20 000 Menschen feiern das Blütenfest. Bürgermeister der Gemeinden Jork und Lühe unterzeichnen die Altländer Charta. Nur Olaf Scholz fehlt.

Jork. Eitel Sonnenschein beim Blütenfest im Alten Land. Jorks Bürgermeister Rolf Lühmann strahlte mit der Sonne und der neu gekrönten Blütenkönigin, Marie Josefine Hintz aus Mittelnkirchen, um die Wette. Rund 20 000 Besucher des Festes genossen am Wochenende Musik und Markttreiben, Trachtengruppen und Tanz, Festumzug und Feuerwerk.

Von dem mit Hamburg schwelenden Streit um die Altländer Charta und die Bewerbung des Alten Landes als Welterbe der Unesco fiel nicht der kleinste Schatten auf die Festfreude. Im Gegenteil, denn endlich ist die Charta unter Dach und Fach. Im Trauzimmer des Jorker Rathauses haben sie sich getraut, ohne Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) die Altländer Charta zu unterzeichnen.

Hans Jarck, Bürgermeister der Samtgemeinde Lühe, Kerstin Hintz, Vorsitzende des Weltkulturerbe-Vereins Altes Land und Rolf Lühmann, Bürgermeister der Einheitsgemeinde Jork signalisierten mit ihrer Unterschrift als Altländer der Ersten Meile von der Schwinge bis zur Lühe und der Zweiten Meile von der Lühe bis zu Este Einigkeit und den Willen, das Alte Land auf die Bewerberliste für das Unesco-Welterbe zu setzen. "Mit diesem Ergebnis jahrelanger Arbeit sind wir einen Riesenschritt weiter", sagt Jarck. Kerstin Hintz sagt: "So bleibt die Wertschätzung des Alten Landes nicht nur ein Lippenbekenntnis."

Einziger Wermutstropfen für die Altländer: Die Zuständigen für die Dritte Meile Altes Land, die zu Hamburg gehört, sind nicht mit im Boot. Andreas Rieckhof, Staatsrat in der Hamburger Wirtschaftsbehörde und bis vor wenigen Wochen Bürgermeister in Stade, schiebt Jorks Bürgermeister Rolf Lühmann dafür den Schwarzen Peter zu.

Lühmann habe in einem Brief versucht, Olaf Scholz in dieser Sache zeitlich unter Druck zu setzen, so Rieckhof.

"So einen Brief, mit Terminsetzung, schreibt man nicht an den Bürgermeister von Hamburg. Wir waren darüber, gelinde gesagt, sehr erstaunt", sagte Rieckhof dem Abendblatt.

"Mit dem schwarzen Peter aus Hamburg kann ich leben", sagt hingegen Lühmann und verweist auf die lange Vorgeschichte seines Briefes, in dem er Scholz zur Wahl gratulierte und um Unterstützung für die Unesco-Bewerbung des Alten Landes bat.

"Sieben Mitglieder der für die Dritte Meile Altes Land zuständigen Bezirksverwaltung Harburg haben über Jahre in der Arbeitsgruppe Kulturlandschaftsanalyse an der Vorbereitung der Charta mitgewirkt und sich für diese Leitlinien ausgesprochen. Mehrfach wurden Termine für eine gemeinsame Unterzeichnung verschoben. Der selbstbewusste Altländer packt es an und will fertig werden, schließlich wollen wir uns im Herbst um das Welterbe bewerben", sagt Lühmann.

In Jork und Lühe hätten Politik und Verwaltung früh an einem Strang gezogen. Im Hamburger Teil sei zwar der Harburger Bezirksamtsleiter, Torsten Meinberg, für Altländer Charta und Baufibel gewesen, aber letztlich liege die Zuständigkeit beim Hamburger Senat. Und dort kritisiert man den Artikel 2 der Charta mit der Formulierung "Über Jahrhunderte wurden spezielle Kulturmaßnahmen angewandt, die das Gesicht des Alten Landes bis heute prägen. Es besteht die Gefahr, dass der Raum die eigene Kraft verliert und bedeutungslos wird. Lokale und überregionale, private und öffentliche Überplanungen und daraus abgeleitete Verwertungsansprüche bedrohen die Existenz der Region."

Andreas Rieckhof kritisiert Passus in der Altländer Charta

Andreas Rieckhof sagt: "Das ist eine klare Aussage gegen die weitere wirtschaftliche Entwicklung auf dem Hamburger Gebiet des Alten Landes und wird von Hamburg nicht unterschrieben."

Es sei eben so, dass getroffene Hunde bellen, sagt dazu Kerstin Hintz. Aber die Arbeitsgruppe sei seit 2009 mit dem politischen Ziel, Welterbe zu werden, aktiv. "Es muss in der Sache Verlässlichkeit geben, auch wenn die Regierung in Hamburg wechselt. Wir lassen alle Türen für Verhandlungen offen", sagt Hans Jarck.

Jorks Gäste indes genossen die Krönung der Blütenkönigin und den großen Festumzug. Die 17 jährige Marie Josefine Hintz übernahm den blütengeschmückten "Flunkkranz" und beste Wünsche für ihre Amtszeit von ihrer Vorgängerin Meike Tilsner. Frank Deppe, bis Frühjahr 201l Vorsitzender der Werbegemeinschaft Jork, legte der neuen Königin die fünfreihige Königskette mit den silbernen Filigrankugeln um den Hals. "Ich freue mich so sehr und bin überglücklich", sagte die neue Majestät, die gerade ein Turbo-Abitur bestanden hat, aktiv in der Jazztanzgruppe und sehr musikalisch ist.

Erste Gratulanten waren Bürgermeister Rolf Lühmann und Stades Landrat Michael Roesberg. Beim Bad in der Menge wurde die neue Repräsentantin des Alten Landes bestaunt und bejubelt. "Wir dachten, so wat Schönes jibbet jar nich mehr", schwämten Brigitte und Peter Tabbert aus Köln, die extra zum Blütenfest angereist waren. "Die Trachten, die Gemütlichkeit, die gepflegten Orte im Alten Land und ein kostenloser Parkplatz fürs Wohnmobil in Jork, da muss man den Organisatoren ein großes Lob aussprechen", so die Kölner.

Höhepunkte des Festes waren der Umzug und das Feuerwerk

Dichtes Gedränge herrschte sowohl an der Festbühne beim Rathaus, wo Musikgruppen und die Altländer Trachtengruppe mit Tanzvorführungen mit Beifallsstürmen bedacht wurden. Von einem Riesenrad aus hatten die Besucher einen weiten Blick über das Alte Land und die Budenmeile im Jorker Zentrum. "Höhepunkte waren am Sonnabend der Umzug und das Feuerwerk, das sich etwa 12 000 Besucher in Jork angesehen haben", sagt Ana Breckwoldt von der Jorker Tourist-Info. Es sei kein einziges Quartier im Alten Land mehr frei gewesen, so die Tourismusexpertin. Vereine, Verbände, Theatergruppen, Musikzüge präsentierten den Zuschauern farben- und stimmungsfrohe Eindrücke Altländer Traditionen.