form gebracht werden. Die in Tape-Layer-Maschinen gewobenen Kohlenstoff-Fasern, die später schichtweise mit Harzen verklebt werden, werden in großen Öfen, sogenannten Autoklaven, gebacken, bis sie vollständig ausgehärtet sind.

Für Konzerne wie Airbus ist die Produktion von Flugzeugen ohne CFK-Bauteile inzwischen undenkbar. Der Konzern setzt in großem Stil unter anderem auf Rumpfschalen und Trägersysteme aus CFK für Flugzeuge, wie den A 350, den A 380 oder den Militärtransporter A 400M. Doch die erreichten Produktionszahlen sind immer noch zu niedrig, die Herstellungsprozesse vielfach noch manuell und die Kosten für CFK-Komponenten damit weiterhin hoch. Das soll sich nun alles ändern.

Insgesamt elf Forscher der Technischen Universitäten aus Braunschweig und Clausthal sowie Forscher der Leibniz-Universität Hannover beziehen im CFK-Nord Forschungszentrum nun ihre Büros, um in unmittelbarer Nähe zu Airbus, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und weiteren Forschungseinrichtungen an Modellen für eine automatisierte Großserienproduktion von CFK-Komponenten zu arbeiten. Die Promotionsprojekte sollen in zehn Jahren die Grundlagen für eine Großserienproduktion von CFK-Teilen in allen Bereichen schaffen - von der Luft- und Raumfahrtbranche über Fahrräder, Autos bis hin zu Sport- und Freizeitgeräten.

"Die Potenziale von CFK werden noch längst nicht ausgenutzt, wir müssen mit dem neuen Werkstoff strategisch in die Großproduktion gehen, wie etwa in die Automobilbranche", sagt Premium-Aerotec-Manager Dieter Meiners, der einst das Stader Airbus-Werk leitete. Zu viele Probleme gebe es noch in der aktuellen CFK-Produktion. Daher könne die Wirtschaft derzeit auch keine großen Innovationen präsentieren. "Für die Probleme werden wir nun hoffentlich Antworten finden", sagt Meiners. Wenn die gefunden sind, werde es auch wieder einen deutlichen Innovationsschub geben.

Das hofft auch Martin Wiedemann, Direktor des Instituts für Faserverbundleichtbau und Adaptronik beim DLR. "Bei CFK steckt der Teufel oft im Detail, wir haben viele Erfahrungen sammeln müssen, wie man es nicht machen sollte. Nun schlagen wir den richtigen Weg ein", so Wiedemann. "Es geht darum, alles für den Massenmarkt bezahlbar machen zu können. Bisher ist das nicht so, aber wir wissen, dass es klappen wird", so Wiedemann. Mit dem Projekt werde ein neues Zeitalter für die CFK-Forschung eingeläutet.

Carsten Schmidt von der Universität Hannover rechnet damit, dass in etwa zwei Jahren die ersten Ergebnisse der Promotionsprojekte vorliegen werden. "Wir setzten bei dem Forschungsprojekt bewusst auf Synergieeffekte. Die Kooperation der drei Universitäten mit dem CFK-Valley ist ein Schritt hierbei, der zweite ist, dass die Forscher nicht alleine im Büro sitzen werden, sondern sich gegenseitig inspirieren sollen. Wir setzen auch hier auf Synergieeffekte", sagt Schmidt.

Die Forscher werden in den kommenden vier Jahren von Grund auf die CFK-Produktion auf den Prüfstand stellen und Optimierungsmodelle erarbeiten. Das fängt bei vergleichsweise einfachen Dingen, wie der Gestaltung von Produktionshallen an, geht über die Entwicklung von Computersimulationsmodellen für neuartige CFK-Produktions- und Verarbeitungsmaschinen bis hin zu optimierten Arbeitsschritten und Transportwegen.

Das Land Niedersachsen investiere laut Josef Lange, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, 1,4 Millionen Euro in das Forschungsvorhaben. 4,1 Millionen kommen aus Brüssel dazu. "Es ist kein triviales Ziel, das wir hier erreichen wollen"; sagt Lange.

"Der CFK-Bereich ist hochkomplex, wir brauchen hier für die Zukunft eine verlässliche und berechenbare Produktion mit optimierten Prozessen." Dass das Land erneut einen Millionenbetrag in das Stader CFK-Valley investiere und so einen einzigartigen Technologiepool schaffe, zeige, welche Bedeutung dem Zukunftswerkstoff vom Land zugemessen werde.