DIe Industrie- und Handelskammer Stade fragt 600 junge Leute aus der Region, was sie von ihrem Ausbildungsplatz erwarten.

Stade/Buxtehude. Die Zeiten, in denen sich Personalchefs entspannt zurücklehnen und jedes Jahr aus einem Stapel Bewerbungen geeignete Auszubildende auswählen konnten, sind vorbei. Schon heute bleiben viele Lehrstellen unbesetzt. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Stade spricht mit Blick auf den demografischen Wandel bereits von einem "Rennen der Betriebe" um die Jugendlichen.

Künftig würden sich die jungen Bewerber immer häufiger ihren Betrieb aussuchen und nicht andersrum, sagt Bodo Stange, IHK-Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung. Deshalb hat die Stader Kammer jetzt mehr als 600 Schüler aus der gesamten Region befragt, worauf es ihnen bei einem Ausbildungsbetrieb ankommt.

Zunächst sind Vertreter der Stader IHK in einige Schulen gefahren und haben dort mit den Schülern in der Gruppe diskutiert. Aus den Ergebnissen dieser Gespräche sind die Fragen formuliert worden. Nach einigen Testläufen wurde eine Onlinebefragung erstellt, die Schüler wurden informiert. Damit sich auch genügend Jugendliche beteiligen, um aussagekräftige Ergebnisse zu bekommen, wurde unter allen Teilnehmern ein Laptop verlost.

Jetzt hat die IHK die Ergebnisse ihrer Umfrage präsentiert. Überraschende Erkenntnis: Das wichtigste Kriterium für die befragten Jugendlichen ist Respekt. Sie wollen in ihrem Ausbildungsunternehmen respektiert und von den Kollegen ernst genommen werden. Ein ebenfalls entscheidender Faktor für die angehenden Auszubildenden sei, dass ihnen die Ausbildung im Unternehmen Spaß macht und das Betriebsklima gut ist. Dabei gehe es nicht nur um ihre persönliche Situation, sondern auch um die übrige Belegschaft, sagt IHK-Geschäftsführer Stange. Wenn die Kollegen den ganzen Tag über mit schlechter Laune auf den Feierabend warteten, nähmen viele Jugendlichen von diesem Betrieb Abstand.

Weil sie dies nicht während des Bewerbungsgesprächs herausfinden können, wünschen sich die Jugendlichen, ein Praktikum in dem Betrieb machen zu können, bevor sie sich für oder gegen das Unternehmen entscheiden.

"In so einem vorgeschalteten Praktikum präsentiert sich also zunehmend nicht nur der Jugendliche seinem künftigen Ausbildungsbetrieb", sagt Stange. Der Betrieb gebe in dieser Phase seine Visitenkarte ab, die die Entscheidung der Jugendlichen stark beeinflussen. Während dieses Praktikums wollen die Bewerber übrigens wie auch in der Ausbildung ernst genommen werden. Außerdem wollen sie dort bereits Neues erfahren, und zwar nicht nur, wie die Kaffeemaschine funktioniert.

Das gilt auch für die spätere Ausbildung. "Die Jugendlichen sind motiviert und wollen vor allem etwas lernen", sagt Stange. Eine gezielte Prüfungsvorbereitung steht ebenso auf dem Wunschzettel der Jugendlichen wie Weiterbildungsmöglichkeiten schon während der Ausbildung.

Dabei soll alles immer menschlich bleiben. Der Ausbilder soll sich, wenn es nach den befragten Schülern geht, Zeit nehmen, um die Auszubildenden kümmern und ihnen regelmäßig Rückmeldungen über deren Leistungsstand geben. Ebenso wichtig sei es für die Schüler, schon in der Ausbildung echte Arbeiten ausführen zu dürfen.

Selbst an die Zeit nach der Ausbildung denken die Schüler bereits. Übernahmechancen sowie Aufstiegsmöglichkeiten für eine Karriere in dem Unternehmen sind für sie wichtig. Dass Karrierechancen schon zu Beginn der Ausbildung aufgezeigt werden sollen, ist jedoch lediglich für Gymnasiasten von Bedeutung. Allerdings erwarten diese Perspektiven, wenn sie sich für eine berufliche Ausbildung entscheiden.

"Wollen die Betriebe gut ausgebildete Abiturienten für eine duale Ausbildung gewinnen, müssen sie ihnen langfristige und attraktive Qualifizierungswege aufzeigen", sagt IHK-Geschäftsführer Stange. Zwar haben die Jugendlichen viele Forderungen, sie sind aber auch bereit, etwas dafür zu tun. Die Befragten waren in der Regel auch bereit, im Schichtdienst zu arbeiten oder Überstunden zu leisten, diese sollten allerdings ausgeglichen werden.

Eine realistische Einschätzung haben die Jugendlichen übrigens zu ihrem Gehalt während der Ausbildung. Die Einschätzungen, die bei der IHK-Umfrage abgegeben wurden, liegen zum großen Teil zwischen 500 und 700 Euro. Der Durchschnittswert aller im Jahr 2010 in Deutschland gezahlten Ausbildungsvergütungen liegt laut Auswertung des Bundesinstituts für Berufsbildung bei 688 Euro.

Die gesamten Ergebnisse der Ausbildungsumfrage der Stader IHK wurden in einer Broschüre veröffentlicht. Diese Broschüre ist kostenlos im Internet abrufbar unter dem Suchwort Ausbildungsumfrage.

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